Die größte deutsche Drogeriemarktkette dm will in den Apothekenmarkt einsteigen. Voraussichtlich vom Sommer kommenden Jahres an will dm frei verkäufliche Arzneimittel über Tschechien nach Deutschland verkaufen. Nach Angaben eines Sprechers zählen dazu etwa Mittel wie Aspirin, Paracetamol oder Ibuprofen. Das Handelsunternehmen hat dazu bereits eine Gesellschaft in Tschechien gegründet.
Es gehe dabei zunächst ausschließlich um den Onlinehandel mit frei verkäuflichen Arzneimitteln. Damit wurde im vergangenen Jahr allein in Deutschland ein Umsatz von mehr als sechs Milliarden Euro gemacht. Rezeptpflichtige Arzneimittel sind nicht Teil des Plans, allein schon aus regulatorischen Gründen. Dennoch macht die geplante Online-Apotheke von dm, über die zuerst das Handelsblatt berichtete, sowohl stationären Apotheken als auch inzwischen etablierten Online-Apotheken Konkurrenz.
Die Aktien der Shop-Apotheke-Betreiberin Redcare Pharmacy und von DocMorris brachen in Reaktion auf die Pläne am Mittwochvormittag zeitweise ein. Die Papiere von Redcare fielen in der Spitze um gut neun Prozent und die von DocMorris um bis zu 6,5 Prozent. Die stationären Apotheken stehen bereits unter Druck der Versandapotheken. Ihre Zahl ist in den vergangenen zehn Jahren von gut 20 000 auf 17 300 gesunken. Ihr Geschäft dürfte noch schwieriger werden, sobald dm online frei verkäufliche Arzneimittel verkauft. Marktanteile sollen sich hier über günstige Preise und Rabatte gewinnen lassen. Die Kette dm hat mit einem Umsatz von mehr als zwölf Milliarden Euro und 4000 Filialen Gewicht in Deutschland und Europa.
Christoph Werner, Chef der Drogeriemarktkette, hatte in Interviews und Vorträgen bereits angedeutet, dass sein Unternehmen eine Alternative zum Medikamentenverkauf in der Apotheke darstellen könnte. Auch im Bereich Telemedizin und Beratung sieht Werner Chancen. Den Badischen Neusten Nachrichten (BNN) hatte er gesagt: „Ich muss da immer an Bill Gates denken, der in Bezug auf Banken gesagt hat: ‚Bankdienstleistungen sind notwendig, Bankfilialen sind es nicht.‘“
Mit dem Versand aus Tschechien könnte sich das Gesundheits-Sortiment von dm vervielfachen
Vor zwei Jahren hatte die Otto Group die Telemedizin als Wachstumsmarkt ausgemacht. Der Hamburger Handelskonzern beteiligte sich 2022 mehrheitlich am Schweizer Telemedizin-Unternehmen Medgate. Die Düsseldorfer Kosmetikkette Douglas stieß Mitte dieses Jahres seine defizitäre Online-Apotheke wieder ab. Der Parfümhändler hatte Diaspo erst zwei Jahre zuvor gekauft. Ein Selbstläufer ist das Geschäft offenbar nicht. Seit Längerem wird auch darüber spekuliert, dass der Onlinehändler Amazon in den Markt einsteigen könnte.
Die Kette dm verkauft schon heute zahlreiche Produkte aus der Kategorie Gesundheit, die nicht rezeptpflichtig sind: Heilpflanzenöle, Tropfen gegen Kopfschmerzen oder Zinksalben. Dazu kommt der wachsende Markt der Nahrungsergänzungsmittel. Mit dem Versand aus Tschechien könnte sich das Sortiment vervielfachen. Der Standort außerhalb Deutschlands ermöglicht es dem Karlsruher Unternehmen, als Kapitalgesellschaft Medikamente zu versenden. In Deutschland ist das nur approbierten Apothekern erlaubt. Aus Tschechien dürfen bislang aber nur nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel nach Deutschland versandt werden.
Werner hält auch Impfungen in dm-Filialen für denkbar. Den BNN sagte er: „Ich würde uns zutrauen, dass wir auch bei einem solchen Thema mit guten Ideen aufwarten könnten.“ Laut Handelsblatt hat das Unternehmen bereits Markenschutz für seine Marke dm in diesem Jahr unter anderem auf „medizinische Dienstleistungen“ und „Beratungen in der Pharmazie“ erweitert.