Dieselautos:Doch kein Flächen-Fahrverbot in Köln

Straßenverkehr in Köln

Die Luft in Köln ist seit Jahren schmutziger, als die EU erlaubt.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Die höchsten Richter in NRW halten Sperren für nötig - aber nur an vier Stellen.

Von Benedikt Müller, Münster

In Köln sollen Fahrverbote für ältere Dieselautos vorerst nur auf einzelnen Hauptstraßen gelten. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster am Donnerstag entschieden. Im November hatte das Verwaltungsgericht Köln noch Diesel-Sperren für die komplette Kölner Umweltzone vorgeschrieben, also weite Teile der Stadt. Dies wären die bislang weiträumigsten Fahrverbote in Deutschland gewesen. Köln und das Land NRW hatten dagegen Berufung eingelegt.

Seit 2010 gilt in der EU ein Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid (NO₂) pro Kubikmeter Luft - im Durchschnitt jedes Kalenderjahres. Höhere Konzentrationen können zu Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen beitragen. Köln überschreitet diesen Grenzwert seit Jahren an gleich mehreren Messstationen.

Das OVG entschied daher, dass die Stadt Köln ihren Plan für sauberere Stadtluft "unverzüglich" überarbeiten muss. Die jüngste Version von April 2019 sei rechtswidrig. "Nach derzeitigem Stand müssen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5/V und älter in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden", sagte der Vorsitzende Richter Max-Jürgen Seibert; so sollen die Grenzwerte an vier kritischen Stellen zügiger eingehalten werden können. Einen neuen Reinhalteplan aufzustellen, dauere freilich "mehrere Monate".

Konkret geht es um den Neumarkt, einen Verkehrsknotenpunkt mitten in der Stadt, und um drei Ausfallstraßen: die Luxemburger Straße im Westen sowie die Justinianstraße und den Clevischen Ring auf der rechten Rheinseite. Letztgenannte Messstelle kam im vergangenen Jahr auf einen Durchschnitt von 59 Mikrogramm. Amtlichen Prognosen zufolge werden die Grenzwerte an allen vier Stationen erst in drei bis vier Jahren eingehalten. Das sei ein sehr langer Zeitraum, sagte Seibert.

Freilich müssten die Behörden modellieren, wie sich der Verkehr nach der Einführung der Sperren verlagern würde. "Sollten durch den Ausweichverkehr Grenzwerte in anderen Straßen überschritten werden, kann dies Fahrverbote für weitere Straßen erforderlich machen", so Seibert. Zudem müsse man Ausnahmen prüfen, etwa für Handwerker oder Besitzer nachgerüsteter Autos. Das OVG ließ die Revision zu; sollte das Land davon Gebrauch machen, hätte das aufschiebende Wirkung.

Ausgangspunkt des Streits war eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Sie führt bundesweit Klagen gegen 36 Städte, deren Luft zu stark verschmutzt ist. Alleine in Nordrhein-Westfalen sind nun noch zwölf Verfahren anhängig; das OVG will in den nächsten Monaten einen Vergleich zwischen der DUH und dem Land sondieren.

Vertreter des Landes, der Bezirksregierung und der Stadt Köln betonten am Donnerstag, dass die NO₂-Messwerte bereits in den vergangenen Monaten deutlich zurückgegangen seien. Bei der Bezirksregierung hofft man nun, dass die Jahresmittelwerte für 2019 zumindest am Neumarkt und an der Luxemburger Straße niedrig genug liegen könnten, um an diesen Stellen ohne Fahrverbote auszukommen.

Mittlerweile gilt in der Kölner Innenstadt etwa ein Durchfahrverbot für Lastwagen, die mehr als 7,5 Tonnen wiegen. Zudem rüsten die städtischen Verkehrsbetriebe ihre Dieselbusse nach. Auch ermunterte NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) Besitzer kürzlich, Euro-5-Dieselautos nachrüsten zu lassen. Das Kraftfahrtbundesamt hatte kürzlich erste Nachrüstsysteme bundesweit zugelassen.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte 2018 Fahrverbote für ältere Diesel für zulässig erklärt, sofern sie verhältnismäßig sind. Entsprechende Sperren gelten etwa in Stuttgart sowie auf Straßen in Hamburg und Darmstadt.

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