Die Probleme der Banken:Die falsche Strategie

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Die Rettung von Italiens drittgrößter Bank Monte dei Paschi an den Ausgang des Referendums zu knüpfen, erweist sich nun als ein fataler Fehler. Zwei der drei Bausteine zur Sanierung wackeln.

Von Ulrike Sauer, Rom

Matteo Renzi hat hoch gepokert und alles verloren. Auf dem Spiel steht nun das Schicksal der mit faulen Krediten überladenen Geldhäuser in Italien. Denn der gefährlichste Nachlass des gestürzten Regierungschefs ist eine verschleppte Bankenkrise. Nirgends ist die Lage so brenzlig wie in Siena. In der toskanischen Hügelstadt hängt die Rettung des Monte dei Paschi (MPS), der drittgrößten Bank des Landes, am seidenen Faden. Sie muss auf Anweisung der Europäischen Zentralbank EZB bis Ende Dezember fünf Milliarden Euro frisches Kapital auftreiben. Mitten in der politischen Krise droht das eine mission impossible zu werden.

Renzis Niederlage beim Volksentscheid verschärfte die Situation schlagartig. Erstes Opfer seines Fiaskos wurde der enge Zeitplan zur Rettung der 1472 gegründeten Bank. In Mailand trafen sich die Banken des internationalen Konsortiums, das die Garantie für die Kapitalerhöhung übernehmen wollte und damit die Zukunft der ältesten Bank der Welt in der Hand hat.

Zwei der drei Bausteine der Sanierung wackeln

Das Wagnis schien ihnen nach dem Sturz der Regierung in Rom zu groß zu sein. Man nahm sich nun vier Tage Zeit in der Hoffnung, die Unsicherheit werde sich legen. Auch der Staatsfonds des Königreichs Katar machte einen Rückzieher. Am Tag nach der Volksabstimmung sollte die Qatar Investment Authority einen Vorvertrag über den Einstieg mit einer Milliarde Euro unterzeichnen. Die Araber warten nun lieber ab, ob die Italiener einen Weg aus der politischen Krise finden.

Damit sind zwei der drei Maßnahmen des Rettungsplans unter der Regie der amerikanischen Investmentbank JP Morgan auf Eis gelegt. Es gelang bisher lediglich, bei den Besitzern nachgeordneter Anleihen durch einen Tausch in Aktien 1,1 Milliarden Euro lockerzumachen. Doch nur wenn sich alle drei Teile des Puzzles zusammenfügen, besteht Hoffnung für die Bank aus Siena.

Seit 2014 hat der Monte dei Paschi zwei Kapitalerhöhungen gestemmt und dabei bei den Anlegern acht Milliarden Euro eingesammelt. Das Geld wurde verbrannt. Die Traditionsbank ist an der Börse noch 560 Millionen Euro wert. Seit Jahresbeginn fiel der Kurs um 85 Prozent. Weil die italienische Politik sechs Monate im Bann der Schlacht um das Referendum stand, wurden alle Entscheidungen auf den Tag danach vertagt. Die Rettung der Bank an den Ausgang einer Volksabstimmung zu knüpfen, erweist sich nun als hoch gefährlich.

Darum wird unter Hochdruck am Plan B gearbeitet. Bankchef Marco Morelli flog am Dienstag nach Frankfurt, um mit den Bankenaufsehern der EZB über eine Alternative zu verhandeln. Im Gespräch ist ein Staatseingriff in Siena. Die Italiener wollen die Genehmigung für eine "vorsorgliche Kapitalisierung" mit öffentlichem Geld erhalten. Sie ist nach den neuen EU-Vorschriften zur Bankenrettung erlaubt, wenn eine systemische Bedrohung für die Finanzbranche vorliegt. "Der nötige Erlass ist fertig, es hängt jetzt alles von der politischen Entwicklung in Rom ab", sagte ein Insider der Agentur Reuters. In diesem Fall könnte man in Italien die seit 2016 geltenden europäischen Haftungsregeln umgehen. Ihre Anwendung würde bedeuten, dass die Anleger des Monte dei Paschi 13 Milliarden Euro bei einer Rettung der Bank verlören. Erst danach dürfte der Staat eine Kapitalspritze injizieren. Dagegen werden bei einer vorsorglichen Kapitalerhöhung nur die Besitzer nachgeordneter Anleihen herangezogen. Davon sind bei MPS fünf Milliarden Euro im Umlauf. Womöglich würden Kleinanleger, die Anleihen für zwei Milliarden Euro halten, vom Staat für ihre Verluste entschädigt.

Der Plan B ist nicht frei von Risiken. In Italien sorgt man sich, dass der Aderlass der Anleger Investoren vom italienischen Markt entfernen würde. Das aber kann sich das Land mit seinen Krisenbanken nicht leisten. Zudem könnte der Eingriff in Siena die Erwartung auf weitere Staatsinterventionen in anderen Geldhäusern wecken. Italiens Banken müssen in den kommenden drei Monaten insgesamt 20 Milliarden Euro frisches Kapital auftreiben. Der Löwenanteil wird auf die Mailänder Unicredit entfallen. Konzern-Chef Jean-Pierre Mustier wird am 13. Dezember seinen Plan zur Stärkung der HVB-Mutter vorstellen. Es wird damit gerechnet, dass er eine Kapitalerhöhung um bis zu 13 Milliarden Euro ankündigen wird. Der Regierungssturz nach dem Referendum scheint sein Vorhaben zunächst nicht zu beeinflussen. "Die Ereignisse ändern unsere Strategie nicht", sagte Mustier.

Doch das große Risiko bei der MPS-Bank in Siena hat Folgen, die weit über die angeschlagene Finanzbranche hinausreichen könnten.

© SZ vom 07.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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