Diskussion um Brennelemente-Steuer:Drohgebärden der Strombosse

Die Atomkonzerne wehren sich mit allen Mitteln gegen eine Brennelemente-Steuer - doch Kanzlerin Merkel bleibt hart.

Nico Fried und Markus Balser

Die Atomwirtschaft will die Einführung der Brennelemente-Steuer kippen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung drängten die Chefs der Kernkraftwerksbetreiber Eon, RWE, Vattenfall und EnBW bei einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch darauf, den größten Posten des deutschen Sparprogramms zugunsten einer Fondslösung zu streichen. Gelinge dies nicht, drohe nach wie vor eine Klage, hieß es weiter. Die Steuer stehe auf einer unsicheren juristischen Basis. In den Chefetagen der Konzerne wächst derweil die Sorge, dass es um mehr geht als die bislang veranschlagten 2,3 Milliarden Euro pro Jahr. Die Regierung rechne selbst mit einer Belastung der Konzerne von mindestens 2,5 Milliarden jährlich, sie will an der Abgabe festhalten.

Revision im Atomkraftwerk Grafenrheinfeld

Die Energieversorger stehen auf dem Standpunkt, dass die Erhebung einer Brennelemente-Steuer, wie sie die schwarz-gelbe Bundesregierung in ihrem Sparpaket plant, gegen die Vereinbarungen zum Atomausstieg verstoße.

(Foto: dpa)

Die Strombosse Johannes Teyssen, Jürgen Großmann, Tuomo Hatakka und Hans-Peter Villis waren am Nachmittag im Kanzleramt mit Merkel zusammengekommen. Ein Regierungssprecher sprach im Anschluss von einem umfassenden Meinungsaustausch, bei dem strittige Fragen erörtert worden seien. Ein RWE-Sprecher erklärte, es seien Meinungsunterschiede angesprochen worden. Aus Teilnehmerkreisen hieß es, die Fronten seien nach wie vor verhärtet. Es müsse weitere Gespräche geben. An dem Treffen nahmen die zuständigen Minister der Bundesregierung nicht teil. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und der für die Atomreaktoren zuständige Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sind bei mehreren Fragen der Atom- und Energiepolitik verschiedener Meinung.

Die Energieversorger stehen auf dem Standpunkt, dass die Erhebung einer Brennelemente-Steuer, wie sie die schwarz-gelbe Bundesregierung in ihrem Sparpaket plant, gegen die Vereinbarungen zum Atomausstieg verstoße, den die Energiewirtschaft 2001 noch zu rot-grünen Zeiten mit der Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder vereinbart hat. Vattenfall-Chef Hatakka sagte am Mittwoch, in der Vereinbarung sei festgehalten worden, "dass es keine zusätzlichen Belastungen in Form von Steuern für Atomkraftwerke geben wird". Hatakka hielt der Regierung vor, sie wolle diese Regelung nun einseitig aufheben. "Wenn es dabei bleibt, müsste geprüft werden, ob das juristisch haltbar ist", sagte Hatakka der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte noch vor dem Treffen, die Bundesregierung habe die Voraussetzungen für die Erhebung einer Brennelemente-Steuer sorgfältig geprüft und könne die Argumente der Unternehmen ,,aus rechtlicher Sicht nicht teilen''.

Die Energieversorger werben in der Bundesregierung dafür, die Zusatzgewinne aus einer Laufzeitverlängerung in einen Fonds einzuzahlen. Der solle der Erforschung von Öko-Energien dienen. Das Geld soll aber nur fließen, wenn der Atomausstieg tatsächlich revidiert wird. "Wir werden nur zahlen, wenn die Regierung uns eine Laufzeitverlängerung garantiert", heißt es aus der Chefetage eines Stromkonzerns. Es geht um viel Geld: Die Zusatzprofite der vier Unternehmen würden nach einer Analyse der Landesbank Baden-Württemberg bereits bei zehn Jahren mehr als 44 Milliarden Euro betragen. Bei 15 Jahren wären es 70 Milliarden Euro. Die Steuer ist den Konzernen dennoch zuwider, weil Merkel sie nicht an eine Laufzeitverlängerung koppeln will. Zudem wird sie bereits von 2011 an in voller Höhe fällig, während die Zusatzgewinne aus einem Laufzeit-Plus nur allmählich ansteigen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte am Mittwoch, die geplante Atomsteuer zur Sanierung der maroden Atommülllager Asse und Morsleben zu verwenden. "Die Atomkonzerne haben dort jahrzehntelang unverantwortliche Billig-Entsorgung betrieben", sagte er. Grünen- Fraktionsvize Bärbel Höhn hält die Abgabe noch für zu niedrig. "Auch inklusive der Steuer erzielen die Konzerne mit Atomstrom immer noch Margen zwischen 100 und 400 Prozent", sagte sie.

Derweil droht der Regierung handfester Streit mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft. Sie fürchten wegen der Steuer steigende Energiepreise. Höhere Steuern gefährdeten die Branchen, die den Aufschwung tragen sollten, warnte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf, in Berlin und kündigte Widerstand an. "Wir werden Tacheles mit der Regierung reden."

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