EC-Karten:Betrüger haben ein leichtes Spiel

Die meisten Geschäfte verzichten bei Bezahlung mit EC-Karten aus Kostengründen auf die Abfrage der PIN-Nummer. Die Folgen sind fatal.

Von Hans-Jörg Heims

Bad Bederkesa ist eigentlich ein friedlicher Ort. Eingebettet zwischen grünen Wiesen, Elbe und Weser bietet die Samtgemeinde gute Erholungsmöglichkeiten. Im November vergangenen Jahres wurde die Idylle jedoch gestört. Gleich 30 Fällen von EC-Kartenbetrug musste die Kriminalpolizei nachgehen. Mehrere zehntausend Euro hatten unbekannte Täter von den Konten der Opfer abgehoben. Kein Einzelfall, wie die polizeiliche Kriminalstatistik lehrt.

EC-Karten: 50 Millionen Deutsche Besitzen eine EC-Karte

50 Millionen Deutsche Besitzen eine EC-Karte

(Foto: Foto: dpa)

In Deutschland besitzen 50 Millionen Menschen eine EC-Karte. Der Missbrauch mit gestohlenen Karten hat dramatische Ausmaße erreicht. Allein in Nordrhein-Westfalen verdoppelte sich die Zahl der Delikte innerhalb eines Jahres von 7259 auf 15.110. Dabei entstand ein Schaden von fünf Millionen Euro. Bundesweit verzeichnete die Polizei im Jahr 2002 einen Anstieg um 59 Prozent. Auf 38,8 Millionen Euro belief sich der Schaden.

Die Polizei ist verärgert

Wenn sich an der "gängigen Praxis" nichts ändere, bleibe dem Missbrauch weiterhin Tür und Tor geöffnet, heißt es bei der Polizei. Die "gängige Praxis" sieht so aus: In den meisten Geschäften reicht beim Bezahlen mit der EC-Karte die Unterschrift auf dem Kassenbeleg aus. Das Lastschriftverfahren ist für den Handel billiger als eine Online-Abfrage mittels der PIN-Nummer des Kunden.

Weil es an den Kassen jedoch häufig hektisch zugeht, prüfen Verkäufer nur ungenau die Identität des Käufers. Eine Ausweiskontrolle findet nur manchmal bei hohen Beträgen statt. Eine gefälschte Unterschrift fällt unter diesen Bedingungen nicht sofort auf. Diesen Umstand nutzen Betrüger aus. Mit einer einzigen gestohlenen Karte können sie zudem mehrmals unbehelligt einkaufen.

Dabei müsste der Handel eigentlich ein Interesse an einer sicheren Zahlungsabwicklung haben. Denn hat ein Kunde bei Verlust die EC-Karte sperren lassen, dann bleibt der Verkäufer auf den Kosten sitzen. Dennoch ist vielen Geschäftsinhabern die Anschaffung eines Kartenlesegerätes ebenso zu teuer wie die Gebühren für die Online-Abfrage bei der Bank nach Eingabe der PIN-Nummer.

"Der Handel hat die Haustüren seiner Kaufhäuser aus Gründen der Kostenminimierung ausgehängt und erwartet nun, dass die Polizei sich davor stellt, um Straftäter draußen zu halten", heißt es im nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt angesichts von Forderungen aus dem Handelsbereich, die Polizei solle Betrugsdelikte mit gestohlenen EC-Karten stärker verfolgen.

Neues System Kuno

Erwartet wird, dass die Polizei die Kartendaten der Bestohlenen sammelt und an den Einzelhandel übermittelt, damit dieser dann die Karten sperrt. Ein solches System der "Kriminalitätsbekämpfung im unbaren Zahlungsverkehr unter Nutzung nichtpolizeilicher Organisationsstrukturen" (Kuno) existiert bereits seit August 2001. Ausgetüftelt hat es ein Kriminalkommissar in Dresden.

Kuno funktioniert so: Bei Verlust einer EC-Karte werden die entsprechenden Daten durch die Polizei per E-Mail an den lokalen Einzelhandel übermittelt. In den Geschäften wird die Karte dann für zehn Tage gesperrt. Obwohl eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe die bundesweite Einführung von Kuno empfohlen hat, wird das Projekt nicht verwirklicht werden. Während Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland und Thüringen das System umsetzen wollen, stößt es nicht von ungefähr in den großen Flächenländern wie Bayern, Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen auf Ablehnung - obwohl es dort örtliche Kuno-Pilotprojekte wie beispielsweise in Bielefeld gibt.

Der Aufwand für eine flächendeckende Einführung von Kuno sei unverhältnismäßig hoch, sagt der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens. Denn alle 50 Kreispolizeibehörden müssten mit 22 regionalen Einzelhandelsverbänden analoge Projekte entwickeln und einführen. Das könne die Polizei nicht leisten - und das sei auch nicht ihre Aufgabe, sagt der SPD-Politiker. Zudem sehen Datenschützer in der ungeschützten Übermittlung von Angaben mittels E-Mail oder Telefax erhebliche Risiken.

Forderung des Handels: Banken sollen Abfrage-Tarife senken

Der schnellste Weg, um den Betrug mit EC-Karten einzudämmen, wäre es, das Bezahlen mit Plastikgeld nur in Verbindung mit der Geheimnummer zu erlauben. Doch dagegen regt sich weiterhin Widerstand beim Handel, wie sich Anfang März bei einem Gespräch im Düsseldorfer Innenministerium zeigte. Allerdings deutete der Vizepräsident des Hauptverbandes Deutscher Einzelhandel, Erich Greipl, während des Treffens ein Umdenken für den Fall an, dass die Banken ihre Konditionen für das Online-Verfahren preiswerter gestalteten.

In Krefeld und dem Kreis Viersen hat die Sparkasse dem örtlichen Einzelhandel bereits solche Sondertarife eingeräumt. Mit Erfolg: 84 Prozent aller Zahlungen in der niederrheinischen Stadt werden inzwischen per Eingabe der geheimen PIN-Nummer -und damit sicherer - abgewickelt.

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