EADS-Konzern:Neue Struktur, alte Probleme

Luftfahrtkonzern EADS, Airbus

Luftfahrtkonzern EADS plant eine grundlegende Umstrukturierung. Das größte Problem des Konzerns bleibt aber der Superjumbo A380

(Foto: Fabrice Dimier/Bloomberg)

Der direkte Einfluss von Frankreich und Deutschland ist zurückgegangen: Ein Jahr nach einer missglückten Fusion hat EADS-Chef Tom Enders nun doch einen politischen Sieg errungen. EADS ist nach Toulouse umgezogen und wird bald Airbus heißen. Doch die eigentlichen strukturellen Probleme des Unternehmens bleiben bestehen.

Ein Kommentar von Jens Flottau

Man hat es schon fast vergessen, aber der Showdown ist noch nicht einmal ein Jahr her. Im Sommer 2012 versuchte EADS-Chef Tom Enders, selbst erst wenige Monate im Amt, die Fusion des Unternehmens mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems durchzusetzen. Er wollte die Zentrale ins französische Toulouse verlagern und die Rechte der bisherigen Kernaktionäre so sehr beschneiden, dass diese ihm nicht mehr jede mittelgroße Investition zerreden oder den internen Umbau verhindern könnten.

Bekanntlich war es die Bundesregierung, die im Herbst 2012 die Fusion verhindert hat, weil sie fürchtete, die deutsche Seite könnte in dem Konzern an Bedeutung verlieren. Wenn EADS an diesem Mittwoch die neue Strategie bekannt gibt, an der Enders und seine Leute mithilfe von Beratern seit Monaten arbeiten, dann werden der Politik viele Aspekte ebenso wenig schmecken, wie es die Fusion getan hätte: Die Zentrale des Unternehmens ist de facto sowieso schon längst in Toulouse, mit hoher Wahrscheinlichkeit heißt das gesamte Unternehmen bald Airbus. Und die Sanierung der sehr Deutschland-lastigen Verteidigungssparte Cassidian, die mit dem Raumfahrtgeschäft von Astrium zusammengelegt werden soll, geht weiter.

Tom Enders' politischer Sieg

Immerhin: Mit dem Zusammenlegen spart sich der Konzern eine Verwaltung und Doppelfunktionen. Dass die Einheit in Deutschland angesiedelt und (voraussichtlich) von Cassidian-Chef Bernhard Gerwert geleitet wird, ist in Frankreich umstritten. Aber all dies ist für die Bundesregierung nicht mehr zu verhindern - ironischerweise, obwohl sie seit der Blockade der BAE-Systems-Fusion die Staatsbank KfW EADS-Anteile hat kaufen lassen und nun sogar Großaktionär des Unternehmens ist.

Tom Enders hat also einen politischen Sieg errungen, denn der direkte Einfluss Deutschlands und Frankreichs ist zurückgegangen. Den Namen Airbus für den Gesamtkonzern haben die Deutschen über viele Jahre verhindert, weil sie befürchteten, eine Ikone der französischen Wirtschaft könne künftig für das europäische Gemeinschaftsprojekt stehen. Und Enders Leute sind trotz klarer Ansagen aus Berlin nach Toulouse umgezogen. Sollte jetzt München Sitz der Verteidigungs- und Raumfahrtsparte werden, ist das noch nicht einmal ein großes Zugeständnis: Die Entscheidung lag sowieso nahe.

Ein Milliardengrab droht

Das alles mag also gut aussehen, und man kann davon ausgehen, dass der Markenwechsel gefeiert wird. Doch die eigentlichen strukturellen Probleme des Unternehmens bleiben bestehen. Und die sind nicht ohne. Die Idee, den Umsatz besser zwischen zivilem und militärischem Geschäft auszutarieren, kann Enders getrost vergessen: Das Verteidigungsgeschäft stagniert bestenfalls und dürfte immer schwieriger werden. Hier hätte die Fusion mit BAE Systems die Chance geboten, auf Schlüsselmärkten stärker auftreten zu können. Passé.

Es gibt praktisch keine neuen Militärprogramme, der Druck auf die Etats ist unverändert hoch. Die Raumfahrt ist nicht bedeutend genug, um die Rückgänge im Verteidigungsgeschäft zu kompensieren, die Überschneidungen - und damit die Synergiepotenziale - sind begrenzt. Und tendenziell steht die europäische Raumfahrt, die sehr stark von öffentlichen Auftraggebern abhängig ist, vor den gleichen Budgetfragen, die den Kollegen bei den Kampfflugzeugen oder Drohnen zu schaffen machen.

Anlass für manche Sorge

Der Konzern soll Airbus heißen, weil das die bekannteste Marke ist und gleichzeitig das Juwel im Portfolio. Airbus steht in vielerlei Hinsicht glänzend da: Der Markt wächst weiter. Bei den Kurz- und Mittelstreckenflugzeugen ist die neue Version des A320 mit neuen Triebwerken ein großer Verkaufserfolg. Nach einer turbulenten Entwicklungsgeschichte ist der Langstreckenjet A350 offenbar auf einem guten Weg, die Mitte Juni begonnenen Flugtests laufen offenbar weitgehend planmäßig. Und doch gibt es auch bei Airbus Anlass für manche Sorge: Boeing ist gerade dabei, eine neue, größere Version der 777 zu starten, auf die Airbus noch keine wirkliche Antwort hat.

Das größte Problem des Konzerns bleibt aber der Superjumbo A380. Die Verkaufszahlen sind seit Jahren erschreckend niedrig, dafür sind die Produktionskosten immer noch zu hoch. Wenn sich der Trend nicht umkehrt, dann droht ein Milliardengrab, das den Konzern nachhaltig schwächt. Airbus behauptet zwar, langfristig sei das Wachstum des Luftverkehrs nur mit ganz großen Flugzeugen zu bewältigen. Aber: Bislang demonstrieren die Fluggesellschaften mit ihren Bestellungen nicht, dass sie das auch glauben.

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