Drogenkonsum:Raus aus der Schmuddelecke

Eine allgemeine Cannabis-Freigabe für den Konsum ist in Deutschland noch umstritten.

Von Kathrin Konyen

Seitdem Cannabis als Arzneimittel anerkannt ist und damit ganz legal Geschäfte gemacht werden, hat Marihuana gewissermaßen seinen Schrecken verloren. Das Kraut scheint den Weg aus der Schmuddelecke geschafft zu haben: Das Klischee des antriebslosen Kiffers hat in der gesellschaftlichen Wahrnehmung seine Grundlage verloren. Doch ist die Zeit auch reif für die Legalisierung von Cannabis für den Genusskonsum?

Mehrere Faktoren sprechen dafür, dass es in den nächsten Jahren nicht mehr strafbar sein wird zu kiffen. Dabei spielt die internationale Entwicklung eine große Rolle: Genau wie das weltweite Verbot von Cannabis, das 1925 von der Genfer Opiumkonferenz beschlossen wurde, könnte sich auch das Ende der Prohibition nach und nach über den Erdball ausbreiten. Neun US-Bundesstaaten, Kanada und Uruguay machen hier den Anfang. "Ich rechne mit einem Dominoeffekt - man sieht die Steine umkippen", sagt Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband. Der Lobbyist hält es für möglich, dass in fünf bis zehn Jahren auch das deutsche Steinlein gekippt ist.

Einige Bundesländer und Kommunen haben bereits Initiativen ergriffen: Sie wollen in Modellprojekten eine kontrollierte Abgabe von Cannabis testen. Zwar ist noch keines dieser Modellprojekte genehmigt, aber das Ansinnen entspricht dem Wunsch vieler Bundesbürger: Die Petition des Hanfverbands, die die Legalisierung fordert, haben 2017 knapp 80 000 Menschen unterzeichnet, sie war damit die mit Abstand erfolgreichste öffentliche Petition des Jahres 2017.

"Das ist auch eine Generationenfrage", schätzt Lobbyist Wurth. Diese Einschätzung bestätigt auch der Blick in den Drogen-und Suchtbericht der Bundesregierung: Offenbar ist das Kiffen ein anhaltender Trend und es wachsen immer konsumstärkere Jahrgänge nach. Konkret heißt das: Während bei den Erwachsenen (18-59 Jahre) sieben Prozent angeben haben, in den vergangenen zwölf Monaten Cannabis konsumiert zu haben, sind es bei den jungen Erwachsenen (18 bis 25 Jahre) knapp 17 Prozent.

Ein wichtiges Argument für die Legalisierung betrifft auch die Staatskasse: Der Ökonom Justus Haucap hat in einer aktuellen Studie berechnet, dass die Legalisierung von Cannabis dem Fiskus jedes Jahr 2,66 Milliarden Euro bringen würde. Der ehemalige Leiter der Monopolkommission geht dabei zum einen von Ersparnissen bei der Polizeiarbeit in Höhe von 1,1 Milliarden Euro aus; eine Cannabissteuer beziffert er mit Einnahmen von 650 Millionen, und eine weitere Milliarde würde durch weitere Steuern reinkommen. Auch bei der Justiz würde Geld gespart, wenn nicht jeder Kiffer strafrechtlich verfolgt werden müsste - in welcher Höhe sagt Haucap in der Studie allerdings nicht.

Natürlich gibt es auch viele Kritiker: Ärzte, Psychologen, Politiker und Polizisten warnen vor den psychischen, organischen und sozialen Folgen des Kiffens und befürchten, dass durch die Legalisierung der Konsum erheblich ansteigen würde.

Letztendlich kommt es bei der Legalisierung auf die Politik an. Mit Ausnahme der AfD befürworten alle Oppositionsparteien die Legalisierung oder sprechen sich zumindest für eine Entkriminalisierung aus: Für Linke und Grüne stehen dabei bürgerrechtliche Abwägungen im Mittelpunkt; die FDP sieht vor allem den wirtschaftlichen Vorteil. Die Politiker der Regierungsparteien CDU und SPD sind sich indes in ihren jeweiligen Reihen uneins. Bei der CSU, die mit Marlene Mortler auch die Bundesdrogenbeauftragte stellt, ist jedoch klar: Eine allgemeine Legalisierung soll es nicht geben.

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