E-Sports:Spiel, Spaß und Studium

Europas Esport-Elite in Hamburg

Das WM-Finale im Computerspiel "League of Legends" wurde 2015 in Berlin ausgetragen. An US-Unis können Computersportler Studienstipendien erhalten.

(Foto: Paul Zinken/dpa)

Wer besonders gut Computerspiele zockt, kann sich in den USA per Stipendium die Uni finanzieren.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

An einer amerikanischen Elite-Universität zu studieren, für viele deutsche Schüler ist das noch immer ein Traum. Es gibt zahlreiche Austausch- und Förderprogramme, aber auch den sportlichen Weg, um die teils horrenden Studiengebühren aufzubringen: Moritz Wagner etwa spielt Basketball an der University of Michigan und erhält dafür ein Rundum-Stipendium, im Sommer kommt der Münchner Korbjäger Oscar da Silva an die Stanford University, die Turnerin Pauline Tratz nach Los Angeles an die UCLA.

Der Kapitän des E-Sport-Teams bekommt ein Stipendium von 5000 Dollar pro Semester

Über diesen oftmals kritisierten Deal zwischen Student und Schule - sportliche Leistungen gegen Finanzierung eines Abschlusses an einer Elite-Uni - wird derzeit noch heftiger diskutiert, weil einige Colleges den elektronischen Sport in ihr Programm aufgenommen haben. Die Robert Morris University in Chicago war vor drei Jahren die erste US-Universität, die Stipendien an Computersportler vergeben hat, mittlerweile gibt es mehr als 30 000 Studenten an mehr als 200 Colleges, die an Turnieren im Computerspiel "League of Legends" (LoL) teilnehmen und sich darüber teilweise oder komplett das Studium finanzieren.

"Meine Eltern haben sich Sorgen gemacht, als ich als Teenager stundenlang gezockt habe. Ich habe sie dann immer gefragt, ob sie genauso besorgt wären, wenn ich Freiwürfe üben oder an meinem Aufschlag beim Tennis arbeiten würde", sagt Connor McDougall. Er ist der Kapitän der LoL-Mannschaft an der Michigan State University und erhält dafür ein Stipendium von 5000 Dollar pro Semester: "Es hat sich gelohnt, ich kann mein Informatik-Studium selbst finanzieren."

Der Computersport ist also angekommen an den amerikanischen Unis, voll akzeptiert ist er noch nicht. Mehr als 20 Colleges vergeben mittlerweile Stipendien, die 5000-Dollar-Förderung für McDougall allerdings übernimmt nicht die Sportfakultät der Uni, sondern LoL-Hersteller Riot Games, der so mehr als 70 weitere Studenten unterstützt. Es gibt die Uni-Liga Collegiate Starleague, die in diesem Jahr an das beste Fünf-Spieler-Team ein Preisgeld von bis zu 200 000 Dollar ausschütten wird. Das Turnier U LoL Campus Series, dessen Finale in wenigen Wochen in Los Angeles ausgetragen wird, verspricht dem siegreichen Team Stipendien von 8000 Dollar pro Student.

Diese Förderungen und Preisgelder widersprechen dem Reglement des amerikanischen Unisportverbandes NCAA, demzufolge Sportler diese Stipendien ausschließlich von den Universitäten erhalten dürfen. Direkte Zuwendungen von Sponsoren, Gehalt oder auch Preisgelder sind eigentlich streng verboten. Noch fällt zwar der Computersport nicht unter die Jurisdiktion der NCAA, doch das soll sich möglichst bald ändern. "'League of Legends' ist ein Sport mit professionellen Ligen und Turnieren, diese Strukturen braucht es auch an den Universitäten", sagt Michael Sherman, bei Riot verantwortlich für Turniere und Ligen: "Wir wollen mit den Sportfakultäten ein Programm erarbeiten, das den Spielern hilft."

"Wir werden wahrscheinlich nicht so populär wie Football oder Basketball."

Es geht dabei ums Geld - wie so oft, wenn es eigentlich nicht um Geld gehen soll. Die Unis finanzieren ihre Sportfakultäten, vereinfacht ausgedrückt, wie Profivereine über Sponsoren sowie den Verkauf von Tickets und TV-Rechten. Beliebte Sportarten wie Football oder Basketball subventionieren dabei defizitäre Disziplinen wie Hockey oder Ringen. Mit Computersport lassen sich, zumindest an einer Uni wie Michigan State, keine Stadien füllen. Zum Football kommen regelmäßig 75 000 Zuschauer, dazu sehen Millionen am TV zu. Das "League of Legends"-Team der Uni ist froh, wenn über das Internet mehr als 70 000 Leute zusehen. Die Einnahmen dabei: null Dollar.

Die Unis fürchten, dass Computersport zwar überaus beliebt bei Spielern und Sponsoren ist, sich letztlich aber nicht genügend Umsatz generieren lässt, damit sich die Disziplin selbst finanzieren kann. "Wir werden wahrscheinlich nicht so populär wie Football oder Basketball, aber wir haben die Möglichkeit, uns von den Zuschauerzahlen her direkt dahinter einzuordnen", sagt McDougall: "Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als die Michigan-State-Jacke tragen zu dürfen, die nur Akteure in den offiziell anerkannten Sportarten bekommen."

Spielehersteller, Turnierveranstalter und NCAA verhandeln gerade über Möglichkeiten, Computersport als Uni-Disziplin zu etablieren. Die größten Hindernisse: ein transparentes Reglement in einer sich stets verändernden Computerspielewelt, eine verständliche Turnierstruktur und eine nachvollziehbare Finanzierung. "Es klingt schwierig, sollte sich aber lösen lassen", sagt McDougall: "Es ist wie Basketball vor 70 Jahren - und wenn wir bald so populär sind wie Basketball jetzt, dann hätte ich nichts dagegen."

Eltern sollten sich künftig nicht grämen, wenn der Nachwuchs mal wieder stundenlang Videospiele zockt: Es könnte ja sein, dass das Kind von einem Studium an einer amerikanischen Elite-Uni träumt und gerade an der Finanzierung dieses Traums arbeitet.

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