Ebay, Microsoft und DHL:Auf nach Afrika

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Afrikanische Straßenverkäufer bekommen neue Konkurrenten. (Foto: Reuters)

Die westlichen Konzerne entdecken den Kontinent und seine wachsende und immer besser verdienende Mittelschicht.

Von Bernd Dörries

Heute im Angebot ist ein Kunstledersessel mit Ganzkörpermassage von Typ Shiatsu mit Fußstützen für 639 Dollar. Das Gerät hat einen kleinen Bordcomputer und sieht so aus, als könnte man damit auch Flüge in die nähere Umgebung unternehmen. 1088 solcher Stühle hat Ebay derzeit für Kunden auf dem afrikanischen Kontinent auf Lager, der nun zum ersten Mal mit einer eigenen Seite beliefert wird. Man kann sich fragen, ob der Sessel den Wünschen vieler Afrikaner entspricht. Oder eher dem, was sich der US-amerikanische Verkäufer darunter vorstellt. Gut laufen derzeit jedenfalls: Mobiltelefone und Fernseher. Das ist in Afrika nicht anders als im Rest der Welt.

Trotzdem war der Kontinent für die großen Konzerne im Westen lange nur eine Landmasse ohne Marktwert. Höchstens ein Ort, an den man einen Teil der Profite als Almosen abgeben, wo man aber keine Profite machen konnte. Es war ein falsches Bild von einem Kontinent, auf dem es viel Armut gibt, aber eben auch eine kleine, aber ständig wachsende Mittel- und Oberschicht. Die bisher wenig passende Möglichkeiten hatte, ihr Geld auszugeben. Deshalb wollen nun auch die Großkonzerne mitmischen: Ebay hat sich einen lokalen Partner gesucht und startet in Kenia und Nigeria.

Dort hat sich der Schweizer Medienkonzern Ringier bereits in die Plattform Dealday eingekauft und die deutsche Internetschmiede Rocket Internet in den Händler Jumia, der mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet wird. In Südafrika baut Microsoft gerade riesige Speicher, um das rasant wachsende Datenvolumen zu bewältigen. Der Logistikkonzern DHL ist mittlerweile in vielen afrikanischen Kleinstädten präsent, die Lieferkette steht. Mit einigen Jahren Verspätung. "Viele Händler waren selbst nie in Afrika oder haben sich dort nie wohlgefühlt", sagt Chris Folayan. Er ist in Nigeria aufgewachsen und dann in den USA zur Uni gegangen. Auf dem Rückweg hat er die wachsende Mittelschicht aus Lagos am Flughafen beobachtet, mit riesigen Koffern, mit Fernsehern und Kühlschränken.

Daraus wurde seine Geschäftsidee. Weil viele Versender bis heute bei einer Adresse aus Nigeria nur an Betrug denken, organisiert Folayan für mehr als 200 Firmen - von der Kaufhauskette Macy's bis zu Ebay - das Afrika-Geschäft, von der Logistik bis zur Bezahlung.

Was anders ist an Afrika? Mehr Menschen bezahlen mit mobilen Diensten als in Europa. Weniger wollen sich ihre Waren nach Hause liefern lassen. Sie bevorzugen Abholpunkte, wo sie jederzeit vorbeischauen können. Das Geschäft von Folayan ist aber bisher eine Einbahnstraße, Afrikaner können von amerikanischen Ebay-Händlern kaufen, selber aber nichts auf die Plattform einstellen. Ob es dafür in Afrika überhaupt die Kultur und den Markt gibt, ist die eine Frage. Wer von der Expansion von Ebay und Konsorten profitiert, die andere.

Auf den ersten Blick sind die Plattformen vor allem weitere Vertriebskanäle für Waren aus westlicher und asiatischer Produktion. Der riesige Sessel wurde in China produziert und findet nun über die USA seinen Weg nach Afrika. Aus afrikanischer Herstellung ist auf der neuen Plattform nichts zu finden. Warum sollte es?, fragen sich vielleicht viele Afrikaner. Das gibt es auch schon jetzt an jeder Ecke in Lagos und Nairobi.

© SZ vom 29.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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