Süddeutsche Zeitung

Dräger:Dickes Auftragsplus

Der Lübecker Konzern profitiert von der Covid-19-Pandemie und kassiert seine alte Prognose für 2020.

Von Elisabeth Dostert

So schnell kann sich die Stimmung drehen. Im Anfang März veröffentlichten Geschäftsbericht für 2019 gab Stefan Dräger, Ururenkel des Firmengründers, Großaktionär und Vorstandschef der börsennotierten Lübecker Firma Dräger, einen verhaltenen Ausblick auf das Jahr 2020. Vor dem Hintergrund der "höheren gesamtwirtschaftlichen Risiken" prognostizierte der Firmenchef ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum von einem bis vier Prozent und eine Ebit-Marge in einer Bandbreite von einem und vier Prozent. Die Geschäfte liefen so mäßig, dass die Mitarbeiter schon Ende September einwilligten, in den nächsten drei Jahren auf Tariferhöhungen zu verzichten, wenn dafür bis Mitte Juni 2023 keine Standorte in Deutschland geschlossen und betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden.

Die alten Prognosen gelten nicht mehr. Die Covid-19-Pandemie hat sie zunichtegemacht. Dräger stellt Beatmungsgeräte her, Monitore, um Patienten zu beobachten, Atemschutzmasken und vieles mehr, was gebraucht wird, um Menschen zu behandeln und zu schützen. Staatsoberhäupter melden sich jetzt bei Stefan Dräger. Im ersten Quartal haben sich die Auftragseingänge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf knapp 1,4 Milliarden Euro deutlich mehr als verdoppelt. Ein Großteil der Aufträge solle noch 2020 ausgeliefert werden.

Es dauert, bis aus Aufträgen Umsätze werden. Die Erlöse legten im ersten Quartal um gut sieben Prozent auf 640 Millionen Euro zu. Noch machte Dräger Verlust, das operative Ergebnis (Ebit) lag, wie es in der korrigierten Ad-hoc-Mitteilung von Mittwochabend heißt, im ersten Quartal bei minus 0,6 Millionen Euro, nach minus 10,7 Millionen Euro im Vorjahresquartal.

Die alte Jahresprognose für 2020 knickt der Konzern schon mal. Aufgrund der "sehr dynamischen Entwicklung beim Auftragseingang im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie ergeben sich für Dräger sehr gute Chancen, das bisher geplante Umsatz- und Ergebnisniveau deutlich zu übertreffen", heißt es im Quartalsbericht. Konkreter will Dräger nach Vorlage der Halbjahresergebnisse werden.

Seit die Bundesregierung Mitte März 10 000 Beatmungsgeräte bei Dräger bestellte, hat der Kurs der Stammaktien, die zu gut 71 Prozent der Familie Dräger gehören, kräftig zugelegt. Fast hätte das Papier Ende März die Marke von 100 Euro geknackt, nicht mal zwei Euro fehlten mehr. Am Donnerstagmittag kostete die Aktie an der Börse Frankfurt rund 84 Euro.

Das Eckpunktepapier, das Dräger, IG Metall und Betriebsrat im vergangenen Herbst schlossen, sieht auch vor, dass die Beschäftigten bei "gutem Geschäftsverlauf" am Unternehmenserfolg beteiligt werden. Sie können sich, eher vorsichtig prognostiziert, schon mal freuen.

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Quelle:
SZ vom 17.04.2020
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