Discounter:Wettlauf um den Platz hinter Aldi und Lidl

Der Billiganbieter Penny will an die Marktführer aufschließen, doch bei der Zusammenstellung seines Sortiments hat der Discounter derzeit keine glückliche Hand.

Stefan Weber

Für Funkschalter, die das Unternehmen im Frühjahr in seinen etwa 2000 Filialen angeboten hatte, gibt es in diesen Tagen einen Rückruf - wegen "möglicher Brandgefahr", wie Penny mitteilt.

Discounter: Aldi und Lidl führen führen die Liste der erfolgreichsten Discounter an, der Mitbewerber Penny möchte Plus kaufen, um aufzuholen.

Aldi und Lidl führen führen die Liste der erfolgreichsten Discounter an, der Mitbewerber Penny möchte Plus kaufen, um aufzuholen.

(Foto: Foto: dpa)

Und gegen den Verkauf der Kinder-Unfallversicherungen, die die Rewe-Tochter in der nächsten Woche starten will, läuft der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) Sturm. Die Offerte verstoße gegen das Versicherungsvermittlerrecht, wettert der BVK.

Solchen Ärger im Tagesgeschäft kann das Management von Penny verschmerzen. Denn das Thema, das derzeit obenan auf der Tagesordnung steht, ist von einem ganz anderen Kaliber.

Es geht um den Erwerb des Konkurrenten Plus, mit dem sich die Rewe-Tochter seit langem darüber streitet, wer von beiden die wahre Nummer drei unter den Billiganbietern hinter Aldi und Lidl ist. Die Discount-Tochter der Tengelmann-Gruppe steht seit einigen Wochen zum Verkauf und das Interesse ist groß.

Nach Informationen der Lebensmittel-Zeitung liefern sich vor allem Rewe (Penny) und Edeka (Netto) einen Bieterwettstreit um das Deutschland-Geschäft von Plus.

Kartellamt prüft

Es geht um viel. Plus erwirtschaftete zuletzt einen Umsatz von 9,3 Milliarden Euro. Allein in den 2800 deutschen Filialen summierten sich die Erlöse auf 6,7 Milliarden Euro. Ein solches Volumen stand im Lebensmittelhandel lange nicht zum Verkauf. Dass sich Rewe und Edeka brennend dafür interessieren, ist verständlich, denn mit einem Kauf böte sich beiden die Chance, dem Branchenzweiten Lidl näher zu rücken.

Sollte einer von beiden den Zuschlag erhalten, so rechnen Marktbeobachter allerdings mit erheblichen kartellrechtlichen Problemen. "Gut möglich, dass die Kaufverträge schon im Oktober unterschrieben sind.

Aber die Wettbewerbsbehörde wird den Vorgang sicherlich mehrere Monate prüfen und Auflagen formulieren", heißt es in der Branche. Es sei nicht auszuschließen, dass sich der Erwerber dann von einem Großteil der Standorte trennen müsse, weil in einzelnen Regionen eine marktbeherrschende Position erreicht werde.

Wettbewerbsrechtliche Überlegungen sind offensichtlich auch der Grund dafür, dass Tengelmann zunächst mit einer qualifizierten Minderheit an der Discountkette beteiligt bleiben will. Beobachter sind jedoch überzeugt, dass sich das Mülheimer Familienunternehmen auf Sicht komplett bei Plus zurückzieht. Dieser Schritt kommt überraschend.

Denn es ist gerade elf Monate her, dass Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub von einem "Superjahr" für Plus sprach und ehrgeizige Expansionspläne formulierte. Doch schon bald darauf verkaufte der Discounter sein Spanien-Geschäft. Und Ende Mai verließ der langjährige Chef Michael Hürter das Unternehmen.

Er wollte die in vielen Fällen umsatz- und margenschwachen Filialen im großen Stil umbauen lassen und auch im Sortiment neue Schwerpunkte setzen. Die Märkte sollten nicht mehr vornehmlich als Billig-Anbieter wahrgenommen werden, sondern in einer Liga mit Supermärkten spielen.

Discounter mit Wachstumschancen

Ein solches Wagnis wollten die Tengelmann-Eigentümer jedoch nicht eingehen. Seit kurzem wirbt Plus wieder vornehmlich mit "Wahnsinnspreisen".

Dennoch zeichnet sich ab, dass Plus, Penny und andere Billiganbieter mit dem Wachstum der Branchenführer Aldi und Lidl in diesem Jahr erneut nicht Schritt halten können. Nach Angaben von Marktforschern haben zuletzt vor allem die Discount-Töchter von Tengelmann und Rewe weiter an Boden verloren.

Der Discountbereich insgesamt bietet nach Einschätzung des Marktforschungsunternehmens GfK weitere Wachstumschancen. Allerdings wird die Luft für Aldi, Lidl &Co angesichts eines schon erreichten Marktanteils von 42 Prozent dünner. Deshalb versuchen sie mit einer immer größeren Auswahl von Frischeprodukten und wechselnden Nonfood-Angeboten Kunden in die Läden zu locken.

Aber vor allem das Geschäft mit nicht Essbarem birgt hohe Risiken. Die Produkte müssen sich rasch verkaufen, weil im Wochentakt neue Ware in die Regale drängt. Nicht jeder Aktionsartikel findet jedoch reißenden Absatz. Und es wird immer schwieriger, Neuheiten zu präsentieren.

So flüchten sich die Anbieter in immer schmalere Nischen - etwa, in dem sie Angler- und Reiterbedarf anbieten. Oder wie Plus in dieser Woche einen Rollator sowie klappbare Gehstöcke im Sortiment führen. Weil auch diese Waren nicht immer stark begehrt sind, füllen sich die Läger der Billiganbieter mit unverkaufter Ware.

Das geringere Lagerrisiko ist auch einer der Gründe, weshalb die Discounter verstärkt Dienstleistungen favorisieren - etwa indem sie Mobilfunk-Tarife verkaufen und Reisen anbieten. Oder - wie Penny auch Versicherungen.

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