Kostenvergleich:Warum E-Autos jetzt schon oft günstiger sind als Verbrenner

Kostenvergleich: Das Elektroauto ID.3 von Volkswagen. Verglichen mit einem Golf-Benziner lassen sich mit ihm Ausgaben sparen.

Das Elektroauto ID.3 von Volkswagen. Verglichen mit einem Golf-Benziner lassen sich mit ihm Ausgaben sparen.

(Foto: JENS SCHLUETER/AFP)

Lohnt es sich womöglich sogar finanziell und nicht nur aus Klimaschutzgründen, einen Benziner oder Diesel gegen ein E-Auto einzutauschen? Das zeigen Berechnungen des ADAC - und das sind die Gründe.

Von Max Hägler und Nils Wischmeyer

Es ist das Gesprächsthema für wirklich jeden Autofahrer: Der Liter, egal ob Benzin oder Diesel, kostet derzeit fast überall mehr als zwei Euro. Zugleich wird zumindest auf Beamtenebene in der Bundesregierung über höhere Kaufprämien für Elektroautos nachgedacht - die sowieso schon bei bis zu 9000 Euro pro Wagen liegt. Lohnt es sich womöglich sogar finanziell und nicht nur aus Klimaschutzgründen, einen Verbrenner gegen ein E-Auto einzutauschen?

Der Mobilitätsverein ADAC hat die aktuelle Situation zum Anlass genommen und für viele Hunderte Fahrzeuge berechnet, was ein Elektroauto und was ein vergleichbarer Stromer je Kilometer kostet - wenn man alle Kosten miteinberechnet. Die Süddeutsche Zeitung konnte die überraschenden Ergebnisse vorab einsehen, und sie zeigen: In vielen Fällen ist das Elektroauto heute schon günstiger als ein vergleichbarer Verbrenner, selbst wenn man einberechnet, beim Verbrenner jeweils einen Rabatt von 15 Prozent heraushandeln zu können.

Die Expertinnen und Experten haben tatsächlich alle Kosten einbezogen, die bei einem Auto anfallen: Kraftstoff und Stromladungen, Fixkosten wie Inspektionen oder Wäsche, Reparaturkosten und auch den Wertverlust des Wagens in den kommenden Jahren. Damit die Verzerrung durch die gerade stark gestiegenen Spritpreise nicht zu groß ist, haben die ADAC-Mathematiker den Durchschnittswert aus den vergangenen drei Monaten veranschlagt: 1,87 Euro für einen Liter Super, 1,96 Euro für einen Liter Super Plus und 1,80 Euro für Diesel. Für Elektroautos setzen sie 0,39 Cent je Kilowattstunde an - wobei es bei Ladestationen immer noch keine zu den Tankstellenpreistafeln vergleichbare Preistransparenz gibt und es massive Ausschläge geben kann. Weitere Annahmen: Die Autos werden fünf Jahre gehalten, bei einer jährlichen Fahrleistung von 15 000 Kilometern. Ebenfalls einberechnet hat der ADAC die Prämie von bis zu 9000 Euro je Elektroauto.

Der Anreiz erscheint vielen in der Politik und der Autoindustrie nötig, da Elektrofahrzeuge tatsächlich teurer sind in der Herstellung. Zwar fallen etliche komplizierte mechanische Teile weg, aber dafür kommt die Batterie, ein knappes Gut, samt ihrer Elektronik hinzu. Experten rechnen bei einem mittelgroßen Stromspeicher (60 Kilowattstunden, die für etwa 300 Kilometer reichen) mit 4000 Euro Mehrkosten.

Nimmt man nun das über die Jahre beliebteste Auto der Deutschen, den VW Golf (in der Version 1,5 eTSI), und vergleicht ihn mit dem Elektroauto ID.3, dann gewinnt der Stromer deutlich. Während der Benziner den Fahrer oder die Fahrerin rund 56,9 Cent je Kilometer kostet, sind es beim Elektroauto laut ADAC-Berechnungen nur 47,2 Cent (siehe Tabelle) und das, obwohl der E-Golf mit 36 960 Euro in der Anschaffung zunächst teurer ist als der Verbrenner. Im Laufe der Jahre wird der höhere Anschaffungspreis aber durch verschiedene Kosten ausgeglichen, etwa Reparaturen oder die niedrigen Stromkosten. Selbst mit einem 15-Prozent-Nachlass auf den Kaufpreis des Verbrenners kommt das E-Auto über fünf Jahre günstiger weg, wenn auch wesentlich knapper.

Bei anderen Modellen sieht es ähnlich aus, wenn auch stark abhängig vom jeweiligen Vergleich. So schlägt ein Tesla Model 3 beispielsweise vergleichbare Verbrenner von Audi, BMW oder Skoda ohne Preisnachlass. Berechnet man beim Verbrenner einen Kaufpreisrabatt von 15 Prozent ein, gestaltet sich das Ergebnis dann allerdings gemischt. Woran das liegt? Peter Sobotta, der Experte für die Zahlen beim ADAC, erklärt: "Wann immer die Anschaffungspreise von Elektroauto und Verbrenner nah beieinander liegen, ist das Elektroauto im Gesamtkostenvergleich oftmals günstiger."

Er sieht drei wichtige Faktoren bei den langfristigen Kosten. Die derzeit überaus hohen Betriebskosten für Verbrenner, bei E-Autos die geringeren Ausgaben für Wartung und Inspektion. Und dann ist da der Wertverlust, den gerade private Käufer vernachlässigen. "Dieser Wertverlust wird von uns für den Betrachtungszeitraum im Schnitt zwar etwas höher als bei modernen Verbrennern prognostiziert, doch die hohe Prämie für E-Autos von bis zu 9000 Euro mildert die absoluten Ausgaben für den Wertverlust", sagt Sobotta. Dieser Faktor sei so gravierend, dass selbst fallende Spritpreise das Pendel nicht immer zugunsten der Verbrenner drehen würden.

Der Autobranchen-Experte Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center Automotiv Research in Duisburg, der in den vergangenen Jahrzehnten schon viele Krisen erlebt hat, geht davon aus, dass demnächst wieder "die alten Verhältnisse" an den Zapfsäulen herrschen. Tatsächlich erlebe man nur eine künstliche Verknappung, aber es gebe keine echte Öl-Knappheit, "sondern durch den Übergang in die CO₂-neutrale Welt eher einen Überfluss", sagt Dudenhöffer. Umso wichtiger seien deshalb die staatlichen Subventionen für die E-Autos, "sonst besteht die Gefahr, dass das Land zurück in die Verbrennerwelt" steuere, sobald die Treibstoffpreise wieder sinken.

"Denn das zentrale Kriterium für Kaufentscheidungen ist bei Privatkunden immer noch der Neuwagenpreis", so der Branchenexperte, der in den kommenden Jahren nicht mit Preissenkungen bei E-Autos rechnet. Zu wenig offensichtlich seien andere Steuerungsmechanismen wie etwa die Kfz-Steuer, die kaum jemand kenne, und zu selten würden Privatleute die Gesamtkostenrechnung anstellen, wie es Gewerbetreibende schon lange tun. "Dabei ändert sich mit der Gesamtkostenberechnung das Bild, wie der ADAC aufzeigt", sagt Dudenhöffer, der ebenfalls rät, "nicht nur den Preisvergleich beim Autokauf an sich zu machen". Wozu das führen kann, fanden vor einiger Zeit Forscher der Fraunhofer-Gesellschaft heraus: Tatsächlich unterschätzen Autofahrer meist in gravierendem Maße ihre Autokosten, weil sie meist nur den Kaufpreis im Kopf haben und vielleicht noch den Sprit. Im Durchschnitt verschätzten sich die Fahrzeughalter jedenfalls um mehr als 200 Euro pro Monat - zu ihren Ungunsten.

Sein Tipp, für jene, die gerade unsicher sind, ob sie weiter auf einen Verbrenner setzen sollen oder doch schon Elektromobilität wagen sollen: Ein Auto-Abo, durch das man sich nur wenige Monate binden muss. Unter den Maßgaben des ADAC kommt er etwa auf 31 Cent pro Kilometer inklusive Strom für einen elektrischen Nissan Leaf (bei Anbieter Like2Drive) oder 45 Cent pro Kilometer für einen Hyundai Kona E (bei Shell Recharge).

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