Solarindustrie:Chancenreich trotz Niedergang

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Solarpark in China: Wichtigster Absatzmarkt ist Deutschland. 

(Foto: AFP)

Die EU und China einigen sich im Dumping-Streit um Solarmodule - richtig geholfen ist damit keinem, auch dem Verbraucher nicht. Das Massengeschäft ist für die deutschen Hersteller verloren. Doch es wartet immer noch ein gigantischer Markt.

Ein Kommentar von Michael Bauchmüller

Zölle, Gegenzölle, Drohungen und Racheakte - viel hat nicht gefehlt für einen ordentlichen Handelskrieg zwischen Europäern und Chinesen. Dass er nun einstweilen abgewendet ist, das ist schon das Beste, was sich über den Kompromiss vom Wochenende sagen lässt.

China exportiert in die EU keine Solarmodule mehr, die weniger als gut 56 Cent je Watt kosten - das aber nur bis zu einer jährlichen Höchstgrenze. Dafür entgeht Chinas Solarindustrie hohen Strafzöllen und die Welt einem Handelskrieg. Europa hat mit den Muskeln gespielt und dabei nicht das Gesicht verloren. Angesichts der ökonomischen Schwäche der Alten Welt wirkt allein das schon wie ein Erfolg.

Nur, richtig geholfen ist damit keinem. Der deutschen Solarindustrie nicht, weil sie auch jetzt nicht in die goldenen Zeiten des vergangenen Jahrzehnts zurückfinden wird. Die Konkurrenz in Fernost ist einfach zu stark, ob sie nun (wie einige deutsche Hersteller behaupten) unerlaubte Staatshilfen bekommt oder nicht.

Den Verbrauchern hierzulande aber dummerweise auch nicht. Zwar wird der Wettbewerb zwischen europäischen und asiatischen Herstellern die Preise weiter fallen lassen - von sofort an aber nur noch bis zu einer zwischen Regierungen vereinbarten Untergrenze. Die stürmische Entwicklung der Technologie lässt nicht erwarten, dass bei 56 Cent je Watt nach unten Schluss ist. Zu Beginn des Jahrtausends noch lag der Preis je Watt jenseits der fünf Euro. Und die Fortschritte sind mit Händen zu greifen: Im Labor holen neue Solarzellen mittlerweile mehr als 40 Prozent der Energie aus dem Sonnenlicht - ein Wirkungsgrad, den viele Experten vor wenigen Jahren noch für so gut wie unmöglich hielten.

Der Erste ist fein raus

Die industrielle Fertigung, und das ist Teil der Krux deutscher Hersteller, ist von derlei Rekorden noch weit entfernt. In den vergangenen Jahren richtete sich der Wettlauf vor allem darauf, immer günstiger große Stückzahlen zu produzieren - für einen Markt, der nicht zuletzt der deutschen Solarförderung wegen unersättlich wirkte. Obendrein ist die Herstellung einer Solarzelle nicht sonderlich kompliziert, nicht zu vergleichen mit der eines Autos oder auch nur eines Kühlschranks. Solarfabriken lassen sich quasi von der Stange kaufen.

Der deutsche Maschinenbau hat daran übrigens gar nicht schlecht verdient. Nur wanderte die Massenfertigung damit nach China und Taiwan ab - inzwischen kommt von dort das Gros der Solarmodule. In Deutschland führte dies zum beispiellosen Niedergang einer Industrie, die kaum zehn Jahre alt war.

Diese Entwicklung wird auch der Solarkompromiss vom Wochenende nicht mehr aufhalten; er muss es aber auch nicht. Mag die Fertigung der Module längst in die Massenproduktion gegangen sein - die Technologie als solche steht immer noch am Anfang. Da wäre etwa die Speicherung der Energie. Sie erlaubt es, Solarzellen künftig öfter dort einzusetzen, wo es bisher noch gar kein öffentliches Stromnetz gibt. Und sie entlastet in Industrieländern wie Deutschland die Leitungen, weil nicht mehr aller Sonnenstrom gleichzeitig eingespeist wird, nämlich bei Sonnenschein.

Auf jene Unternehmen, die als Erste günstige Speicher anbieten können, wartet ein gigantischer Markt. Nicht anders beim sogenannten Wirkungsgrad: Je höher er ist, desto mehr Energie lässt sich etwa auf einem Dach einsammeln. Wer als Erster die jüngsten Labor-Ergebnisse in eine Massenfertigung ummünzen kann, ist fein raus.

Chancen bietet die Solarenergie noch genug, gerade weil der Wettbewerb die Preise so gedrückt hat. Denn auch das gehört zum Geschäft mit dem Sonnenstrom: Lässt er sich bei derart fallenden Modulpreisen auch noch intelligent in die Netze integrieren, ist er durch herkömmliche Kraftwerke kaum mehr zu schlagen.

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