Auf einer Bitcoin-Messe in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee hat Donald Trump angekündigt, in der nächsten Legislaturperiode ein Bitcoin-Präsident sein zu wollen, wenn er denn gewählt werden sollte. Unter Jubelrufen der Community kündigte Trump an, den Chef der US-Börsenaufsicht Gary Gensler zu feuern, den ehemaligen Silk-Road-Betreiber und Darkweb-Drogenhändler Ross Ulbricht begnadigen und beschlagnahmte Bitcoins niemals verkaufen zu wollen. Was man eben so sagt auf einer Bitcoin-Konferenz.
Doch Trump ging noch weiter. Bei seiner Rede verglich er die Bedeutung der Bitcoin-Industrie mit jener der Stahlindustrie vor 100 Jahren. Aus Trumps Mund ist das ein Mega-Kompliment, denn seine MAGA-Kampagne („Make America Great Again“) porträtierte die Stahlindustrie immer als Inbegriff US-amerikanischer Produktivität und ihr Verschwinden als Symbol für den Verfall der USA. Bitcoin habe das Potenzial Gold auf lange Sicht als Wertspeicher abzulösen, so Trump. Mit solchen Aussagen redet Trump der Szene nach dem Mund, die behauptet dergleichen seit es Bitcoin gibt.
Trumps neugewonnene Liebe zu Kryptowährungen kommt für Beobachter ein wenig überraschend. In seiner Amtszeit als Präsident war Trump kein großer Freund der Technologie. 2019 twitterte er, er sei kein Fan von Bitcoin, der aus nichts als „dünner Luft“ bestehe und für illegale Aktivitäten verwendet werde. Doch das war vor fünf Jahren. Das ist politisch gesehen eine lange Zeit, im kurzlebigen Krypto-Universum ist es eine halbe Ewigkeit. 2019 war Bitcoin noch ein Nischenphänomen. Die spätere Skandalplattform FTX vom mittlerweile verurteilten Sam Bankman-Fried war damals gerade erst gegründet worden, der Bitcoin stand bei 8000 Dollar.
Bitcoin-Fans sind finanzstarke Spender
Heute, gefühlte zwei Dutzend Kryptoskandale später, steht der Bitcoin bei über 60 000 Dollar. Die Szene hat sich seit 2019 stark verändert, vor allem hat sie sich professionalisiert. Kryptowährungen haben heute eine schlagkräftige Lobby, die in US-Bundesstaaten auch bereits einige kryptofreundliche Gesetze erreicht hat, etwa in Arkansas und Montana. Von der Regierung von Präsident Joe Bidens ist die Szene dagegen immer wieder enttäuscht worden. Als besonders verhasst gilt unter Kryptofans der von Trump nun als Streichkandidat erwähnte Gary Gensler. Die US-Börsenaufsicht unter Gensler hatte gegen mehrere Kryptoplattformen wegen unerlaubtem Wertpapierhandels hohe Bußgelder verhängt. Gegen den im Januar letztlich erlaubten Bitcoin-ETF stemmte sich die Behörde jahrelang mit so großer Leidenschaft, dass die Bitcoin-Community mutmaßte, der aus der Finanzindustrie kommende Gensler habe persönlich etwas gegen Kryptowährungen.
Für Trumps Sinneswandel in Bezug auf Bitcoin und Co. spricht aber auch eine Reihe durchschaubarer mehr oder minder politischer Gründe. Einer Umfrage der Kryptowährungsplattform Coinbase zufolge besaßen Anfang 2023 rund 20 Prozent aller US-Amerikaner Kryptowährungen. Heute dürften es nach einem starken Anstieg des Bitcoins und der SEC-Erlaubnis für mehrere Bitcoin- und Ethereum-ETFs eher mehr sein. Es geht also um eine ganze Menge potenzieller Wähler – noch dazu Wähler mit Geld. Zuletzt hatten eine ganze Reihe rechtslibertärer Kryptofans aus dem Silicon-Valley angekündigt Trump nicht nur wählen, sondern auch finanziell unterstützen zu wollen: David Sacks, Elon Musk, Marc Andreessen und Ben Horowitz.
Andererseits muss sich Trump vermutlich gar nicht so stark anstrengen, um Bitcoiner für seine Kampagne zu begeistern. Die meisten Krypto-Enthusiasten sind jung und männlich, eine Klientel, die ohnehin der republikanischen Partei zugeneigt ist. Trump muss höchstens aufpassen, die Bitcoin-Jünger nicht an einen anderen, noch radikaleren Kandidaten zu verlieren. Robert F. Kennedy, kurz RFK etwa tritt als unabhängiger Kandidat an. Auch er sprach in Nashville zu den Bitcoin-Jüngern und übertrumpfte Trump mit seinen Vorschlägen deutlich. Er will zum Beispiel, dass die USA in Zukunft nicht mehr in Gold, sondern in Bitcoin als strategische Reserve investiert.
Dass sich der Kandidat Trump nun als Bitcoin-Fan outet, dürfte der Währung nach Ansicht von Anthony Scaramucci auch helfen, wenn Trump die Wahl verliert. Scaramucci, der in der Regierung Trump ein paar Tage lang Pressesprecher war und Trump heute für völlig verrückt hält, sagte dem Fernsehsender CNBC, Demokraten dürften nach Trumps Auftritt verunsichert sein. Er glaubt, dass sich auch die Demokraten nicht leisten können, Bitcoin-Anhänger zu verprellen und erwarte deshalb, dass sich auch die Kampagne von Kamala Harris in diese Richtung bewegen dürfte.