Diesel-Skandal:Acht Verdächtige abgehört

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In der Abgasaffäre bei Audi haben die Ermittler viele Hinweise auf ein ziemlich konspiratives Treiben gefunden. Bereits abgelöste Mitarbeiter sollen weiter rege Kontakte in die Firmenzentrale gehabt haben.

Von Klaus Ott, München

In der Abgasaffäre ähneln sich in vielerlei Hinsicht die Ermittlungen bei Volkswagen und bei der VW-Tochter Audi. Es geht um jede Menge manipulierte Diesel-Fahrzeuge, um viele Verdächtige, und um zahlreiche mutmaßlich betrogene Kunden. In einem Punkt aber gibt es einen großen Unterschied zwischen den Nachforschungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig bei Volkswagen in Wolfsburg und der Staatsanwaltschaft München II bei der Ingolstädter VW-Tochter Audi. Die Münchner Ermittler langen viel härter hin.

Mit dem ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler sitzt bereits der dritte Beschuldigte in Untersuchungshaft. Und bei gleich acht Verdächtigen bis hin zu Stadler hat die Münchner Staatsanwaltschaft inzwischen Telefonate abgehört. Und einer von ihnen, Wolfgang Hatz, Ex-Leiter der Aggregateentwicklung bei Audi, wurde im Anschluss an eine Untersuchungshaft offenbar sogar monatelang observiert. Überwachung, Lauschangriffe, Untersuchungshaft, das kommt in diesem Ausmaß selbst bei großen Wirtschaftsskandalen in Deutschland nicht oft vor.

Die Münchner Ermittler haben aus ihrer Sicht allen Anlass, misstrauisch zu sein. Sie sind bei diversen Razzien und den zahlreichen Vernehmungen von Zeugen und Beschuldigten auf viele Hinweise für ein ziemlich konspiratives Treiben in der Ingolstädter Volkswagen-Tochter gestoßen. Wegen der Abgasaffäre gegangene oder gar gekündigte Manager haben regen Kontakt untereinander und mit der Zentrale in Ingolstadt gehalten. Es könnten Aussagen bei internen Untersuchungen bei Audi abgesprochen worden sein. Schließlich soll Stadler bei einem abgehörten Telefonat sogar überlegt haben, ob man einen bestimmten Audi-Beschäftigten beurlauben solle, der in der Abgasaffäre im VW-Konzern Staatsanwälten möglicherweise mit Informationen versorgt habe.

Für die Strafverfolger war das längst nicht mehr das einzige Indiz, dass frühere oder noch aktive Audi-Manager die Ermittlungen hintertreiben könnten. Deshalb die vielen abgehörten Verdächtigen. Die teils sehr prominente Liste beginnt bei Stadler und geht weiter bei Hatz, der im VW-Imperium zu den Vertrauten des langjährigen Konzernchefs Martin Winterkorn und der Hauptaktionäre Porsche und Piëch zählte. Ebenfalls belauscht wurden, wie aus Ermittlungsunterlagen hervorgeht, die früheren Audi-Entwicklungsvorstände Ulrich Hackenberg (auch er war ein Winterkorn-Vertrauter gewesen) und Stefan Knirsch. Die restlichen vier Beschuldigten auf der langen Abhörliste waren ehedem führende Motorenexperten bei Audi gewesen.

In der Ingolstädter Audi-Zentrale wurde offenbar eher abgewiegelt statt aufgeklärt

Die Münchner Strafverfolger fanden unter anderem heraus, dass Entwicklungsvorstand Knirsch nach der Kündigung eines anderen Managers wegen der Abgasaffäre mit diesem Audi-Mann noch öfters korrespondiert hatte. Der gekündigte Manager schrieb Knirsch, ein mit der Aufarbeitung der Affäre beauftragter Beschäftigter spiele offenbar ein falsches Spiel. Das Gute sei aber, dass dieser Beschäftigte ein bestimmtes Thema gegenüber dem Vorstand nicht hochgebracht habe. Knirsch seinerseits notierte, er hoffe, dass dieses Theater bald ein Ende habe.

Als auch Knirsch wegen der Affäre gehen musste, durfte er sich nach Erkenntnissen der Ermittler ebenfalls weiterhin guter Kontakte in die Ingolstädter Zentrale erfreuen. Ein Mitglied einer Diesel-Taskforce bei Audi, die sich mit den manipulierten Motoren herumschlug, soll Knirsch privat besucht und regelmäßig mit ihm telefoniert haben. Bei einem Treffen soll es darum gegangen sein, ob Knirsch bereits frühzeitig etwas von den Manipulationen gewusst haben könnte. Das Ergebnis soll erfreulich ausgefallen sein für Knirsch. In den Ermittlungsunterlagen liest sich das so, als sei da weniger aufgeklärt, sondern eher abgewiegelt worden.

Der Anwalt von Knirsch äußert sich dazu nicht. Das gilt auch für Audi. Stadler weist alle Vorwürfe zurück, ebenso wie Hatz. Dass der frühere Aggregate-Chef nach seiner Entlassung Ende Juni aus der Untersuchungshaft abgehört und wohl auch observiert wurde, könnte sich im Nachhinein als Vorteil für ihn erweisen. Hatz hat sich offenbar nichts zuschulden kommen lassen. Kein verfängliches Telefonat, kein verräterisches Treffen mit anderen Beschuldigten von Audi oder Volkswagen; kein Versuch, Zeugen zu beeinflussen. Sonst wäre Hatz bestimmt sofort wieder im Gefängnis gelandet.

© SZ vom 12.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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