Süddeutsche Zeitung

Dubiose Aktiendeals:Viele Banken müssen zittern

Den Verdacht gibt es schon lange: Zahlreiche Banken sollen den deutschen Fiskus um viele Milliarden Euro erleichtert haben. Dokumente belegen, dass systematisch auf Kosten der Steuerzahler Geschäfte gemacht wurden. Wie Staatsanwaltschaften jetzt vorgehen könnten.

Von Klaus Ott

Selbstanzeige stellen! Das legt der Frankfurter Anwalt Bernd Groß jenen Banken nahe, die jahrelang Aktiengeschäfte auf Kosten des Fiskus gemacht haben und daran viele Milliarden verdient haben sollen. Bislang hat nur die Hypo-Vereinsbank (HVB) Ärger mit Staatsanwälten, doch das dürfte sich bald ändern.

Es sei zu erwarten, dass "die Strafverfolgungsbehörden ihre Ermittlungen auf weitere Kreditinstitute ausdehnt werden", schreibt Groß in einem aktuellen Aufsatz für die juristische Fachzeitschrift Praxis Steuerrecht.

Groß kennt sich bestens aus in dem Metier. Er sitzt in der Kanzlei Feigen Graf, die in anderen großen Verfahren viele Spitzenbanker verteidigt. Bei der SachsenLB, der Deutschen Bank, der Landesbank Baden-Württemberg und so weiter. Feigen Graf ist eine der ersten Adressen unter Deutschlands Wirtschafts-Kanzleien.

Groß rät dazu, bei Selbstanzeigen "alle gegebenenfalls involvierten Leitungspersonen einzubeziehen". Er warnt davor, die Vorwürfe nicht ernst zu nehmen und verweist auf die Vorgaben des Bundesgerichtshofs. Die besagen, dass Steuerhinterziehung ab einer Million Euro grundsätzlich mit Haftstrafen zu ahnden ist. Für die Verdächtigen gehe es "ohne Zweifel um die berufliche Existenz".

Immer weniger "Gestaltungsmöglichkeiten"

Viele Banker und Geschäftsleute, die solche Deals gemacht haben, geben sich bislang unschuldig. Man habe doch nur eine Gesetzeslücke ausgenutzt. Es sei alles ganz legal gewesen. Wenn jemand versagt habe, dann die Politik, weil Bundesregierung und Bundestag die Gesetzeslücke erst 2012 geschlossen hätten.

Eine billige Ausrede. Schließlich verbietet das Steuerrecht grundsätzlich Geschäfte mit dem Ziel, sich zuungunsten des Fiskus zu bereichern. Durch den Missbrauch von "Gestaltungsmöglichkeiten" könne das Steuerrecht nicht umgangen werden, so steht es in Paragraf 42 der Abgabenordnung. Ein solcher Missbrauch liege vor, wenn eine "unangemessene rechtliche Gestaltung" gewählt worden sei, um einen "gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil" zu erlangen.

Bei den dubiosen Aktiendeals ging es darum, eine nur ein Mal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Dividendenerlöse zwei Mal oder sogar noch öfter erstattet zu bekommen. Was der Gesetzgeber natürlich nie gewollt, sondern allenfalls durch Versäumnisse ermöglich hat.

Rechtsanwalt Groß schreibt über die Aktiendeals, bei sogenannten "Gestaltungsmodellen" werde der juristische Handlungsspielraum immer enger. Für alle Beteiligten entstünden "immense strafrechtliche Risiken". Die Ermittlungsbehörden schreckten nicht mehr davor zurück, solche Verfahren mit einem großen Aufwand zu führen. Und die Gerichte seien immer weniger dazu bereit, sich auf eine "feinsinnige juristische Argumentation" einzulassen, wenn der Anschein des Missbrauchs entstehe.

Mehr zu den Vorwürfen an die Banken in der Mittwochsausgabe der Süddeutschen Zeitung und in der SZ-Digital-App auf iPhone, iPad, Android und Windows 8 auf einer Themenseite im Wirtschaftsteil:

  • Akte Flora: Der Erste packt aus - Ein Beschäftigter der Hypo-Vereinsbank erzählt, wie der Fiskus jahrelang systematisch ausgenommen worden sei.
  • Projekt "Gipfelsturm" - Wie das Schweizer Geldhaus Sarasin offenbar gezielt den deutschen Fiskus betrogen hat.
  • Cum und Ex - Wie das Geschäftsmodell funktionierte.

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