Süddeutsche Zeitung

Die Recherche:Warum die Zukunft der Arbeit jetzt beginnt

Beuten wir uns selbst aus oder lassen wir uns ausbeuten? Wird es in Zukunft keine klare Grenze mehr geben zwischen Job und Freizeit? Oder übernehmen Computer und Roboter unser Tagwerk? Fragen und Antworten im Recherche-Dossier zur Zukunft der Arbeit.

Von Sabrina Ebitsch

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

als wir die Recherche zur Zukunft der Arbeit geplant haben, kam uns notgedrungen auch der Gedanke an die Zukunft unserer eigenen Arbeit. Manch anderem, Kollege und Leser in Personalunion, übrigens auch:

Texte schreibende Roboter oder vielmehr Algorithmen gibt es bereits seit längerem. Vor ziemlich genau einem Jahr war der Kollege Quakebot dann mit einer Erdbebennachricht auf der Website der LA Times auch noch schneller als alle menschlichen Journalisten. Immerhin ist die Prognose unseres Wahrscheinlichkeitsrechners (hier klicken, um die Gefährdung des eigenen Jobs zu testen) zumindest für Reporter und Redakteure nicht allzu dramatisch, wie einer unserer Homepage-Chefs einigermaßen erleichtert festellte:

Trotzdem gilt für Journalisten wie für zahlreiche andere Berufsgruppen: Die Zukunft wird gerade neu verteilt. Und wir müssen schauen, dass sie uns nicht entgleitet. Wir versuchen das, mit Projekten wie diesen, wenn wir die Leser bei Die Recherche über Themen und Fragen mitbestimmen lassen und ihre Expertise einbinden; wenn wir Reportagen, Analysen und Essays schreiben, Infografiken basteln oder Videos drehen, die hoffentlich tiefgehender, reflektierter und origineller sind, als ein Roboter sie erstellen könnte.

In dieser digitalen Ausgabe von Die Recherche können Sie sich selbst einen Eindruck davon verschaffen, inwieweit das Ergebnis der künstlichen Konkurrenz voraus ist. In diesem Dossier zur Zukunft der Arbeit finden Sie Beiträge, die in der Summe die von den Lesern anfangs ausgewählte Frage: "Zwischen Ausbeutung und Selbstverwirklichung: Wie arbeiten wir in Zukunft?" beantworten sollen.

Innerhalb dieses thematischen Dreiecks haben unsere Autoren wochenlang recherchiert. Weil die Zukunft der Arbeit in der Gegenwart beginnt und diese Gegenwart für viele Menschen von Arbeits- und Perspektivlosigkeit geprägt ist, haben SZ-Reporter mit Multijobbern und einem Arbeitsvermittler gesprochen; sie haben unwürdigen Arbeitsbedingungen nachgespürt und Menschen in prekären Jobs zu Wort kommen lassen.

In einem zweiten Schritt haben wir den Bogen gespannt von der Ausbeutung hin zur Selbstausbeutung, von den den Leidtragenden eines Systems bis hin zu denen, die es nutzen. Die Arbeit als Lebensinhalt, als definitorisches Moment ihrer Persönlichkeit begreifen, mit dem sie nicht nur die Brötchen verdienen, sondern mehrstöckige Torten backen. (Eine Diskrepanz, fast so groß wie in dem berühmten, Marie Antoinette zugeschriebenen Satz über ihre hungernden Landsleute, die doch mangels Brot einfach Kuchen essen sollten.) Wir haben die Frage nach der Bedeutung von Arbeit gestellt und danach, was sie mit uns macht; es wurde unser Drang zur Selbstverwirklichung analysiert, das Interesse der Unternehmen an Wohlfühl-Büros und die grundsätzliche Ablehnung von Arbeit.

Und schließlich haben wir ein paar Blicke in die digitale, flexible, automatisierte Zukunft geworfen. Wird Work-Life-Balance dann überflüssig, weil es ohnehin keine Grenzen mehr zwischen dem Auszubalancierenden gibt? Weil wir immer und überall arbeiten können und vielleicht sogar wollen? Oder arbeiten wir gar nicht mehr, weil das Computer und Roboter übernehmen? Ist das Anlass zu Freude oder Sorge?

Viele dieser Fragen hoffen wir mit Interviews, Analysen, Reportagen und Videos zur Zukunft der Arbeit zu klären; manch andere werden offen bleiben (müssen). Lesen und entscheiden Sie selbst. Und schreiben Sie uns Ihre Meinung zu dieser Recherche. Vielen Dank dafür und vielen Dank an alle Leser, die - sei es in der Abstimmung, mit Tipps und Ideen oder als Interviewpartner - daran mitgewirkt haben.

Und jetzt: viel Spaß beim Lesen!

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