dm:Mensch Christoph

Christoph Werner, DM Drogerie, 2017

Eines von sieben Kindern von Götz Werner: Christoph, 46, experimentierfreudig, unkonventionell und seit Kurzem der neue dm-Chef.

(Foto: Matthias Ferdinand Döring)

Der Sohn des dm-Gründers Götz Werner ist im September überraschend Chef der Drogeriekette geworden. Nun sagt er, was er mit dem Unternehmen vorhat.

Von Michael Kläsgen

Da kommt einiges Neues zusammen bei dm in diesen Tagen. Christoph Werner, 46, ist seit September der neue Chef der Drogeriemarktkette, die sein Vater gründete. Am Donnerstag gab er erstmals die Geschäftszahlen des vergangenen Jahres bekannt, und zwar im Dialogicum, der neu gebauten Zentrale von dm in Karlsruhe. Das Dialogicum steht für Offenheit, Dialogbereitschaft und flache Hierarchien - Eigenschaften, die Christoph Werner schätzt.

Werner räumt ganz offen ein, dass sein plötzlicher Aufstieg im September vom Mitverantwortlichen für Einkauf und Marketing zum Chef des Konzerns auch für ihn überraschend kam. Plötzlich poppte eine Ad-hoc-Meldung des börsennotierten Baumarkts Hornbach auf, aus der sich ergab, dass der bisherige dm-Chef Erich Harsch an die Spitze von Hornbach wechselt. Harsch seinerseits gibt zu, dass er mit der Entscheidung wohl alle bei dm überrascht hat. Aber für ihn sei es die vielleicht letzte Möglichkeit gewesen, noch einmal etwas Neues zu machen, nach 38 Jahren bei dm.

Krach zwischen Werner und Harsch habe es nicht gegeben, sagen beide. Die Frage, die dm umtreibt, sei vielmehr, so Werner, wie man sich richtig auf das sich immer schneller verändernde Kaufverhalten der Menschen einstellt. Dm wächst zwar weiter, aber nicht mehr so schnell wie früher und langsamer etwa als die Konkurrenz Rossmann. Aber immerhin: In Deutschland stieg der Umsatz auf knapp 8,4 Milliarden Euro, inklusive der Märkte in anderen europäischen Ländern auf 11,2 Milliarden Euro. "Nach der Sonderkonjunktur in der Folge der Schlecker-Pleite nähern wir uns jetzt der Normalität an", sagt Werner.

Vorbereitung auf den Tag X

Normal muss aber nicht langweilig bedeuten. Werner hat schon als Einkaufschef zahlreiche unbekannte Start-up-Marken ins Regal geholt, die junge Kundschaft anziehen und höhere Umsätze generieren sollen. Die Produkte der Langhaarmädchen beispielsweise oder Artikel von Share. Kritiker werfen ihm vor, das ginge zu Lasten etablierter Marken, die dm-treuen Kunden gefallen. Aber Werner lässt das nicht gelten, sondern zeigt sich fest davon überzeugt, dass dm innovativ bleiben muss. "Innovation und Regeneration", sind zwei Stichworte, die er verwendet. Regeneration heißt: Dm eröffnet zwar weiter neue Filialen, viele werden aber auch "nur" erneuert. Umbau klingt arg nach Portfoliomanagement, ist aber auch Teil der neuen, etwas langweiligeren Normalität. Im vergangenen Geschäftsjahr hat dm 73 Märkte neu- und wiedereröffnet und 114 umgebaut.

Weil sich der Handel so rasch verändert, treibt Werner das Online-Geschäft voran, obwohl es nur einen minimalen Anteil vom Umsatz ausmacht, also von den Kunden gar nicht so stark nachgefragt wird. "Wir experimentieren viel." Dm will vorbereitet sein auf den Tag X, an dem der Onlinehandel so wichtig sein wird wie der Verkauf im stationären Geschäft. Keiner weiß, wann und ob dieser Tag jemals kommen wird, aber nach den Worten des neuen Chefs lautet die einzig mögliche Antwort auf die Ungewissheit: "Wir wollen vorbereitet sein."

Werner krempelt vieles um bei dm. Der anthroposophische Ansatz, den sein Vater Götz so hoch hielt, oder auch das Thema Grundeinkommen spielen bei ihm keine so große Rolle. Es ist ja sicher auch nicht so einfach "Sohn von" zu sein oder genauer: eines von sieben Kindern, die "normal" aufwachsen und ihr Ding machen sollten. Sohn Christoph ging auf die Waldorfschule, dann zur Bundeswehr und später zu L'Oréal und GlaxoSmithKline. Er sagt, man sei ja zunächst einmal "Mensch". Menschlich nahbar ist Werner auch als Chef geblieben - so wie andere bei dm auch. Das zeichnet den Konzern im Vergleich zu anderen Unternehmen aus. An dem Tag, an dem so vieles neu war, ist insofern alles beim Alten geblieben.

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