Discounter: Kritik an Zulieferer:Schuften für 42 Euro im Monat

Sie stellen Kleider für Aldi, Lidl und Wal-Mart her - doch die Beschäftigten in den asiatischen Zuliefererbetrieben können von ihrem Lohn nicht leben.

D. Esslinger

Wer in Entwicklungsländern Kleider für Discounter aus den reichen Ländern schneidert, muss 60 bis 90 Stunden pro Woche arbeiten und bekommt einen Lohn, der kaum zum Leben reicht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die die internationale "Kampagne für saubere Kleidung" jetzt vorstellte. Die Autoren befragten 440 Beschäftigte aus 30 Betrieben in Bangladesch, Indien, Sri Lanka und Thailand. Sie stellen Textilien für die deutschen Discounter Aldi und Lidl sowie Wal-Mart (USA), Tesco (Großbritannien) und Carrefour (Frankreich) her.

Discounter: Kritik an Zulieferer: Ein Arbeiter in Indien verdient mitunter nur 42 Euro im Monat, wenn er Kleider für Discounter herstellt - das Existenzminimum liegt bei 80 Euro.

Ein Arbeiter in Indien verdient mitunter nur 42 Euro im Monat, wenn er Kleider für Discounter herstellt - das Existenzminimum liegt bei 80 Euro.

(Foto: Foto: dpa)

Der Untersuchung zufolge kann ein Arbeiter in der indischen Stadt Bangalore mit einem Monatslohn von umgerechnet 42 Euro rechnen, obwohl das Existenzminimum für eine fünfköpfige Familie bei 80 Euro liegt. In Bangladesch brachte ein Arbeiter 25 bis 30 Euro nach Hause, das Existenzminimum beträgt 48 Euro. Fast alle Befragten gaben an, dass unbezahlte Überstunden gang und gäbe sind.

Ein Schneider, der in der südindischen Stadt Tirupur für Wal-Mart arbeitet, sagte: "Anderthalbfache Schichten sind normal." Die Überstunden kommen zustande, indem den Arbeitern Produktionsziele vorgegeben werden, die in der vorgesehenen Arbeitszeit nicht zu schaffen sind.

Verhandlungen bis zur letzten Minute

Die Zustände in den Textilfabriken sind damit noch schlimmer als in anderen Branchen. In der vergangenen Woche hatte das Siegburger Südwind-Institut eine Untersuchung über chinesische Fabriken vorgelegt, die Elektronikgeräte, Haushaltswaren und Kosmetika für Aldi herstellen. Dort wurde zwar auch bis zu 90 Stunden pro Woche gearbeitet, die Überstunden wurden aber wenigstens bezahlt.

Das Südwind-Institut arbeitet auch in der "Kampagne für saubere Kleidung mit", der weltweit 250 Gewerkschaften und private Organisationen angehören; aus Deutschland sind unter anderem die Gewerkschaften Verdi und IG Metall sowie die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung dabei.

Die Autoren der Studie machen die Einkaufspraxis der Discounter für die Zustände verantwortlich. Die Discounter seien oft die größten Abnehmer einer Fabrik und hätten sie auf diese Weise in der Hand. Sie zögerten Verhandlungen oft bis in die letzte Minute hinaus und setzten dann ein unumstößliches Lieferdatum zu niedrigen Preisen fest. Damit werde es den Fabrikanten unmöglich gemacht, faire Arbeitszeiten zu garantieren.

Die Untersuchung zitierte einen früheren Einkäufer der französischen Carrefour-Kette: "Wir wurden angewiesen, so gute Konditionen wie nur möglich durchzusetzen und dann die Annahme der Lieferung mit Verweis auf Qualitätsmängel zu verweigern. Das erlaubte es uns, fünf Franc zu bezahlen" - obwohl die Ware 15 Franc wert gewesen sei. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Discounter solchen Fabriken den Vorzug geben, deren Betreiber entweder verzweifelter oder skrupelloser als andere sind.

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