EADS:Maulwurf im Ministerium

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  • Ein Informant im österreichischen Bundeswirtschaftsministerium half dem Rüstungs- und Luftfahrtkonzern EADS bei einem Milliardengeschäft.
  • Das Unternehmen war damals gerade dabei, 18 Eurofighter-Kampfflugzeuge für 1,9 Milliarden Euro an Österreich zu verkaufen.

Von Hans Leyendecker und Klaus Ott, München

Das verlässliche "Lexikon der Geheimdienste im 20. Jahrhundert" weist unter dem Buchstaben I darauf hin, dass der Begriff "Informant" als "Synonym für jegliche menschliche Quelle" verstanden werde. Das könnten auch Leute sein, die nur gelegentlich Material besorgten und manchmal nicht einmal genau wüssten, an wen sie lieferten. "Nicht eingewiesene Person" heißt so einer beim deutschen Bundesnachrichtendienst.

Der Informant, den der Rüstungs- und Luftfahrtkonzern EADS im österreichischen Bundeswirtschaftsministerium hatte und der deutschen Konzernmanagern bei einem Milliardengeschäft rund um das Kampfflugzeug Eurofighter im Jahre 2003 die richtigen Wege zeigte, war offenbar bestens eingewiesen. Vertreter des Konzerns, der heute unter Airbus firmiert, trafen sich nach Informationen des österreichischen Magazins News und der Süddeutschen Zeitung mit dem Ministerialen zu mindestens einer "informellen Besprechung". Der Maulwurf, wie so jemand im Volksmund genannt wird, lieferte wertvolle Tipps für anstehende Verhandlungen.

EADS war damals gerade dabei, 18 Eurofighter-Kampfflugzeuge für 1,9 Milliarden Euro an die Alpenrepublik zu verkaufen. Die Regierung in Wien verlangte im Gegenzug, dass EADS der österreichischen Industrie Aufträge aus aller Welt im Wert von vier Milliarden Euro beschafft. Da war es für EADS von Vorteil, bei diesen Gegengeschäften die Strategie und Verhandlungslinie des damaligen österreichischen Wirtschaftsministers Martin Bartenstein zu kennen. Dafür sorgte der Informant aus dem Ministerium, der den EADS-Leuten am 3. April 2003 berichtete, was Bartenstein und dessen Vertraute drei Tage zuvor intern erörtert und festgelegt hatten.

"Normaler Informationsaustausch"

Am 7. April 2003 landeten die Insider-Informationen in Form eines Vermerks beim EADS-Manager Aloysius Rauen und sechs von dessen Mitarbeitern, die sich gemeinsam um das Eurofighter-Projekt kümmerten. In der Notiz über die "informelle Besprechung" mit dem Maulwurf stand, welche sechs "noch offenen Schlüsselpunkte" Minister Bartenstein wann ("nicht vor Ostern") und wie mit Rauen verhandeln wolle. Welche Lösungen im Ministerium diskutiert würden und wie sich EADS in dem ein oder anderen Punkt nach Ansicht des geheimen Tippgebers mit "entsprechender Überzeugungsarbeit" durchsetzen könne. "Der Informant berichtet", der "Informant glaubt", das waren Formulierungen in dieser EADS-Notiz.

Milliardenprojekt Eurofighter: Der Maulwurf aus Österreich lieferte deutschen EADS-Managern wertvolle Tipps für Verhandlungen über Gegengeschäfte. (Foto: BAE Systems)

Solch ein Maulwurf hat in der Affäre um den Verkauf von letztendlich 15 Eurofightern an Österreich zum Preis von 1,6 Milliarden Euro gerade noch gefehlt. Seit Jahren ermitteln Staatsanwälte in München und in Wien dubiose Hintergründe des größten Rüstungsgeschäfts in der Geschichte Österreichs. Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, EADS habe Amtsträger in Österreich bestochen, um sich gegen heftige Konkurrenz durchsetzen zu können und den Zuschlag für den Eurofighter zu erhalten. Es geht um mutmaßliche Briefkastenfirmen von Liechtenstein bis Panama. Viele Millionen Euro sind in dunklen Kanälen versickert. Das geht aus einem Untersuchungsbericht hervor, den Airbus nach einer Razzia der Münchner Staatsanwaltschaft bei einer Anwaltskanzlei in Auftrag gegeben hat und dessen wichtigste Ergebnisse News jetzt veröffentlicht.

Dem Untersuchungsbericht zufolge bekam EADS von einem namentlich genannten Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums in Wien 2005 und 2006 Mails zu internen Vorgängen. Mal "zur vertraulichen Information", mal "zur sehr vertraulichen Information". Ob dieser Mitarbeiter auch der Maulwurf aus dem Jahre 2003 war, ist nicht bekannt. Aus Sicht von Airbus war das alles ganz harmlos. "Es handelte sich um einen normalen Informationsaustausch." Und Rauens Anwalt sagt, sein Mandant habe alle erhaltenen Informationen als "üblichen Austausch zwischen Verhandlungspartnern gesehen und gewertet".

© SZ vom 07.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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