Dubiose Internet-Angebote:Von Prozenten und Promille

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Sparer auf der Suche nach mehr als Nullzinsen landen im Internet schnell mal bei riskanten Anlageprodukten. Einige Finanzanbieter verwischen die Grenze zwischen sicherem Sparen und riskantem Anlegen.

Von Heinz-Roger Dohms, Hamburg

Es klang wie ein verspäteter Aprilscherz. Es war aber keiner. Mit vollem Ernst stellte die Berliner Geldanlageplattform Savedo ein neues Produkt vor, dessen vermeintlicher Clou darin besteht, dass Anleger ihr Geld "in Bier investieren" können. Und zwar "ohne davon Kopfschmerzen zu bekommen". Das Angebot trägt den Namen "Festgeld Plus". Savedo bewirbt es mit dem Slogan: "Zinsen statt Promille".

Im Angebot "Festgeld Plus" vermittelt Savedo die Ersparnisse des Anlegers an eine Bank in Portugal. Dort allerdings wird das Geld, anders als es der Name vermuten ließe, nicht zu einem fixen Satz verzinst. Vielmehr hängt die Rendite davon ab, wie sich die Aktienkurse vier börsennotierter Brauerei-Firmen entwickeln. Steigt der Wert der Papiere, dann erhält der Anleger eine Verzinsung von 2,65 Prozent pro Jahr. Fällt allerdings nur eine einzige der vier Aktien während der Laufzeit, dann sinkt der Zins auf null.

Internet-Plattformen locken Anleger mit vermeintlichen Alternativen zum Nullzins

Es handele sich um ein "transparentes, intuitives und klar verständliches Finanzprodukt, das Spaß macht", sagt Savedo-Chef Björn Jüngerkes. Dies kann man freilich anders sehen. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg moniert zum einen, dass die Banco de Investimento Global, bei der das Geld liegt, nicht der deutschen, sondern der portugiesischen Einlagensicherung unterliegt. Diese sei im Krisenfall weniger verlässlich.

Zudem stellt sich generell die Frage, wieso ein klassisches Sparprodukt willkürlich mit einem Korb von Aktien verknüpft wird. "Spaß dürfte bei diesem Produkt vor allem der Anbieter haben, der mit Intransparenz und Irreführung Geld verdient", sagt Nauhauser.

Tatsächlich häufen sich in jüngster Zeit fragwürdige Investmentangebote wie nun die Bierwette von Savedo. Dabei lassen Anbieter die Grenze zwischen sicherem Sparprodukt und risikobehaftetem Anlageprodukt verschwimmen. Das Motiv dahinter lässt sich leicht entschlüsseln: Einerseits gelten die Deutschen in Gelddingen als konservativ; seit Jahrzehnten tragen sie ihr Geld lieber zur Bank als zur Börse. Andererseits schlagen die niedrigen Zinsen inzwischen vielen Sparern aufs Gemüt. Sie suchen sichere Alternativen zum Nullzins der Sparkassen.

Doch, die gibt es - das zumindest suggerieren neben Savedo auch andere Finanz-Start-ups wie Giromatch oder Auxmoney. Sie bewerben ihre Anlageprodukte im Internet derzeit fast wortgleich als "Tagesgeldalternative" beziehungsweise "Alternative zum Tagesgeld". Mit einem festverzinslichen Sparprodukt haben die jeweiligen Angebote aber nichts zu tun. Beispiel Auxmoney: Hier stecken Anleger ihr Geld - ohne jeden Einlagenschutz - in Konsumentenkredite. Das kann zwar eine lukrative Investmentidee sein, sie ist aber eben auch riskant.

Doch nicht nur Start-ups betreiben dieses Spiel - sondern auch etablierte Banken, zum Beispiel die Commerzbank-Tochter Comdirect. Sie brachte in den vergangenen Wochen immer neue Pressemeldungen heraus, die den Deutschen falsches Anlageverhalten vorwerfen. "Deutschland spart sich arm", hieß es Ende März. Mitte Mai verkündete die Comdirect: "Deutsche Haushalte verlieren langfristig 14 000 Euro durch schlecht verzinste Spareinlagen." Und jüngst legte die Onlinebank noch einmal nach: "Jeder zweite Deutsche sorgt nicht für das Alter vor."

Comdirect bewirbt Aktien gezielt bei Internetnutzern, die nach "Festgeld" suchen

Weil der Appell dahinter, endlich mehr in Aktien zu investieren, aber allein nicht zu fruchten scheint, wenden die Marketingexperten der Comdirect zurzeit einen fragwürdigen Trick an. SZ-Recherchen zufolge schaltet die Onlinebank bei Google gezielt Werbung, die nur dann erscheint, wenn Nutzer spezielle Suchwörter eingeben. Konkret tauchen Anzeigen der Comdirect immer dann auf, wenn Internetnutzer Begriffe wie "Festgeld" oder "Festzins" googeln. Tatsächlich landen die User dann aber gar nicht beim Festgeld-Angebot der Comdirect - sondern bei den Aktieninvestments.

Zwar spreche "generell nichts dagegen, dass Anleger Risiken tragen, um höhere Renditechancen zu nutzen", sagt Verbraucherschützer Nauhauser. Schließlich sei es weitgehend unbestritten, dass Aktien seit Jahrzehnten langfristig die höchsten Renditen bringen. Doch legitimiert diese Erkenntnis den Versuch, Sparer in riskantere Geldanlagen zu treiben? Die Comdirect scheint damit kein Problem zu haben. Die Bank betont, dass man klar darauf hinweise, dass es sich nicht um Festgeld handele, sondern um eine Alternative. Dabei gehe es um die Frage, wie die Menschen langfristig Vermögen aufbauen könnten.

© SZ vom 03.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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