Die Pläne der Banken:Gemeinsam gegen Paypal

Das Bundeskartellamt will überprüfen, ob die deutschen Banken ein gemeinsames Zahlsystem fürs Internet schaffen dürfen - die Kreditinstitute wollen sich jetzt endlich gegen Paypal verbünden.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Die Angreifer kommen meist aus den USA, sie heißen Paypal, Amazon oder Apple Pay. Manchmal kommen sie auch aus Gauting bei München und heißen dann Sofortüberweisung. Ihnen allen ist gemeinsam: Sie mischen das klassische Geschäft der Banken auf, vor allem jenes mit Privatkunden, weil sie neue, digitale Bezahlsysteme für das Internet anbieten.

Den deutschen Banken ist die Gefahr bewusst, den Angriff der digitalen Herausforderer spüren alle Institute, auch die Deutsche Bank. Nur: Alle Versuche der deutschen Geldinstitute, selber ein gemeinsames digitales Bezahlsystem zu entwickeln, also eine Plattform für Käufe, Verkäufe und Zahlungen im Internet, kommen nicht voran; zu uneinig ist man sich über den richtigen Weg - und nun meldet auch noch das Bundeskartellamt Bedenken an.

Die Wettbewerbshüter haben zwar in einem ersten Schritt das Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Institute genehmigt, mit denen diese ein "Anti-Paypal" schaffen wollen. Doch das sei, wie ein Sprecher betont, nur eine rein formale Erlaubnis. In einem zweiten Schritt wird sich das Kartellamt nun unterrichten lassen, wie die Pläne der deutschen Banken im Detail aussehen, ob sie also unerlaubte Verabredungen enthalten, die Konkurrenten aus dem Markt drängen könnten. "Wir stehen dazu in engem Austausch mit der deutschen Kreditwirtschaft", sagte ein Sprecher des Bundeskartellamts.

Bereits seit nunmehr fast zwei Jahren werkeln die Volks- und Raiffeisenbanken, Privatbanken und Sparkassen an dem Plan, gemeinsam ein Bezahlverfahren ins Leben zu rufen, mit dem Verbraucher im Internet bezahlen können. Sie wollen damit einen wachsenden Markt zurückerobern, in dem sich zuletzt bankfremde Anbieter wie Paypal oder Sofortüberweisung breitgemacht haben. Allerdings verläuft das Vorhaben äußerst zäh. Zum Jahresende soll ein Pilotverfahren fertig sein, zum Einsatz kommt es aber wohl erst zum Weihnachtsgeschäft 2016. Auch wie das Bezahlsystem im Detail funktionieren soll, ob es also eine Art Lastschriftverfahren sein wird oder ob Verbraucher dazu ein weiteres elektronisches Gerät benötigen, ist dem Vernehmen nach noch völlig offen.

Bisher beherrschen Firmen das Bezahlen im Internet, die branchenfremd sind

Offen ist auch noch, unter welchen Bedingungen die Sparkassen mitmachen. Anders als geplant vertagten sie am Montag ihre Entscheidung, ob sie sich an dem in Frankfurt ansässigen Gemeinschaftsunternehmen namens "GIMB" (Gesellschaft für Internet und mobile Bezahlungen) beteiligen wollen. Der Vertagung voraus gingen bereits viele Monate der Zauderei und der inzwischen verworfene Plan, lieber ein eigenes Verfahren zu entwickeln. Nach SZ-Informationen sind die Sparkassen nun zwar grundsätzlich bereit mitzumachen, sind sich aber immer noch nicht im Klaren, wie sie die Kosten unter den 416 Instituten genau aufteilen.

Ein eigenes Bezahlsystem wäre die Sparkassen aber wohl noch teurer gekommen, zumal sie bislang wenig Erfolg mit ähnlichen Projekten hatten. Das von den Sparkassen entwickelte Verfahren Giropay, mit der Kunden über die Online-Banking-Maske überweisen können, gilt zwar als benutzerfreundlich, hat sich aber kaum Marktanteile erobert, anders als die Sofortüberweisung. Die Kosten für die Entwicklung und Vermarktung eines Bezahlverfahrens werden auf mindestens 100 Millionen Euro taxiert. Je nachdem, wie sich das Kapital der GIMB aufschlüsselt, verteilen sich die Kosten auf die drei Bankengruppen.

Beim Bundeskartellamt sind die Banken mit dem Thema Zahlungsverkehr übrigens nicht das erste Mal auf dem Radar. Als der Konkurrent Sofortüberweisung den Instituten vor einigen Jahren zu stark wurde, pochten die Banken plötzlich auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wonach Kunden, die ihre Pin-Nummer auf der Maske der Sofortüberweisung eingeben, die Sorgfaltspflichten verletzen. Das Bundeskartellamt erklärte die AGB der Banken jedoch für nichtig und warf ihnen vor, es gehe ihnen in erster Linie darum, einen Konkurrenten auszuschalten. Vor dem Landgericht Köln läuft noch ein Verfahren dazu.

Bislang jedoch funktioniert der Wettbewerb in Deutschland, zumal auch die EU-Kommission bestrebt ist, den alternativen Anbietern den Zugang zu erleichtern. Laut einer aktuellen Studie des EHI Retail Institute hat unter den Online-Bezahlverfahren nach wie vor das Bezahlen per Rechnung den größten Marktanteil (25 Prozent), gefolgt von Paypal und Lastschrift. Vor allem Paypal aber sei 2014 der klare Gewinner gewesen, heißt es in der Studie, die Umsätze hätten sich gegenüber 2012 um ein Drittel erhöht.

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