Drohende Fahrverbote:Der Diesel-Deal ist eine Luftnummer

Das Kalkül der Bundesregierung ist klar. Sie muss zumindest so tun, als würde sie den Diesel-Fahrern helfen wollen. Doch die Städter werden wenig davon merken.

Kommentar von Michael Bauchmüller, Berlin

Der Zweck dieser Diesel-Einigung spricht aus jeder Zeile: Die Kuh muss vom Eis, irgendwie. Knapp vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen muss die Koalition das Luftproblem deutscher Städte in den Griff bekommen - oder zumindest so tun. Doch es bleibt bei Homöopathie, abgesehen von Hilfen für Kommunal-Lastwagen und Handwerker aus Steuermitteln.

Die Hersteller dürfen Rabatte ausloben, um neue Fahrzeuge besser loszuwerden. Sie kaufen alte Autos zurück, wie sie es schon immer getan haben, und können das jetzt als ihre Antwort auf das Dieselproblem verkaufen. Auch Jahreswagen können sie auf die Weise losschlagen. Herzlichen Glückwunsch.

Wer das Auto nicht wechseln kann oder will, darf Hardware nachrüsten. Wann aber solche Systeme genehmigt und am Markt sind, weiß kein Mensch. Offen ist auch immer noch, was die Autoindustrie dafür auszugeben bereit ist. Der Bund "erwartet", dass sie die Kosten übernimmt. Doch BMW winkt schon ab. Bis nachgerüstete Autos auf die Straßen kommen, haben Fahrverbote längst um sich gegriffen.

Aber selbst diese Hilfe gilt nur für 14 Städte - weshalb sich Bürger überall im Rest des Landes verschaukelt fühlen dürfen. Denn für sie sind viele Orte künftig passé. Und bei der Nachrüstung hilft ihnen auch keiner.

Fahrverbote sind faktisch nicht umsetzbar - soll das so sein?

Das Kalkül der Regierung ist klar: Sie will das Problem aussitzen, bis irgendwann alle alten Autos verschwunden sind. Doch in der Zwischenzeit kommen Fahrverbote, wie in Frankfurt und Stuttgart. Für die Kontrolle dieser Fahrverbote dürfen die Städte "fahrzeugindividuell" die Kennzeichen überprüfen. Das wirft, ganz abgesehen von Datenschutz-Problemen, jede Menge praktische Fragen auf. Wer will die Nummernschilder alle mit den Flensburger Daten abgleichen?

Deshalb bleibt ein Fahrverbot für die Städte faktisch nicht umsetzbar. Soll das womöglich so sein?

Die Probleme in den Städten sind nicht vom Himmel gefallen. Der Bund hatte lange Zeit, sich darum zu kümmern. Jetzt soll ein Notpaket das Thema wenigstens aus den Wahlkämpfen heraushalten. Die Städter dürften erst einmal nicht viel davon merken. Außer vielleicht, dass das "Konzept für saubere Luft" im Großen und Ganzen mal wieder eine Luftnummer ist.

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