E-Autos:Einflussreiche Wissenschaftler kritisieren geplante E-Auto-Prämie

Ladestation für Elektrofahrzeuge

Eine Ladestation für Elektrofahrzeuge in einer Tiefgarage in München. Noch gibt es zu wenig Tankstellen für Stromer.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Nach Ansicht des Wissenschaftlichen Beirats von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) könnte die E-Auto-Prämie ungeeignet sein, um das Klima zu schützen.
  • In den nächsten Wochen soll das Programm eigentlich im Kabinett abgesegnet werden.
  • Die Wissenschaftler empfehlen stattdessen andere Maßnahmen, etwa "selektive Fahrverbote".

Von Markus Balser und Michael Bauchmüller, Berlin

Wie die Wende auf Deutschlands Straßen kommt? Das neue Verkehrszeitalter ist nur einen 4000-Euro-Zuschuss pro Auto, mehr Ladesäulen und ein öffentliches Beschaffungsprogramm entfernt. So jedenfalls legten es die Ergebnisse des Auto-Gipfels Ende April im Bundeskanzleramt nahe. Die große Koalition hatte sich vor allem auf Drängen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) mit der Autobranche auf ein groß angelegtes Förderprogramm geeinigt. Mit Kaufanreizen über insgesamt 1,2 Milliarden Euro, die sich Politik und Autobranche teilen, sollen die Deutschen bis 2020 zum Umstieg auf Elektroautos gebracht werden.

Schon in den nächsten Wochen soll das Programm eigentlich im Kabinett abgesegnet werden. Im Sommer soll es losgehen. Doch nun melden sich Kritiker des prominenten Förderprojekts zu Wort. Und deren Herkunft birgt Brisanz. Denn zum Gegner der E-Auto-Kaufprämien schwingt sich ausgerechnet der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministers auf. Man empfehle Minister Gabriel, von diesem Vorhaben Abstand zu nehmen, erklärt der Züricher Professor für Makroökonomie, Innovation und Politik, Hans Gersbach, so freundlich wie bestimmt in einem Brief vom 13. Mai.

In einer Analyse von Ende April, die der Süddeutschen Zeitung ebenfalls vorliegt, lassen die führenden deutschen und europäischen Wissenschaftler des Gremiums kein gutes Haar an den finanziellen Kaufanreizen. Im Hinblick auf die erwünschten Ziele Klimaschutz und bessere Luftqualität in Städten seien die Maßnahmen schlicht zu teuer. "Elektroautos erzeugen im Betrieb kein CO₂. Wohl aber kann die erforderliche Stromerzeugung CO₂ produzieren." Die Warnung der Forscher: "Im Extremfall wäre der Einspareffekt null oder sogar negativ."

Andere Maßnahmen eigneten sich besser zum Klimaschutz im Straßenverkehr

Die 36 Mitglieder des Beirats zählen zum Who-is-Who der Wirtschaftswissenschaften. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, gehört dem Gremium ebenso an wie der Berliner Humboldt-Ökonom Charles B. Blankart, der Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Martin Hellwig, der Kölner Staatswissenschaftler Axel Ockenfels oder der ehemalige Chef des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn.

Dem Beirat zufolge gibt es günstigere und einfachere Wege, mehr für den Klimaschutz im Verkehr zu tun. So könnte die Luftqualität etwa durch "selektive Fahrverbote", eine Umrüstung von Stadtbussen auf Elektromotoren oder auch die Erhebung einer Innenstadt-Maut nach dem Vorbild europäischer Metropolen wie London gezielt verbessert werden.

Beim Klimaschutz empfehlen die Forscher, den Verkehrssektor in das europäische Emissionshandelssystem zu integrieren, dem die Industrie unterworfen ist. Sie muss für Abgase Zertifikate kaufen, deren Menge insgesamt Stück für Stück reduziert wird. Zudem sei die heutige Technik bei E-Autos noch nicht ausgereift, heißt es. "Die breite Anwendung der heute bekannten ineffizienten Technik zu subventionieren", sei nicht nützlich. Zielführender sei es, die Forschung und Entwicklung neuer umweltschonender Antriebsformen zu fördern.

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