Disney:Wenn der Zauber verfliegt

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Vor zehn Jahren begann der Abstieg des Disney-Konzerns. Zudem gibt Probleme mit dem Management.

Von Antonie Bauer

So ändern sich die Zeiten. 1997 noch, vor knapp sieben Jahren also, war bei Comcast das Geld so knapp, dass Vorstandschef Ralph Roberts froh war, als Microsoft auf seine Anregung hin mit zehn Prozent einstieg.

Währenddessen kaufte der stolze Disney-Konzern im selben Jahr die Mediengruppe Capital Cities/ABC. Doch seither ist es bei dem Kabelbetreiber ständig aufwärts gegangen, während beim Medienriesen die Probleme zutage traten, die ihn heute zum Übernahmekandidaten machen. Der Beginn von Disneys Abstieg lässt sich nur schwer festmachen.

Anfang vom Ende

Nach außen hin stand der Konzern noch 2000 glänzend da; die Aktie war damals auf ihrem Höhepunkt, die Börse bewertete den Konzern mit 90 Milliarden Dollar.

Doch schon damals war der Gewinn gegenüber 1997 um 30 Prozent gesunken. Viele sehen den Anfang vom Ende sogar im Jahr 1994. Damals starb Präsident Frank Wells, der ruhende Gegenpol zum oft schwierigen und selbstherrlichen Konzernboss Michael Eisner.

Schon von da an, sagen etwa die prominentesten Eisner-Kritiker Roy Disney und Stanley Gold, habe das Unternehmen schlecht ausgesehen. Kurz darauf verlor Disney einen zweiten wichtigen Mitarbeiter: Jeffrey Katzenberg verließ enttäuscht das Unternehmen, als er bei der Nachfolge von Wells übergangen wurde. Der Aderlass traf die Firma schwer.

Wer wird Millionär?

Der Kauf von ABC hat sich bislang auch nicht als sonderlich glücklich erwiesen. Zwar rundete der Sender das Portfolio des zweitgrößten Medienkonzerns ab, doch haben die Disney-Oberen bei der Führung der Gruppe wenig Geschick bewiesen. Kurzfristig feierte ABC strahlende Erfolge mit der Quizsendung "Wer möchte Millionär werden".

Mehr fiel Disneys Leuten nicht ein; Sie melkten die Millionärsshow so lange, bis auch der letzte Zuschauer abgewandert war. Zeitweise lief sie viermal wöchentlich; kurz darauf musste ABC sie absetzen. Es spricht für die Ratlosigkeit der Fernsehbosse, dass sie die Sendung Ende Februar wieder aufleben lassen wollen. Die einstige Nummer eins unter den Fernsehnetzen kämpft mit Verlusten und schlechten Quoten.

ABCs Bilanz bei Serien, den Stützen der amerikanischen Fernsehprogramme, ist miserabel, es hat seit Jahren in der Kategorie Drama keinen Erfolg produziert. Bei den Komödien gab es einen einzigen: Eight simple rules for dating my teenage daughter. Die Sitcom schlug trotz schlechter Kritiken und wenig lustiger Drehbücher ein, vor allem dank ihres Hauptdarstellers John Ritter. Für Disney war es ein schwerer Schlag, als Ritter im Herbst starb. Die Serie läuft trotzdem weiter - viele Alternativen hatte ABC wohl nicht.

Schwächen und Pech

Auch bei den Vergnügungsparks kommen Managementschwächen und Pech zusammen. Die Parks kämpfen vor allem seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 mit sinkenden Besucherzahlen. Insgesamt hatten die Terroristen das "magische Königreich" schlimmer getroffen als andere Medienkonzerne - schon 2001 kursierten die Spekulationen, Disney könnte zum Übernahmekandidaten werden.

Ein wenig haben sich Gewinne und Aktie in jüngerer Zeit allerdings erholt. Die neuen Ergebnisse stehen zwar noch aus, doch zumindest im Herbst konnte Eisner Zuwächse präsentieren. Der Fernseh-Werbemarkt hatte sich gefangen, die Buchungen für die Vergnügungsparks waren gestiegen, die Filmsparte feierte im vergangenen Jahr, unter anderem mit Piraten der Karibik, sogar große Erfolge.

Doch ausgerechnet sie hat in letzter Zeit für negative Schlagzeilen gesorgt. Die Allianz mit Pixar, dem Studio für computer-animierte Zeichentrickfilme, dürfte endgültig gescheitert sein. Das ist schlecht für Disney, ein Unternehmen das mit seinen Cartoons groß geworden ist, dessen Zeichentrickfilme heutzutage aber nur noch gelegentlich den Geschmack des Publikums treffen. Treasure Planet etwa war ein gigantischer Flop. Die Kooperation mit Pixar hingegen sorgte für einen stetigen Strom von Erfolgen.

Der Neffe warnte

Kritiker geben Michael Eisner einen guten Teil der Schuld daran, dass das Bündnis geplatzt ist: Er hatte Pixar und dessen nicht ganz einfachen Chef, Apple-Gründer Steve Jobs nicht pfleglich genug behandelt. Davor hatte Gründerneffe Roy, der bis zu seinem Rücktritt im Herbst Chef der Zeichentricksparte war, oft genug gewarnt.

Roy Disneys Einsatz für die Absetzung Eisners und einen weniger willfährigen Aufsichtsrat galt bislang als ziemlich aussichtslos. Sollte sich Comcast durchsetzen, könnte er ganz unverhofft seine Ziele doch noch erreichen.

© SZ v. 12.2.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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