Süddeutsche Zeitung

Dieselsteuer:Unterstützung für Müller

Eine höhere Dieselsteuer findet immer mehr Freunde. Auch der Bundesrechnungshof stellt jetzt die niedrigere Besteuerung des Kraftstoffes infrage und sehen Handlungsbedarf.

Nach Volkswagen-Chef Matthias Müller stellt nun auch der Bundesrechnungshof die niedrige Besteuerung von Diesel-Kraftstoffen infrage. Die Rechnungsprüfer sehen Handlungsbedarf. Unter "finanzwirtschaftlichen, steuersystematischen, ökologischen und gesundheitspolitischen Gesichtspunkten" sei zu überlegen, ob die Besteuerung auf den Prüfstand gehöre, schreiben sie in einem am Dienstag in Berlin vorgestellten Bericht.

Durch die im Verhältnis zum Benzin geringere Besteuerung seien dem Fiskus 2015 Einnahmen in Höhe von acht Milliarden Euro bei der Energiesteuer sowie 1,5 Milliarden Euro bei der Umsatzsteuer entgangen, schreibt die Behörde. Dabei haben die Rechnungsprüfer allerdings die höhere KfZ-Steuer für Diesel-Pkw nicht gegengerechnet. Diese beträgt pro Jahr etwa 1,8 Milliarden Euro, das macht unter dem Strich ein Minus von knapp acht Milliarden Euro.

VW-Konzernchef Matthias Müller hatte am Wochenende eine stärkere Besteuerung von Dieselsprit und die Einführung von Umweltplaketten ins Spiel gebracht. Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU) erklärte daraufhin, er sehe keinen Anlass, etwas an der Besteuerung zu ändern. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Bundesregierung habe dazu aktuell "keine Pläne". Das Bundesfinanzministerium hält dem Rechnungshof zufolge eine Änderung ebenfalls für unnötig und beruft sich dabei unter anderem auf EU-Vorgaben.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hält Müllers Anregung für vernünftig: "VW-Chef Müller hat zurecht erkannt, dass die Transformation hin zu klimaneutraler Mobilität und zur Elektromobilität nur schwer gelingen kann, wenn gleichzeitig mit Milliardenbeträgen Alt-Technologien subventioniert werden." Das Steuerprivileg für Diesel müsse schrittweise verschwinden. Hermanns Chef, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, zeigte sich am Dienstag zurückhaltender: Die Regierung habe sich über die Dieselsteuer noch kein abschließendes Urteil gebildet, sagte er in Stuttgart.

Sehr erfreut zeigte sich der Grünen-Politiker dagegen über Müllers Bekenntnis zur blauen Umweltplakette. Er habe sehr früh bei der Autoindustrie für die sogenannte blaue Plakette geworben, was einige Überzeugungsarbeit gekostet habe, sagte Kretschmann. Die Branche habe eingesehen, dass solch eine Plakette eine richtige und planbare Lösung sei, um saubere Autos zu kennzeichnen. Produzenten und Käufer könnten sich darauf einstellen. Der Regierungschef nutzte die Gelegenheit, der Bundesregierung die Leviten zu lesen: "Wenn schon die Automobilindustrie einsieht, dass das ein richtiges Instrument ist, dann möchte ich mal fragen, was Sie dazu bewegt, dem nicht zu folgen." Diese Hängepartie müsse "dringend aufhören".

Die blaue Plakette würde mit Fahrverboten Dieselautos treffen, die nicht die Abgasnorm Euro 6 erfüllen, und Benziner unter Euro 3. Die Ablehnung der Plakette durch die Bundesregierung bezeichnet Kretschmann als "schlichtweg unerfindlich". Die grün-schwarze Koalition sei einmütig für das Instrument. Er sei auch kein Plakette-Fan, sagte er, aber die Kritiker hätten keine Alternative zu bieten. Derzeit werden in etwa 90 Städten die Stockoxid-Grenzwerte überschritten.

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SZ vom 13.12.2017 / stma, dpa
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