Süddeutsche Zeitung

Digitale Schädlinge:Kriegsführung im Cyberspace

Bislang gab es zwar noch keinen Cyberkrieg. Allerdings warnen Experten vor eingeschmuggelten "Bomben" in fremde Computer.

(SZ vom 2.10.2001) - Die Stadt ist ohne Strom. Bankautomaten spucken kein Geld mehr aus. Handys spielen verrückt. Terroristen greifen Deutschland mit Computer-Viren an. Das Szenario ist zwar erfunden, nach Meinung von Informatikern aber nicht unrealistisch.

"Die Kriegführung im Cyberspace treiben vor allem die US-Streitkräfte voran", sagt der Berliner Politologe Ralf Bendrath. Dies könne zu einem Rüstungswettlauf bei Computer-Viren führen. Bislang gab es zwar noch keinen Cyber-Krieg. Aber laut Bendrath "hackten" sich die Amerikaner während des Kosovo-Krieges 1999 in Computer der serbischen Flugabwehr ein, spielten ihr fiktive Feindflugzeuge auf die Radarschirme und lenkten so von den tatsächlichen Angriffen ab. Schon heute können "logische Bomben" in fremde Computer eingeschmuggelt und bei Bedarf gezündet werden, um Software zu zerstören. Mit eingeschleusten trojanischen Pferden lassen sich Rechner kontrollieren.

Nach einer Studie der Berliner Forschungsgruppe "Informationsgesellschaft und Sicherheitspolitik", die am Wochenende in Bremen vorgestellt wurde, forschen und trainieren 50 amerikanische Militärabteilungen für Angriffe auf Computersysteme anderer Staaten. Die Bundeswehr schicke ihre Mitarbeiter zur Schulung in Gefahrenabwehr in die USA. Wissenschaftler wie Bendrath warnen, dass die amerikanische Vorreiterrolle in eine globale Cyber-Rüstungsspirale mündet. "In fünf Jahren könnte der Cyber-Krieg Standard werden." Er setzt sich deshalb für ein internationales Abkommen über Rüstungskontrolle in diesem Bereich ein.

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