Es ist Mittwochnachmittag kurz nach vier Uhr Ortszeit, als der Moderator des amerikanischen Börsenfernsehens CNBC kaum mehr an sich halten kann. "Der Dow springt um fast 1100 Punkte", ruft Moderator Brian Sullivan auf der Galerie der New Yorker Wall Street. "Sie haben richtig gehört", setzt er nach. "Ein-tausend-ein-hundert Punkte", lässt Sullivan es über die Galerie schallen. Seine Stimme hüpft dabei von Silbe zu Silbe, mindestens genauso stark wie der Aktienindex.
Wenn Börsenexperten und Anleger wissen wollen, wie es dem amerikanischen Aktienmarkt geht, schauen sie gerne auf den "Dow". Experten jedoch bezweifeln, wie aussagekräftig dieser Aktienindex überhaupt ist. Kritiker des Indexes sagen: Er sei viel zu grobschlächtig kalkuliert und völlig verzerrt. Manche sagen gar: lächerlich.
Wer den Unmut der Kritiker verstehen will, muss nachvollziehen, wie der Dow funktioniert. Als Aktienkorb enthält er 30 wichtige US-amerikanische Aktien. Viel zu wenige, sagen manche Kritiker, um die Breite des Aktienmarktes angemessen abzubilden. Andere amerikanische Aktienindizes wie der S&P 500 umfassen 500 Titel, der Russell 2000 sogar 2000 US-Firmen. Welche Firmen es in den Dow schaffen, bestimmt ein Gremium relativ freihändig, wie manche Experten meinen. Die Hauptkritik jedoch entzündet sich an den Rechenmethoden des Indexes. So summieren die Dow-Macher einfach alle Aktienpreise ihrer Mitglieder auf und teilen sie durch einen sogenannten Dow-Divisor. Das Ergebnis: Die Punktezahl, die der Dow aktuell erreicht. Zu Beginn des Handelstages am Donnerstag waren es in den USA genau 22629 Punkte.
Wie viel Gewicht eine Aktie im Indexkonzert hat, entscheidet sich vor allem an ihrem absoluten Preis. Eine Aktie, die 400 Dollar kostet, hat viel mehr Gewicht, als eine Aktie, die nur 40 Dollar kostet. Darüber, wie wichtig das Unternehmen tatsächlich ist, sagt der reine Preis einer einzelnen Aktie aber nichts aus. Denn manche Unternehmen geben viele Aktien zu geringen Preisen aus, andere wenige Papiere zu hohen. So hat das größte Gewicht im Index derzeit Boeing, vor allem weil der Kurs einer einzelnen Aktie mit 307 Dollar so hoch ist wie der keiner anderen.
Als angemessener betrachten es Börsenexperten, nicht den Aktienpreis einer einzelnen Aktie als Gradmesser für das Gewicht eines Unternehmens im Index zu verwenden. Sondern den Preis, den man zahlen müsste, wenn man alle Aktien der Firma aufkaufen wollte, den sogenannten Börsenwert eine Firma. Dann käme man darauf, dass man für Coca Cola als gesamte Firma mehr zahlen müsste als für Boeing. Dass Boing aber mehr Gewicht im Index hat. Vor allem, weil der Preis einer einzelnen Aktie höher ist.