Ecclestones Rolle im BayernLB-Prozess:"Es brannte an allen Ecken und Enden"

Eigentlich hält der Staatsanwalt ein Plädoyer gegen den Banker Gribkowsky. Mehr als zehn Jahre soll der wegen Bestechung ins Gefängnis. Doch dann knöpft sich der Ankläger Formel-1-Boss Bernie Ecclestone vor - mit deutlichen Worten.

Klaus Ott

Gut eine Stunde lang trägt Oberstaatsanwalt Christoph Rodler am Ende eines langen Prozesses dem Gericht vor, warum der frühere Spitzenbanker Gerhard Gribkowsky noch lange im Gefängnis bleiben müsse. Warum der ehemalige Vorstand von Bayerns Landesbank, der seit eineinhalb Jahren in Untersuchungshaft sitzt, zu insgesamt zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt werden müsse. Warum bei dem Angeklagten eine "immense kriminelle Energie" und ein besonders schwerer Fall von Korruption vorliege.

BayernLB Gribkowsky Prozess

Vor Gericht: Gribkowsky betritt an diesem Mittwoch den Gerichtssaal in München.

(Foto: REUTERS)

Zehn Minuten des einstündigen Vortrags hören sich aber schon gar nicht mehr wie ein Plädoyer gegen den Banker an. Sondern eher wie eine Anklage gegen dessen einstigen Partner und Geldgeber, den mächtigen Formel-1-Boss Bernie Ecclestone.

In allen Details schildert der Oberstaatsanwalt von 9:55 bis 10:05 Uhr, warum der Brite den deutschen Banker mit knapp 44 Millionen Dollar geschmiert habe. Das sei der "Schlüssel" des ganzen Verfahrens. Ecclestone hätte Mitte vergangenen Jahrzehnts die Macht über die Motorsportserie verlieren können. Er habe fürchten müssen, dass "sein Lebenswerk zugrunde gerichtet" werde. Gleich zwei Gegner hätten dem Formel-1-Chef damals schwer zugesetzt. Die Autokonzerne, die ihre Teams auf die Strecke schicken und die mit einer eigenen Rennserie drohten, falls man sich mit Ecclestone nicht über die Aufteilung der Erlöse in Milliardenhöhe einige. Und die drei Banken, die Haupteigner der Formel-1-Holding waren - an erster Stelle die BayernLB, der dieses Engagement nach der Pleite des Medienunternehmers Leo Kirch als Pfand für einen Milliardenkredit zugefallen war.

Oberstaatsanwalt Rodler sagt, Ecclestone habe sich von den Banken "eingeengt" gefühlt. Die Geldinstitute hätten sogar eine Entlassung des Briten als Rennchef diskutiert. Das sei auch im Vorstand der BayernLB ein Thema gewesen. Ecclestone habe Sorge gehabt, die Banken könnten sich mit den Autokonzernen verbünden. Mit Mercedes, BMW und anderen Rennställen. "Das wäre für ihn eine Katastrophe gewesen", sagt Rodler. Der Brite sei in Not gewesen, "es brannte an allen Ecken und Enden". Was also tun? Ganz einfach - so sieht es die Staatsanwaltschaft. Man kaufe sich einen der Hauptgegner. Einen, der anfällig ist für Geld, der gerne auf großem Fuße lebt, der sich mit Bernies Privatjet zu den Rennstrecken fliegen lässt, der den schönen Schein und das große Spektakel liebt, der sich wichtig und mächtig fühlt. Einen wie Gribkowsky.

Der Oberstaatsanwalt geht hart mit dem Formel-1-Chef ins Gericht

"Ich werde für dich sorgen", habe der Brite dem Deutschen im Mai 2005 versprochen. Unter einer Voraussetzung: Gribkowsky schaffe es, den Formel-1-Anteil der BayernLB an einen Käufer zu veräußern, der Ecclestone passe. Die Landesbank in München solle dann erst gar nicht nach alternativen Angeboten Ausschau halten, sie solle auch nicht den Unternehmenswert der Formel 1 prüfen, alles solle ganz still und exklusiv abgewickelt werden. Und dann hätten die beiden, Ecclestone und Gribkowsky, wie "Zwillinge" agiert, zitiert der Ankläger aus dem Geständnis des Ex-Bankers. Und parallel zum Ausstieg der BayernLB aus der Renngesellschaft, der in mehreren Schritten erfolgte, hätten die neuen Zwillingsbrüder und deren Helfer das Schmiergeld-Abkommen vorangetrieben. Details seien besprochen und Vertragsentwürfe ausgetauscht worden, schließlich habe man sich auf 45 Millionen Dollar geeinigt, geflossen war letztendlich ein bisschen weniger.

Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone im Landgericht München I - bisher als Zeuge (Archivbild).

(Foto: dpa)

Der Formel-1-Boss erzählt eine andere Geschichte

Ecclestone hat dieser Version erst bei der Staatsanwaltschaft und später als Zeuge vor Gericht widersprochen und seine Unschuld beteuert. Hat mal mehr, mal weniger deutlich behauptet, er sei von Gribkowsky erpresst worden. Der Deutsche habe verklausuliert gedroht, angeblich etwas über fragwürdige Geschäfte des Briten zu wissen, für die sich der britische Fiskus interessieren könne. Was dazu führen könne, dass er, Ecclestone, zu Unrecht zwei Milliarden Pfund Steuern nachzahlen müsse und dann pleite sei.

Oberstaatsanwalt Rodler geht an dieser Stelle besonders hart mit dem Formel-1-Chef ins Gericht. Das sei eine "nebulöse Geschichte", völlig unglaubwürdig. Das passe überhaupt nicht zum Charakter des Rennchefs. "Ein Ecclestone verschenkt kein Geld, ein Ecclestone generiert Geld." Bleibe also nur noch die Bestechungs-Variante übrig.

Schließlich soll sich der Brite das Geld, mit dem er Gribkowsky geschmiert habe, dann auch noch mit Hilfe des Deutschen von der BayernLB geholt haben. Insgesamt 66 Millionen Dollar hätten Ecclestone und die Bambino-Holding seiner damaligen Frau dank Gribkowsky zu Unrecht von der Landesbank für angebliche Leistungen kassiert, rechnet Oberstaatsanwalt Rodler vor. Er schildert den Formel-1-Chef als besonders raffiniert, besonders dreist.

Die Passagen, in denen sich Rodler von 9:55 bis 10:05 Uhr im Gerichtssaal Ecclestone und dessen Motiven widmet, wirken wie eine Anklage gegen den Formel-1-Chef. Ob dem Briten wirklich der Prozess gemacht werden soll, lässt die Staatsanwaltschaft derzeit noch offen. Unter den vielen Zuhörern im vollbesetzten Gerichtssaal befindet sich auch ein Anwalt Ecclestones. Er schreibt fleißig mit, was der Ankläger über seinen Mandanten sagt.

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