Digitale Makler:Keine Lust auf Horden

Start-ups bringen Vermieter und Mieter auf neue Weise zusammen - wer eine Chance will, muss seine Bewerbungsmappe pflegen.

Von Benedikt Müller

Auf dem Markt der Wohnungsvermittlung gibt es seit Juni eine ganz neue Zielgruppe: die des sparsamen Vermieters. Denn seitdem immer derjenige den Makler bezahlen muss, der ihn auch beauftragt hat, überlegen sich Vermieter genau, ob sie einen Wohnungsvermittler einschalten oder nicht. Die ersten Makler haben ihre Courtage schon gesenkt, um für Eigentümer attraktiv zu bleiben. Gleichzeitig sind Gründer auf den Markt getreten, die Immobilien komplett digital an den neuen Mieter bringen wollen. Eine Auswahl.

Wer eine Wohnung sucht, gibt bei der Plattform Moovin einmal seine Eckdaten an. Dann reicht jeweils ein Mausklick, um sich auf inserierte Objekte zu bewerben. Die Rechner des Hamburger Start-ups schlagen dem Vermieter passende Kandidaten vor. Bei Interesse kann der Eigentümer den Bewerber zu einer Einzelbesichtigung einladen. Die Terminabstimmung übernimmt Moovin - wie ein digitaler Makler. Getreu dem Bestellerprinzip trägt der Vermieter die Vermittlungskosten; wie hoch sie sind, hängt von den gewählten Dienstleistungen, aber nicht von der jeweiligen Miete ab. Die Paketpreise liegen zwischen knapp 200 und knapp 500 Euro.

"Wie Online-Dating, nur mit Immobilien": So beschreibt der Faceyourbase-Gründer Christian Dau das Geschäftsmodell des Münchner Start-ups. Wohnungssuchende können sich mit ihrem bestehenden Facebook-Profil bei dem Portal anmelden oder ein neues Profil erstellen. Wer mit einem Foto auf sich aufmerksam machen will, zahlt extra. Bei Faceyourbase entscheidet der Vermieter anhand subjektiver Kriterien, wem er den Zuschlag gibt. Die Plattform ist für Wohnungseigentümer kostenlos, bietet aber Zusatzdienste an, beispielsweise die Organisation von Besichtigungen. Der Mieter zahlt ein Erfolgshonorar, wenn er dank Faceyourbase die Zusage für die Wohnung erhält. Diese Regelung stößt auf Kritik, weil juristisch unklar ist, wer bei Portalen wie Faceyourbase der Auftraggeber ist. Getreu dem Bestellerprinzip muss in der Regel der Vermieter für die Wohnungsvermittlung zahlen.

Das Konkurrenz-Portal Mietercasting ist die digitale Variante zum Wohnungsgesuch. Bei dem Rosenheimer Start-up stellen Bewerber ihre persönliche Daten in einem Profil zusammen. Ein Algorithmus rechnet aus, welche Kandidaten zu welchem Objekt passen könnten. Der Vermieter erfährt zunächst nur anonym das Nötigste von seinem Mietinteressenten, kann den Bewerber aber bitten, dessen gesamtes Profil einsehen zu dürfen. Dem kann der Kandidat zustimmen, wenn ihn die angebotene Wohnung interessiert. Mietercasting richtet sich explizit an Eigentümer, die "keine Lust auf eine Flut unpassender Bewerber" haben oder auf Besichtigungen, bei denen "Horden von Bewerbern durch ihr Mietobjekt trampeln".

"Wer bietet mehr?" lautet das Prinzip des Berliner Start-ups Smmove. Wohnungssuchende geben auf der Plattform an, wie viel sie für angebotene Objekte zu zahlen bereit wären; für sie ist Smmove kostenlos. Der Vermieter kann aus allen Geboten wählen. Dabei muss er sich nicht für den Höchstbietenden entscheiden, er kann seine Wahl auch von anderen Kriterien in der digitalen Bewerbungsmappe abhängig machen. Wird der Wohnungseigentümer bei dem Portal fündig, bezahlt er ein Viertel der monatlichen Kaltmiete als Honorar. Der Preis ist eine Kampfansage an die Makler und deren übliche Courtagen.

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