Die Piloten der Lufthansa:Eine ungeheure Macht

In der Auseinandersetzung mit der Vereinigung Cockpit kann die Lufthansa vorerst nur auf die öffentliche Meinung hoffen. Doch auch die Piloten gehen ein Risiko ein.

Jens Flottau

Es klingt ein wenig Ratlosigkeit durch, wenn man den Verantwortlichen der Lufthansa zuhört. Man müsse angesichts des angekündigten viertägigen Streiks nun darauf setzen, dass sich die Piloten durch die öffentliche Meinung beeindrucken lassen, vielleicht finde sich ja auch noch ein Gericht, das den Ausstand für unverhältnismäßig hält und wenigstens abkürzt. Viel ist das nicht.

Piloten der Lufthansa, Foto: dpa

Die öffentliche Meinung ist den Piloten der Lufthansa vorläufig egal.

(Foto: Foto: dpa)

Die Piloten haben eine ungeheure Macht: Sie müssen nur gut 300 Leute davon überzeugen, zu streiken, und schon steht der gesamte Laden still. In den vergangenen Tagen wurden sie mit großer medialer Wucht quer durch alle deutschen Zeitungen und Fernsehnachrichten scharf kritisiert.

Die Lufthansa sollte sich dennoch nicht darauf verlassen, dass das etwas ändert. Die Piloten werden ihre Macht einsetzen, die öffentliche Meinung ist ihnen vorläufig egal.

Natürlich sind viele der Forderungen der VC übertrieben. Vor allem, dass deutsche Arbeitsbedingungen und Bezahlung bei der italienischen Tochter Lufthansa Italia gelten sollten, ist rechtlich eine äußerst gewagte Forderung.

Demnach müsste ein Siemens-Mitarbeiter in Australien das gleiche verdienen wie in Deutschland, weil der deutsche Tarifvertrag gelte. Auch einige der Abgrenzungswünsche gegenüber den neuen Tochtergesellschaften Austrian oder BMI gehen zu weit: Es kann nicht sein, dass die Piloten entscheiden, wie viele Flüge Lufthansa nach Wien durchführt.

Dass die Piloten eine äußerst selbstbewusste Berufsgruppe sind, die öfter mal dazu neigt, ihre Kompetenzen zu überschreiten, ist aber seit langem bekannt. Deswegen müssen sich die Verantwortlichen auch fragen, ob sie im Vorfeld genug getan haben, um die kritischen Themen zu entschärfen.

Die Frage, wer die großen neuen Regionaljets fliegen darf, bringt die Piloten schließlich seit vielen Jahren in Rage; die Lufthansa fliegt sie auch ohne Einigung einfach schon einmal. Und das Gefühl vieler Mitarbeiter, dass die vielen neuen Tochtergesellschaften Arbeitsplätze im Kerngeschäft gefährden, war der Nährboden, den die Gewerkschaft nutzen konnte, um ihre Mitglieder zu mobilisieren.

Die Vereinigung Cockpit hat offenbar damit gerechnet, dass die massive Drohung die Lufthansa schnell einknicken lässt. Das wird wohl nicht passieren, und das könnte für die Piloten zum Problem werden. Nun wird sich zeigen, ob die Mitglieder wirklich bereit sind, den radikalen Kurs über einen so langen Zeitraum mitzufahren.

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