Gewinnspiele und unerlaubte Werbung:Justizministerin kämpft gegen Überrumpelung am Telefon

Immer noch versuchen Unternehmen mit unerlaubter Telefonwerbung und dubiosen Gewinnspielen Geld zu machen. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will nach SZ-Informationen jetzt das Bußgeld für unerbetene Anrufe versechsfachen - auf 300.000 Euro. Auch schärfere Gesetze gegen unlautere Inkasso-Methoden sind geplant.

Daniela Kuhr

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) plant deutlich schärfere Gesetze gegen unerlaubte Telefonwerbung und dubiose Gewinnspiel-Dienste. Das geht aus einem Eckpunkte-Papier ihres Ministeriums hervor, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Demnach sollen die Bußgelder, die die Bundesnetzagentur bei unerbetenen Werbeanrufen verhängen kann, von derzeit maximal 50.000 Euro auf bis zu 300.000 Euro erhöht werden. Zudem sollen Verträge über Gewinnspiel-Dienste künftig nur wirksam sein, wenn sie schriftlich, per Fax oder per E-Mail geschlossen wurden. Davon erhofft sich die Ministerin eine "Warnfunktion".

Call-Center-Betreiber wollen schärfer gegen schwarze Schafe vorg

Schärfere Gesetze sollen lästige Werbeanrufe verhindern.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zweieinhalb Jahre ist es her, dass die damalige große Koalition unerlaubte Telefonwerbung erstmals mit Bußgeldern zu bekämpfen versuchte. Um herauszufinden, wie wirkungsvoll die neuen Vorschriften waren, hat das Justizministerium vor einiger Zeit eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Zwar sind die Anrufe seltener geworden, aber sie finden nach wie vor statt. Zugenommen haben jedoch Beschwerden über untergeschobene Verträge.

Das heißt, die Firmen, die meist ein Callcenter mit den Werbeanrufen beauftragen, behaupten später, am Telefon sei ein Vertrag geschlossen worden, was dem Verbraucher allerdings gar nicht bewusst war. In der Untersuchung des Ministeriums betrafen 70 bis 80 Prozent der Beschwerden Gewinnspiel-Dienste. Bei diesen Diensten bietet eine Firma beispielsweise an, den Verbraucher bei diversen Gewinnspielen einzutragen. Daraus könnten sich "monatliche Zahlungspflichten in Höhe vierstelliger Beträge ergeben", heißt es in dem Eckpunkte-Papier.

Um solche Geschäftsmodelle zu erschweren, sollen diese Verträge künftig nicht mehr allein mündlich geschlossen werden dürfen. Allerdings beschränkt Leutheusser-Schnarrenberger das "Textformerfordernis" ausdrücklich auf Verträge über Gewinnspiel-Dienste. Bei allen anderen telefonisch angebahnten Vertragsverhältnissen würde eine Formvorschrift "über das Ziel hinausschießen", heißt es in dem Papier weiter. Im Ministerium fürchtet man, dass andernfalls auch seriöse Unternehmen vorsichtshalber dazu übergehen würden, bei jeder telefonischen Bestellung eine Bestätigung per Fax oder Mail zu verlangen, was Geschäfte unnötig verkomplizieren würde.

"Die Justizministerin hat unsere Unterstützung"

Zudem will Leutheusser-Schnarrenberger das maximale Bußgeld auf 300.000 Euro versechsfachen. Damit greift sie eine Forderung der Bundesnetzagentur auf, die sich allerdings eine noch deutlichere Erhöhung auf 500.000 Euro gewünscht hatte. Grund ist: Die Behörde hat festgestellt, dass die von ihr verhängten Bußgelder von Gerichten häufig im Nachhinein drastisch gekürzt werden.

Anders als die Netzagentur, die in jedem einzelnen Anruf eine Tat sah, werteten die Gerichte nämlich nur den jeweiligen Auftrag an das Callcenter als eine Tat. Damit aber seien keine abschreckenden Bußgelder mehr möglich, fürchtete die Bundesnetzagentur - eine Sorge, die das Ministerium offenbar teilt. Mit der jetzt angekündigten Erhöhung könne "auch auf Kampagnen mit besonders vielen unzulässigen Einzelanrufen angemessen reagiert werden", heißt es in dem Papier. Zudem sollen Werbeanrufe, die von einer automatischen Bandansage stammen, künftig ebenfalls bußgeldbewehrt sein.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen zeigte sich erfreut, dass die Ministerin das Problem der unerlaubten Werbeanrufe angehen will. "Wir hätten uns aber gewünscht, dass nicht nur Gewinnspiel-Dienste, sondern alle Verträge, die auf Werbeanrufe zurückgehen, schriftlich bestätigt werden müssten", sagte ein Sprecher am Sonntag. Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn, lobte aber: Die Vorschläge gingen immerhin in die richtige Richtung. "Die Justizministerin hat unsere Unterstützung, wenn das wirklich so umgesetzt wird."

Derweil plant das Ministerium auch schärfere Gesetze gegen unlautere Inkasso-Methoden: Gebühren sollen gedeckelt werden. Verbraucher sollen erfahren, für welche Forderungen genau sie zahlen sollen, und die Aufsichtsbehörden erhalten mehr Sanktionsmöglichkeiten, schreibt der Berliner Tagesspiegel.

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