Steuern:Das Dienstwagenprivileg gehört abgeschafft

Dienstwagen

Die Unterstützung von Benzin- und Dieselautos muss angesichts des Klimawandels ein Ende haben. Stattdessen wäre eine Besteuerung gekoppelt an den Kohlendioxidausstoß denkbar.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Jahr für Jahr unterstützt der Staat Anschaffung und Betrieb von Firmenautos mit mehr als drei Milliarden Euro. Davon profitieren vor allem Wohlhabende. Die neue Regierung sollte dieses System ändern.

Kommentar von Max Hägler

Es ist ein geübtes Motivationsmittel von Arbeitgebern: Geschätzte Mitarbeiter verzichten auf einen Teil ihres Gehalts und bekommen stattdessen einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt, der meist mehr wert ist - und den sie auch privat nutzen dürfen. Oft gilt dabei die Krawattenregel: Je höher eine Arbeitnehmerin, ein Arbeitnehmer eingestuft ist, desto größer darf der Motor sein. Manche Nutznießer klicken sich dann über Wochen durch Angebote, um sich das Allerschönste herauszusuchen.

Diese Stilblüten sind unterhaltsam, aber das Grundprinzip geht die ganze Gesellschaft an - und muss endlich grundlegend überdacht werden. Die anstehenden Koalitionsverhandlungen bieten die perfekte Gelegenheit. Denn der Staat fördert diese Goodies bislang nach einem System, bei dem absurderweise gilt: Wer hat, dem wird gegeben. Denn wer einen Dienstwagen erhält, spart wie auch der Arbeitgeber Steuern (bei Selbständigen, bzw. Leasingvarianten gilt das so ähnlich), und zwar meist zunehmend bei wachsender Autogröße.

Gerade haben die Denkfabriken Agora Verkehrswende und Öko-Institut ausgerechnet, was das "Dienstwagenprivileg" finanziell bedeutet: Wählt etwa Herr Mustermann mit 71 000 Euro Bruttogehalt einen Diesel-SUV als Dienstwagen, den er viel privat fährt - dann können Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen Vorteil von insgesamt mehr als 3000 Euro erzielen. Der Sparmechanismus dahinter, unter anderem: Die Arbeitgeber kaufen netto ein und können die Fahrzeugkosten als Betriebsausgabe steuerlich geltend machen - in Summe ist das oft attraktiver, als baren Lohn zu zahlen. Der Arbeitnehmer wählt seinerseits oft die Listenpreismethode zur Besteuerung, bei der eine private Nutzung in der pauschalen Steuerabrechnung besonders krass untergeht. Zusammengenommen ist das - nach Rechnung des Umweltbundesamtes - eine jährliche Subventionierung in Höhe von 3,1 Milliarden Euro, mindestens. Die Profiteure: Viermal so viele Männer als Frauen. Und die Hälfte des Subventionsvolumens kommt den reichsten 20 Prozent der Bevölkerung zugute.

Jedem, dem am Sozialstaat gelegen ist, wird klar sein: Diese Umverteilung von unten nach oben muss ein Ende haben.

Nun heißt es, dass Audi, BMW und Mercedes gerade wegen dieser Regelung so viele wertige Autos in Deutschland absetzen - und dass das für Jobs sorge. Dem sei entgegengehalten: Große Unternehmen werden die Dienstwagenkosten schon komplett tragen können, so wie das in den USA weitgehend üblich ist. Und der immer noch mögliche Absatzschwund von einigen Zehntausend teuren Wagen geht unter in der viel größeren Gesamtfabrikation und dürfte bilanziell zudem durch den Boom-Markt China ausgeglichen werden.

Falls sich SPD, FDP und die Grünen in Berlin dennoch zu sehr vor der Autolobby fürchten und jenen Arbeitnehmern und Selbständigen weiterhin entgegenkommen möchten, die ihr Auto tatsächlich für den Job brauchen - der Vertreter, die Handwerkerin - dann sollten sie das Privileg zumindest sehr deutlich anpassen: Die Unterstützung von Benzin- und Dieselautos muss angesichts des Klimawandels ein Ende haben. Stattdessen wäre eine Besteuerung gekoppelt an den Kohlendioxidausstoß denkbar, wie es etwa in Großbritannien oder Belgien der Fall ist - samt einer insgesamt höheren Pauschale seitens der Arbeitnehmer.

Aber Vorsicht: Auch der wichtige Klimaschutz kann eine ungerechte Verteilungswirkung haben. Aufgrund der noch größeren Dienstwagen-Steuervorteile für Elektroantriebe und der Staatsunterstützung für solche Autos kann die Kostenersparnis - also Subvention - für Arbeitgeber und Arbeitnehmer derzeit 8000 Euro im Jahr betragen, wenn sie einen besonders großen Dienstwagen wählen. Gut fürs Klima vielleicht, weiterhin schlecht für den sozialen Zusammenhalt im Land.

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