Diskrete Verhandlungen:"Habemus papamobile"

Braucht der Papst aus Deutschland ein Auto aus Deutschland? Ja, wenn es nach der deutschen Autoindustrie geht. Von Mercedes über BMW und Audi bis hin zu Volkswagen - all diese Hersteller umwerben die Entscheider im Vatikanstaat eifrig.

Michael Kuntz

Seit der Bayer Joseph Kardinal Ratzinger als Benedikt XVI. der katholischen Kirche vorsteht, umwirbt die deutsche Autoindustrie die Entscheider im Vatikanstaat. "Habemus papamobile" - dieser Ruf könnte das Ende der Verhandlungen signalisieren, die derzeit diskret geführt werden.

Diskrete Verhandlungen: Ein Papamobil, wie es in Köln zum Einsatz kommt.

Ein Papamobil, wie es in Köln zum Einsatz kommt.

(Foto: Foto: dpa)

Aus der Branche ist zu hören, dass sich - mit Ausnahme von Porsche - sämtliche deutschen Produzenten so genannter Premiumautos Hoffnungen machen. Von Mercedes über BMW und Audi bis hin zu Volkswagen - alle wollen das nächste Papamobil herstellen.

Von Volkswagen kam der Golf, den Kardinal Ratzinger vor seiner Wahl zum Papst besaß und der im Internet bei Ebay für 188.939 Euro versteigert worden ist.

VW stellt 100 Fahrzeuge in Köln

Der Volkswagen-Konzern stellt auch hundert Fahrzeuge, wenn Papst Benedikt XVI. vom kommenden Donnerstag bis Sonntag anlässlich des Weltjugendtages Köln und Umgebung bereist. Immerhin begleiten 600 Bischöfe und 3000 Priester den neuen Papst durch das Rheinland.

Die VIP-Volkswagen beim Jugendtag gelten Branchenkennern durchaus als Indiz für das Interesse des größten deutschen Autokonzerns an der imageträchtigen Ausrüstung des päpstlichen Fuhrparks. Es handele sich jedoch keineswegs um eine Vorentscheidung dafür, dass ein neues Papamobil auf Basis eines Geländewagens unbedingt in einem VW-Werk gebaut werden muss.

Halbnackte Figur auf dem Kühler

Fachleute für die Symbolik von Autonamen haben vorsorglich gefragt, ob es politisch korrekt wäre, wenn der Papst ein nach den nomadischen Wüstenbewohnern benanntes Geländeauto "Touareg" fahren würde. Man weiß nie: Papst Pius XI. ließ 1929 die Kühlerfigur seines Rolls-Royce, die halbnackte Emily, durch die Vatikan-Fahne austauschen.

Papamobile gibt es seit 1979, als Papst Johannes Paul II. die erste Reise in sein Heimatland Polen antrat. Der polnische Episkopat erteilte der Firma Star in Starachowice den Auftrag für zwei Karosserien auf Basis des Star-Lastkraftwagens.

Die Polen bauten extragroße Kühler ein und veränderten die Gangschaltung so, dass sich ohne Überhitzung die pilgerfreundliche Dauergeschwindigkeit von sechs Stundenkilometern fahren ließ. Ein Baldachin schützte den Papst und neun Begleitpersonen. Glasscheiben gab es keine auf dem klobigen Gefährt.

"Habemus papamobile"

Nach dem Attentat von 1981 fuhr der Papst wuchtige Geländewagen mit aufgesetzter Sicherheitszelle aus Panzerglas. Beim England-Besuch 1982 benutzte er einen umgebauten Land Rover.

Seit 2002 besitzt der Papst ein perlmuttfarbenes Sondermodell von Mercedes. Der umgebaute Geländewagen vom Typ ML 430 ersetzte eine in die Jahre gekommene G-Klasse, die der Papst bereits 1980 von Mercedes geschenkt bekommen hatte. Die schussfeste Kabine ist klimatisiert und bietet zwei Begleitern Platz. In der pontifikalen Garage stehen mehrere identische Papamobile bereit, meist ist mindestens eines auf Reisen.

Handarbeit

Grob geschätzt gibt es über 50 Papamobile verschiedener Hersteller. Ein Papamobil wird in Handarbeit gebaut. Auf dem Fahrgestell eines leistungsstarken Geländewagens wird die Panoramakanzel aus Panzerglas für den Papst-Thron montiert. Zusammen mit Schutzeinbauten im Karosseriebereich entsteht ein Fahrzeug schwer wie ein Lastwagen und mindestens so teuer wie ein Maybach - ab 420.000 Euro.

Wirtschaftlich gesehen ist die aufwändige Produktion von Papamobilen in kleinster Serie kein Geschäft, selbst wenn ein Kaufpreis gezahlt wird. Das ist keineswegs sicher und wohl nur bei Kleinserien zu erwarten. Oft schon wurden dem Papst Autos geschenkt, zum Beispiel bei Reisen von einem Hersteller im Gastland oder aus anderem Anlass.

So erhielt Papst Johannes Paul II. im vergangenen Herbst von der Fiat-Tochter Ferrari die Sonderausgabe eines Formel-1-Rennwagens im klassischen Rot. Fiat-Chef Luca Cordero di Montezemolo begründete seine Geschenkidee damit, Johannes Paul II. habe mit der dynamischen Kraft seines Pontifikats die Geschichte beschleunigt.

Investition in das Image

Die Herstellung eines Papamobils wäre also weniger ein gewöhnlicher Geschäftsvorfall sondern mehr eine Investition in das Image der Marke des Autoherstellers. Und die zweifellos große Wirkung will gut bedacht sein.

So ist BMW als Hersteller sportlicher Luxusfahrzeuge angeblich nicht ganz ernsthaft an einem über den Petersplatz schleichenden Geländewagen X5 in der Papst-Version interessiert.

Doch das bayerische Unternehmen könnte ja beim Alltagsfuhrpark im Vatikanstaat zum Zuge kommen. Hier gibt es derzeit einen hohen Anteil von Limousinen aus amerikanischer Produktion. Das kommt nicht von ungefähr. Edmund Casimir Kardinal Szoka ist Präsident des Governatorato des Vatikanstaats und damit auch der oberste Manager des päpstlichen Fuhrparks. Er war früher Erzbischof von Detroit, dem Zentrum der amerikanischen Autoindustrie.

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