Süddeutsche Zeitung

Abgasbelastung:Diesel-Streit wird Chefsache

  • Das Kanzleramt soll die Staatssekretäre verschiedener Ministerien zur Klärung von Sachfragen bei Diesel-Nachrüstungen geladen haben.
  • Verkehrsminister Scheuer will von einer Selbstbeteiligung der Autohalter bei möglichen Nachrüstungen nichts mehr wissen.

In der Debatte um Diesel-Nachrüstungen zieht das Kanzleramt nach Angaben aus Regierungskreisen die Führung an sich und will weitere Ressorts neben dem Verkehrsministerium einbinden. Das Kanzleramt habe für Mittwoch die Staatssekretäre verschiedener Ministerien zur Klärung von Sachfragen bei einer Nachrüstung von Dieseln mit Katalysatoren geladen, sagten Regierungsvertreter.

Für Freitag sei dann ein weiteres Spitzentreffen mit Kanzlerin Angela Merkel, Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) aber auch Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geplant.

Derweil hat Scheuer die zuvor ins Spiel gebrachte Selbstbeteiligung für Autofahrer bei der Umrüstung von Fahrzeugen eilig wieder einkassiert: Das Modell vom Sonntag, wonach die Hersteller bei Umbaukosten von bis zu 3000 Euro insgesamt 80 Prozent der Kosten übernehmen, so dass der Kunde höchstens 600 Euro selbst zahle, sei noch nicht festgezurrt, sondern nur eine Gesprächsgrundlage gewesen, sagte er nach einem Treffen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Über diesen Vorschlag hatte zuerst das Handelsblatt berichtet. Nach den emotionalen Reaktionen werde er nun "Gespräche führen mit Herstellern über null Selbstbeteiligung", sagte Scheuer.

Diesel-Besitzer in Metropolregionen sollen beim Umtausch bevorzugt werden

Dem Vorschlag zufolge sollten nur solche Fahrzeuge umgerüstet werden, bei denen der nachträgliche Einbau von Stickoxidfiltern technisch sinnvoll sei. Dies würde vor allem die Dienstwagenflotten mit den Modellen VW Passat, BMW 3er und Mercedes C-Klasse betreffen. Kern seines Konzepts bleibt aber eine von den Herstellern finanzierte Umtauschprämie. Diesel-Besitzer in den 65 Metropolregionen, in denen die Luftreinhaltewerte nicht erreicht werden, sollten von den entsprechenden Autoherstellern ein Angebot zum Umtausch alter Autos erhalten.

Die Hersteller könnten einen Neuwagen als Diesel, Benziner oder Elektroauto anbieten, allerdings auch junge Gebrauchtfahrzeuge, etwa aus der Leasingflotte. Die Differenz beim Kaufpreis sollten sie dabei "so klein wie möglich halten", hieß es laut Handelsblatt in Regierungskreisen. Es müsse deutlich bessere Angebote geben als zuletzt mit der Umtauschprämie.

Einem internen Bericht des Umweltbundesamtes zufolge hat allerdings der Umtausch alter Dieselautos kaum positive Auswirkungen auf die Schadstoffbelastung in deutschen Großstädten. Eine Umtauschprämie würde im optimistischen Fall lediglich eine Minderung der Stickoxid-Belastung um weniger als ein Mikrogramm pro Kubikmeter Luft bringen, heißt es in dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Das sei verschwindend gering im Vergleich zur Gesamtbelastung, die etwa in München 2017 im Jahresmittel bei 78 Mikrogramm lag.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4144218
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/Reuters/dpa/hgn/jps
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.