Finanzmärkte:Ringen um einen starken Euro

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Bislang dominiert der Dollar die Weltmärkte - die Brüssel will das zumindest ansatzweise ändern. Im Bild: Manhattan. (Foto: Spencer Platt/Getty Images/AFP)

Die EU-Kommission will die globale Bedeutung der Gemeinschaftswährung erhöhen und Europa besser gegen US-Sanktionen schützen - ein brisantes Begrüßungsgeschenk für Joe Biden.

Von Björn Finke, Brüssel

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist nicht sehr freundlich: An diesem Mittwoch feiert der neue US-Präsident Joe Biden in Washington seine Amtseinführung. Nur einen Tag vorher wird die EU-Kommission in Brüssel einen Aktionsplan vorstellen zur Frage, wie die Rolle des Euro im weltweiten Finanzsystem gestärkt werden kann. Außerdem zielt das Dokument, dessen 18-seitiger Entwurf der Süddeutschen Zeitung vorliegt, darauf ab, Europas Wirtschaft besser gegen Finanzsanktionen zu schützen. Beides geht gegen die Vereinigten Staaten.

Schließlich dominiert bislang der Dollar die Weltmärkte. Und der scheidende US-Präsident Donald Trump führte mit seinen Iran-Sanktionen den EU-Regierungen vor Augen, wie abhängig sie vom amerikanischen Finanzsystem sind: Trump drohte Banken, die Geschäfte mit Iran abwickeln, hohe Strafen an - und erschwerte damit auch den legalen Handel europäischer Firmen mit dem Land. Im Strategiepapier der Kommission werden die USA nicht genannt, trotzdem ist klar, dass Trumps Sanktionen gemeint sind, wenn es heißt: "Unilaterale Aktionen durch Drittstaaten haben legitimen Handel und Investments von EU-Unternehmen mit anderen Ländern beeinträchtigt."

"Offene strategische Autonomie"

Dieser Plan ist schon das zweite pikante Begrüßungsgeschenk Brüssels für Biden: So sind manche in Washington irritiert, dass sich die EU vor drei Wochen mit China auf ein Investitionsabkommen einigte - anstatt abzuwarten und sich zunächst mit dem neuen US-Präsidenten auf eine gemeinsame Strategie gegenüber Peking zu verständigen.

Doch mit dem Aktionsplan zum Euro und dem Vertrag mit China will die Kommission die "offene strategische Autonomie" der EU fördern. Hinter diesem Brüsseler Schlagwort verbirgt sich das Ziel, Europa weniger abhängig von anderen Wirtschaftsmächten zu machen und sich besser gegen unfaire Praktiken wehren zu können.

Mit Blick auf Sanktionen durch Drittstaaten wie die USA verspricht die Kommission in dem Aktionsplan, die Ausweitung des sogenannten Blocking Statute zu prüfen. Dies ist das EU-Gesetz, das europäische Firmen vor den Folgen von Sanktionen schützen soll, denen sich die EU nicht angeschlossen hat. Außerdem will sich Brüssel enger mit anderen Wirtschaftsmächten bei Sanktionen abstimmen. Brisant ist die Idee, die Verwundbarkeit gegenüber solchen Strafmaßnahmen bei der Genehmigung von Übernahmen einfließen zu lassen: Will ein US-Konzern eine wichtige europäische Firma kaufen, könnten die Kommission oder nationale Aufsichtsbehörden untersuchen, ob der Erwerb dazu führen würde, dass sich das EU-Unternehmen danach eher an einseitig verhängte amerikanische Sanktionen gebunden fühlt - was aus Brüsseler Sicht nicht wünschenswert wäre.

Daneben liefert der Aktionsplan zahlreiche Vorschläge zur Stärkung des Euro. Dies soll Europa weniger abhängig vom Dollar und der amerikanischen Finanzbranche machen. Hier bleibt viel zu tun: Eine Untersuchung der Europäischen Zentralbank zeigt, dass die globale Bedeutung des Euro zuletzt auf historischen Tiefständen verharrte. Die Kommission will nun unter anderem in Nachbarregionen dafür werben, internationale Handelsgeschäfte öfter in Euro abzuwickeln. Die Behörde betont auch, wie wichtig es wäre, dass die Mitgliedstaaten bei der Bankenunion und der Kapitalmarktunion vorankämen - also den ebenso ehrgeizigen wie zähen Vorhaben, in der EU einen einheitlichen, hürdenlosen Markt für Bank- und Börsengeschäfte zu schaffen. Dass Europas größter Finanzplatz London nicht mehr zur EU gehöre, mache dies noch drängender.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber begrüßt die Ziele der Kommission. Allerdings klagt der wirtschaftspolitische Sprecher der europäischen Christdemokraten über "einen blinden Fleck" in der Strategie: "Damit Anleger Vertrauen in die Stärke des Euro haben, müssen wir uns der erdrückenden Staatsverschuldung in der EU widmen."

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