Steuerbetrug:Es wird ernst für Donald Trump

An Ivanka Trump Collection Store Amid Labor Violations

Der Trump-Tower in New York: Der Generalstaatsanwalt von Manhattan lässt die Ergebnisse der Ermittlungen gegen Donald Trump gerade von Geschworenen überprüfen.

(Foto: Michael Nagle/Bloomberg)

Der Generalstaatsanwalt von Manhattan lässt die Ergebnisse seiner Ermittlungen gegen Donald Trump von Geschworenen überprüfen. Für den Ex-Präsidenten ist das ein ganz und gar schlechtes Zeichen.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Wenn die Reaktionszeit des Betroffenen ein Indiz für den Ernst der Lage ist, dann muss man sich seit dieser Woche wohl wirklich Sorgen machen um Donald Trump. Die Nachricht jedenfalls, dass die Generalstaatsanwaltschaft des New Yorker Stadtbezirks Manhattan wegen des Verdachts des Steuer-, Bank- und Versicherungsbetrugs ernsthaft über eine Anklage gegen den Ex-Präsidenten nachdenkt, war am Dienstagabend kaum auf dem Markt, als Trump wutentbrannt zum Konter ansetzte: Der Beschluss von Chefermittler Cyrus Vance, eine sogenannte Sonder-Grand-Jury einzuberufen, sei eine "Hexenjagd" und ein "Affront gegen die fast 75 Millionen Wähler", die ihn bei der Präsidentschaftswahl im letzten Jahr unterstützt hätten, wetterte er. "Unser Land ist kaputt, unsere Wahlen sind manipuliert, unsere Strafverfolger politisiert."

Offensichtlich hat der Ex-Regierungschef erkannt, wie gefährlich nahe die juristischen Einschläge nach dem Verlust seiner politischen Immunität für ihn und seine Firmengruppe, die Trump Organization, mittlerweile kommen: Eine Grand Jury nämlich, die aus bis zu 23 Geschworenen bestehen kann, wird in der Regel nur einberufen, wenn die Staatsanwaltschaft glaubt, genügend Beweise, Zeugenaussagen oder Indizien für eine Anklageerhebung gesammelt zu haben. Das Laien-Gremium sichtet die Informationen und kann zum gesamten Fall oder zu Einzelpunkten Stellung nehmen.

Während normale Grand Jurys dafür vier Wochen Zeit haben, kann sich die Prüfung einer Sonderjury über Monate hinziehen. Nach Informationen der Washington Post sollen sich die Geschworenen im konkreten Fall ein halbes Jahr lang dreimal pro Woche treffen und dabei auch in andere, vom Fall Trump unabhängige Ermittlungen einbezogen werden.

Vance und seine Kollegin Letitia James, die Generalstaatsanwältin des Bundesstaats New York, gehen einem ganzen Katalog von zweifelhaften Finanztransaktionen nach, bei denen der Verdacht besteht, dass die Trump Organization oder ihr Eigentümer gegen Gesetze verstoßen haben könnten. Vance ermittelte unter anderem wegen angeblicher Schweigegeldzahlungen, die Trumps früherer Anwalt Michael Cohen nach eigenem Bekunden zwei Frauen zukommen ließ. Beide hatten angegeben, mit Trump eine Affäre gehabt zu haben, was 2016 den Wahlkampf des damaligen republikanischen Präsidentschaftsbewerbers belastete. Auch dubiose Zuwendungen und Geschenke wie Autos und Wohnungen an Manager der Unternehmensgruppe sowie deren Familienmitglieder sind im Visier der Ermittler.

Noch nie wurde ein ehemaliger US-Präsident strafrechtlich angeklagt

Darüber hinaus geht es in den Untersuchungen beider Generalstaatsanwaltschaften um den Verdacht, dass der Trump-Konzern über Jahre die Werte firmeneigener Hotels, Bürogebäude und Golfclubs falsch angegeben haben soll - und das in doppelter Hinsicht: Offenbar blähten Trump und seine Söhne Donald Jr. und Eric den Wert einzelner Immobilien auf, um bei ihren wenigen verbliebenen Hausbanken weiter Kredite zu bekommen. Umgekehrt setzten sie die Werte gegenüber dem Finanzamt viel zu niedrig an, um Steuern zu sparen. Ex-Anwalt Cohen hatte diese angebliche Doppelstrategie 2019 vor einem Ausschuss des US-Kongresses beschrieben.

Vergangene Woche war zudem bekannt geworden, dass James nicht mehr nur zivil-, sondern auch strafrechtlich gegen Trump und seine Firmengruppe ermittelt. Damit hat sie nun die Möglichkeit, den Geschäftsmann und Politiker zur Herausgabe praktisch aller Unterlagen zu zwingen, die ihr relevant erscheinen. Bei einer zivilrechtlichen Untersuchung gibt es hier einige Restriktionen. Zudem drohen Trump bei einer Verurteilung ab sofort schärfere Sanktionen, die von der Zwangsauflösung des Konzerns bis zu einer Haftstrafe für dessen Eigentümer reichen.

Trump selbst hält die Untersuchung für politisch motiviert, weil sowohl Vance als auch James auf dem Ticket der Demokratischen Partei für ihre Staatsämter kandidierten. Anders als etwa in Deutschland werden in den USA auch viele Richter und Staatsanwälte vom Volk gewählt. James hatte Trump 2018 in einer Wahlkampfrede als "illegitimen Präsidenten" bezeichnet und angekündigt, im Falle ihrer Wahl die privaten Geschäfte des Immobilienunternehmers genau zu untersuchen. Sollte sie Trump jetzt tatsächlich vor Gericht bringen, schriebe sie Geschichte: Noch nie seit Amtsantritt des ersten Staatschefs George Washington im Jahr 1789 wurde ein ehemaliger US-Präsident strafrechtlich angeklagt.

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