Douglas:Die Parfümerie, die keine mehr sein sollte

Douglas-Chefin Tina Müller wollte ihr Unternehmen zur Drogerie machen. Das funktionierte nicht.

Von Michael Kläsgen

Am Ende musste sich Tina Müller dann entschuldigen. Aber noch aufschlussreicher als das mea culpa via Social Media sind einige Aussagen der Douglas-Chefin in einem Interview, das sie Anfang des Monats der Lebensmittelzeitung gegeben hat. Aufschlussreicher für den offenbar besorgniserregenden Zustand, in dem sich die Parfümeriekette befindet. "Die Corona-Auflagen bringen viele Einzelhändler in Existenznöte", formulierte die 52-jährige ehemalige Klosterschülerin aus Rheinland-Pfalz in dem Interview ganz allgemein, ohne Douglas einzuschließen.

Unter Branchenkennern ist es allerdings ein nur schlecht gehütetes Geheimnis, dass Douglas mit seinen vielen Filialen in Europa ganz besonders unter der Pandemie leidet. Infolge des ersten Lockdowns im Frühjahr schlitterte Douglas zeitweise in die roten Zahlen. Dann fiel Tina Müller, seit Ende 2017 Douglas-Chefin, auch noch eine Zeit lang wegen Krankheit aus. Der Lockdown light im Herbst habe dann, wie sie vor wenigen Tagen erklärte, zu 40 Prozent weniger Kundschaft in die Läden geführt. Und jetzt sind die Läden schon wieder dicht, ausgerechnet so kurz vor Weihnachten, wenn sonst viele auf dem letzten Drücker in die Filialen laufen, um noch schnell ein Geschenk zu kaufen. Doch das geht dieses Jahr nicht.

Umparken im Kopf

Kein Wunder, dass Tina Müller in der Situation versucht zu retten, was zu retten ist. Druck kommt auch vom Mehrheitseigner CVC, über den schon vor Corona behauptet wurde, er wolle sich zurückziehen. Wie dem auch sei, mit der am Mittwoch verkündeten Idee, einen Großteil der Douglas-Filialen kurzerhand in Drogeriemärkte umzufirmieren, um sie vor der Schließung zu bewahren, war Tina Müller jedenfalls schlecht beraten. Die Gewerkschaft Verdi zeigte sich als Erstes empört. Bild räumte ihr dann für den Fauxpas am Donnerstag die halbe Titelseite inklusive Foto frei - für nur ein paar Worte: "Douglas-Chefin rebelliert gegen Merkels Lockdown." Was kann sie gegen so eine Schlagzeile schon ausrichten?

Zumal die Zeitung auch die unbotmäßigen Instruktionen der Douglas-Geschäftsführung ans Personal enthüllte: "Im Eingangsbereich sollte primär unser Drogeriesortiment präsentiert werden", lautet eine Anweisung. Sollte das Ordnungsamt kontrollieren, seien "aggressive Gespräche" zu vermeiden und bei angedrohter Schließung sofort "mündlich Widerspruch" einzulegen.

Müller blieb nur noch der Rückzug, umparken im Kopf sozusagen, wie sie es damals als Opel-Marketingchefin formuliert hatte: "Wir bitten alle um Entschuldigung, die wir mit unserem Vorgehen befremdet oder vor den Kopf gestoßen haben", schrieb sie auf Twitter. Ab sofort würden alle Filialen in Deutschland bis auf Weiteres geschlossen bleiben.

Doch damit war die Sache nicht ausgestanden. Der Schaden ist da, wie etliche Tweets in dem Kurznachrichtendienst zeigen. Wobei sich manche auch mit ihr solidarisieren oder sich in Humor üben: "Hut ab für das Zurückrudern. Eine der Folgen von Covid ist nämlich der Verlust des Geruchssinns, und das wäre für mich als Parfüm-Junkie wirklich traurig."

Ob das Tina Müller erheitern wird? Die Lage ist ziemlich ernst für das Unternehmen. Die Douglas-Chefin überprüft seit geraumer Zeit, wie viele der europaweit 2400 Filialen fortgeführt werden können. 450 sind es derzeit in Deutschland. In den ersten Monaten kommenden Jahres, so wird spekuliert, werde sie womöglich einige Schließungen ankündigen, vielleicht 200 oder sogar 400, nicht so viele angeblich in Deutschland. Wobei: Der Lockdown macht ja jetzt alles noch schlimmer. Da kann man schon auf verrückte Ideen kommen.

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