Digitalisierung:Irgendetwas mit IT

Bits & Pretzels Founders Festival In Munich - Day 1

Die Gründer der Bits & Pretzels Andreas Bruckschlögl, Felix Haas und Bernd Storm van's Gravesande eröffnen die Messe mit Barack Obama.

(Foto: Hannes Magerstaedt/Getty Images)

Die Digitalisierung spielt bei vielen Veranstaltungen eine große Rolle. Doch um erfolgreich zu sein, braucht es einen speziellen Ansatz.

Von Marcel Grzanna

Und schon wieder ist sie ein Stück gewachsen. Die jüngste Ausgabe der Digital Marketing Expo & Conference, kurz: DMEXCO, verzeichnete Mitte September so viele Aussteller wie noch nie in ihrer zehnjährigen Geschichte. 980 waren es dieses Jahr, mehr als dreimal so viele wie bei der Premiere 2009. Auf 100 000 Quadratmetern mit neun Bühnen, 600 Rednern, die Mehrzahl aus dem Ausland, dazu 150 Seminare und mehr als 40 000 Besuchern hat sich die Digitalkonferenz in den Messehallen in Köln-Deutz zu einem relevanten Termin im Kalender der internationalen Digitalwirtschaft gemausert.

Die Messe Köln wird zufrieden sein mit diesen Zahlen. Sie profitiert auch vom Wissen und den Kontakten des Bundesverbandes der deutschen Digitalwirtschaft (BVDW), der als Träger der DMEXCO das Programm organisiert. Während Messen der alten Industriezweige mit den etablierten Veranstaltungen nur noch wenig Raum für Wachstum bieten, befindet sich der Messebetrieb der Digitalwirtschaft dagegen noch im Aufbau. Viele Technologien wie 5G oder künstliche Intelligenz stehen erst am Anfang.

Veranstaltungen zu diesem Themenkomplex schießen seit einer Weile wie Pilze aus dem Boden. Nicht immer ist dabei klar, wann eine Veranstaltung als Digitalmesse durchgeht. Jede Maschinenbau-messe bietet den Besuchern heutzutage digitale Erlebnisse, deswegen gelten sie aber noch nicht im eigentlichen Sinne auch als Digitalmessen. "Die Abgrenzung der Messetypen ist schwierig", sagt Harald Kötter vom Verband der Deutschen Messewirtschaft Auma. "Es gibt viele Kongresse zu digitalen Themen, die dann einen kleinen Messeteil mit zehn oder zwanzig Ausstellern angeschlossen haben." Der Verband wertet etwa ein Dutzend Veranstaltungen in Deutschland als echte Digitalmessen.

Doch abseits der traditionellen Messegelände tut sich in Deutschland noch viel mehr in den vielen kleinen Nischen und Segmenten, in denen sich Gründer, Werber, Unternehmer und Entwickler aus allen Bereichen der Industrie zusammenfinden. Ausrichtern, denen es gelingt, Zeit und Aufmerksamkeit relevanter Unternehmen zu gewinnen, haben gute Chancen, sich als Fixpunkt der Branche zu etablieren. Beispiel Bits & Pretzels, eine Gründerkonferenz in München, die 2014 als Weißwurstfrühstück mit wenigen Dutzend Teilnehmern ins Leben gerufen wurde. Nur fünf Jahre später folgte so etwas wie der Ritterschlag: Ende September hielt der ehemalige US-Präsident Barack Obama die Eröffnungsrede.

In Hannover richtet sich eine neue Digitalmesse an den Mittelstand

Zu einem echten Topereignis haben sich auch die Online Marketing Rockstars (OMR) in Hamburg entwickelt. Was als kleine Konferenz zum digitalen Marketing seinen Anfang nahm, zog zuletzt im Mai dieses Jahres 50 000 Besucher an. Einer von ihnen war Christian Wehner, Experience Senior Manager beim Softwareunternehmen SAP. Wehner besucht jährlich etwa 30 Veranstaltungen in Europa als Gast oder auch als Redner. Er glaubt, dass sich die deutschen Veranstalter im internationalen Vergleich nicht verstecken müssen. "Es geht bei diesen Veranstaltungen zunehmend um Entertainment, um die Aufmerksamkeit der Branche auf sich zu ziehen. Die Ausrichter haben erkannt, dass eine Digitalmesse zu einer Plattform werden muss, die den potenziellen Besucher und Aussteller das ganze Jahr über mit Reports, Events oder Podcasts begleitet", sagt Wehner. Einmal Messe, immer Messe. Die OMR setze Maßstäbe, aber auch die DMEXCO bewege sich auf Augenhöhe. Veranstaltungen, die ihre Besucher fesseln und für Gesprächsstoff sorgen, können eine Eigendynamik entwickeln, die wiederum noch mehr Besucher und Aussteller anlockt. Für Experience-Manager Wehner entsteht genau in diesem Zusammenspiel die Wertigkeit eines Events. "Bei einer Messe geht es mir in erster Linie darum, Leuten zuzuhören, deren Meinungen Gewicht haben für die Entwicklung der Digitalisierung. Da lerne ich am meisten und kann diese Eindrücke in mein Unternehmen rückkoppeln", sagt der 32-Jährige. Wer eine erfolgreiche Messe im Bereich des weiten Feldes der Digitalisierung etablieren will, setzt besser auf ein konkretes Thema. Die Cebit in Hannover ist auch deshalb gescheitert, weil sie eine Querschnittsmesse war, die von allem ein bisschen bot. "Gerade Messen für IT-Spezialthemen wie Verwaltung oder Sicherheit sind deutlich gewachsen. Sie haben einen klaren Fokus, und die Besucher wissen, was sie erwartet", sagt Auma-Sprecher Kötter.

So befasst sich die it-sa der Messe Nürnberg seit einem Jahrzehnt mit IT-Sicherheit. Sie konkurriert mit der RSA Conference in San Francisco und der Infosecurity in London um die internationalen Spitzenplätze. Andere Standorte in Deutschland haben kürzlich begonnen, sich zu positionieren. Die Messe Berlin lädt Ende Oktober zur 2. Smart Country Convention. Sie will sich als führende Plattform für die Digitalisierung von Verwaltung und öffentlichen Dienstleistungen etablieren. Die Veranstalter hoffen, die Brücke zwischen Unternehmen, die die entsprechende Technologie zur Verfügung haben, auf der einen sowie Bund, Ländern und Kommunen auf der anderen Seite zu schlagen. Die Premierenveranstaltung im Vorjahr bewerteten die Organisatoren als Grundstein für die Entwicklung einer internationalen Leitmesse.

Auch in Hannover greift man das Thema Digitalisierung erneut auf. Nach dem Aus der Cebit findet im kommenden Jahr die Premiere der Twenty2X statt, die IT-Lösungen für den Mittelstand anbieten soll. Ob das Konzept funktioniert, stellt sich in der Regel erst nach der zweiten oder dritten Durchführung heraus. Für digitale Verhältnisse kann das schon eine Ewigkeit sein.

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