Donald Trump:Die Weltwirtschaft trotzt dem Trump-Risiko

Donald Trump, Haider al-Abadi

Donald Trump setzt auf "America First". Die Weltwirtschaft ist derzeit robust genug, das auszuhalten.

(Foto: AP)
  • US-Präsident Trump will Handelsverträge neu verhandeln oder gleich ganz kündigen. Außerdem droht er Ländern und Unternehmen mit Strafzöllen.
  • Eine Analyse des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) zeigt aber: Die Weltkonjunktur ist ziemlich stabil, bisher scheinen die Drohungen Trumps kaum Auswirkungen zu haben.
  • In Europa ist die Lage trotz Brexit und Terror gut, auch in vielen Schwellenländern geht es bergauf.

Von Catherine Hoffmann

Grenzen hoch, Steuern runter - mit dem neuen Präsidenten in den USA ist auch ein Richtungswechsel in der Wirtschaftspolitik verbunden. Während Steuersenkungen seit jeher Herzstück republikanischer Weltanschauungen sind, ist die Handelspolitik, die Donald Trump verfolgt, ungewöhnlich bis beunruhigend: Der neue US-Präsident wirft Deutschland, China und anderen Ländern unfaire Handelspraktiken zulasten der USA vor. Die Beziehungen sollen nun, so sein jüngstes Dekret, untersucht werden.

Trump will Handelsverträge umschreiben und notfalls kündigen. Er droht allen möglichen Ländern und Unternehmen mit Strafzöllen, darunter Mexiko und der deutsche Autobauer BMW. Er glaubt an Protektionismus und verspricht seinen Wähler "America first". Für die Weltwirtschaft wäre das verhängnisvoll. Vor allem die deutsche Wirtschaft fürchtet sich vor Trumps Protektionismus, denn ihr Wohlergehen hängt besonders stark vom Handel ab.

Das Trump-Risiko macht die unsicheren Zeiten - mit weltweitem Terror oder EU-Krise - unwägbarer. Doch zum Erstaunen vieler Ökonomen hat die große Verunsicherung bislang keinen konjunkturellen Schaden angerichtet. Im Gegenteil: Trotz der populistischen Rebellion in den Vereinigten Staaten und vielen Ländern Europas, trotz des Brexit und der Furcht, dass dies Paris und Rom motivieren könnte es den Briten nachzumachen, ist die wirtschaftliche Wirklichkeit erstaunlich heiter. "Die Weltkonjunktur hat sich im Verlauf des Jahres 2016 gefestigt und zu Beginn dieses Jahres nochmals beschleunigt", schreiben Stefan Kooths und seine Kollegen vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) in ihrem jüngsten Bericht.

Die Prognosen für die Weltwirtschaft stehen zwar noch immer im Schatten früherer Zuwächse von fünf Prozent im Jahr. Gleichwohl erwarten die IfW-Experten einen Anstieg der Weltproduktion von 3,1 Prozent im vergangenen Jahr auf 3,5 Prozent in diesem und 3,6 Prozent im kommenden Jahr. Industrieproduktion und Welthandel zogen zuletzt spürbar an. Vergleicht man die Monate November, Dezember und Januar mit den vorangegangenen drei Monaten, nahm der Warenhandel um 2,4 Prozent zu - so stark wie seit Sommer 2010 nicht mehr. Besonders stark legten die Exporte aus Schwellenländern zu, angeführt von Lateinamerika (plus 8,1 Prozent), Osteuropa (plus 5,9 Prozent) und Asien (plus vier Prozent). Die robuste Entwicklung ist durchaus eine angenehme Überraschung, die politischen Risiken scheinen der Ökonomie egal zu sein. Zehn Jahre nach Ausbruch der schwersten Wirtschaftskrise seit der Großen Depression, erlebt die Welt einen Aufschwung, der viele Länder mitnimmt.

Zehn Jahre nach Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise erlebt die Welt einen Aufschwung

In Amerika, Europa, Asien und vielen Schwellenländern geht es aufwärts. Dabei hellte sich die Stimmung vor allem in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften deutlich auf. In den USA weckte die Wahl Trumps Hoffnungen auf eine Belebung der Wirtschaft: Der Präsident will mit neuen Schulden die Infrastruktur aufbauen und mit niedrigeren Steuern Unternehmer zu Investition ermuntern. In Europa verbuchen die Unternehmen mehr Aufträge, die Beschäftigung und der private Konsum wachsen. "Das Bild ist überaus positiv", sagt Konjunkturexperte Michael Grömling von Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW). "Man muss sich schon fragen, wie gut es erst liefe, wenn die EU nicht in ihrer bisher schwersten Krise stecken würde." Zugleich verbessert sich die wirtschaftliche Lage in vielen wichtigen Schwellenländern, die bis vor Kurzem noch Anlass zur Sorge waren: Entgegen allen Befürchtungen wächst die chinesische Wirtschaft weiter mit knapp sieben Prozent, Brasilien und Russland scheinen ihre schweren Rezessionen zu überwinden. Und in vielen rohstoffexportierenden Ländern freut man sich über den deutlichen Anstieg der Preise für Erdöl und andere Rohstoffe.

Wie bedeutend sind die USA noch für die Weltwirtschaft?

Der globale Konjunkturzyklus zeigt sich von Donald Trump und seinen wütenden Tweets und Dekreten beinahe unberührt. Wobei sich die Frage stellt, wie bedeutend die USA überhaupt noch sind für die Weltwirtschaft. Zahlen zeigen: Der amerikanische Gigant ist längst kein Gigant mehr. Der Anteil der USA am weltweiten Bruttoinlandsprodukt ist von mehr als 40 Prozent im Jahr 1960 auf unter 25 Prozent im Jahr 2016 geschrumpft. Deutlich ausgeprägter noch war der Rückgang an der weltweiten Industrieproduktion, die für den Welthandel eine noch wichtigere Größe darstellt.

Und doch sind die wirtschaftspolitischen Entscheidungen in den USA für die Weltwirtschaft von Belang. Das Land ist gleichzeitig der weltweit größte internationale Schuldner und Gläubiger, es stellt mit dem Dollar die mit Abstand wichtigste Währung für grenzüberschreitende Geschäfte außerhalb der EU. Trumps Politikbeeinflusst über die Verflechtungen von Handel und Banken sowie die Rohstoffpreise und den Dollarkurs auch die Konjunktur in der übrigen Welt beträchtlich.

Dass vor allem die Europäer mit großer Sorge nach Washington blicken, mag daran liegen, dass Trump die europäischen Handelsüberschüsse sehr kritisch sieht, wobei Deutschland eine prominente Rolle spielt. Im vergangenen Jahr betrug der Exportüberschuss der Europäischen Union gegenüber den USA 115 Milliarden Euro, davon 49 Milliarden aus Deutschland. Allerdings werden nicht nur Güter über den Atlantik hinweg getauscht; die beiden Wirtschaftsräume sind auch durch milliardenschwere Direktinvestitionen eng miteinander verbunden. Deshalb können die merkantilistisch geprägten Äußerungen Trumps den meisten Unternehmern nicht gefallen.

Die deutsche Konjunktur wird wohl nicht so schnell gebremst

Dem Optimismus über die konjunkturelle Entwicklung, der sich in Umfragen unter deutschen Managern äußert, tut dies bisher keinen Abbruch. Kurz nach der Wahl Trumps ist die Unsicherheit ein wenig angestiegen, aber nicht dramatisch. Auch das britische Brexit-Votum ist in Führungskreisen, so scheint es jedenfalls, schnell wieder in den Hintergrund geraten. Man weiß zwar um die großen wirtschaftlichen Gefahren des Protektionismus, aber man weiß noch nicht, ob es so schlimm kommt, wie vor den US-Wahlen befürchtet. Das liegt nicht nur an der Sprunghaftigkeit Trumps, sondern auch daran, dass nur schwer abzuschätzen ist, wie weit der US-Kongress dem Präsidenten folgen wird.

Auch die Volkswirte gehen nicht davon aus, dass die deutsche Konjunktur so schnell gebremst wird. Die Exporte sollen noch für einige Zeit mit hohen Wachstumsraten zulegen. Dabei hilft auch eine Geldpolitik, die gemessen an den wirtschaftlichen Gegebenheiten in Deutschland sehr expansiv ist. Zukunftssorgen lassen sich allenfalls an den Investitionen ablesen, die - abgesehen vom Bau - nicht vorankommen. Unternehmer zögern seit vielen Jahren schon, langfristig Produktionskapital in Deutschland zu binden. Mag sein, dass Trump die Zurückhaltung noch verstärkt. "Der eine oder andere wartet lieber, wie sich der Brexit gestaltet und was Trump so macht", sagt IfW-Forscher Grömling.

Mit Sicherheit lässt sich nur sagen: Ein Freihändler wird aus dem US-Präsidenten nicht mehr werden.

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