Die Kampfansage: Apples iPhone:2000 Dollar für 135 Gramm

Wie sich Apple durch kühne Ideen von einer Pleitefirma in ein äußerst erfolgreiches Modeunternehmen gewandelt hat.

Thorsten Riedl

Wird Apple zerschlagen? Übernimmt ein Wettbewerber einen der ersten Hersteller von Personal Computern? Hat das nordamerikanische Unternehmen überhaupt noch eine Überlebenschance bei seiner miserablen Finanzlage? Zehn Jahre ist her, dass die Wirtschaftspresse solche Fragen diskutierte. Apple war damals am Boden.

Mitte der neunziger Jahre geriet das Unternehmen in die Verlustzone. Viele Mitarbeiter wurden rausgeworfen. Der Rivale Microsoft rettete Apple im Sommer 1997 mit einer Finanzspritze von 150 Millionen Dollar vor dem Ruin. Alles vorbei und vergessen: Der Computerhersteller aus dem kalifornischen Cupertino steht besser da als je zuvor. Mit den Rechnern und digitalen Musikspielern der iPod-Reihe verdient das Unternehmen Milliarden und will jetzt mit einem eigenen Handy für Wirbel in der Mobilfunkbranche sorgen. Das kann gelingen - doch die Konkurrenz schläft nicht.

Computer für den persönlichen Gebrauch

Ende der siebziger Jahre hatten Steve Jobs, Steve Wozniak und Ronald Wayne die Idee, einen Computer für den persönlichen Gebrauch zu entwerfen. Damals füllten die gängigen Rechner ohne Probleme das Wohnzimmer eines Einfamilienhauses und waren für einen durchschnittlichen Haushalt unerschwinglich.

Die drei Jungunternehmer waren nicht die ersten mit ihrer Idee, den Computer massentauglich zu machen, doch schon das zweite Gerät - der Apple II - aus der Schmiede der drei Jungunternehmer gehörte zu den erfolgreichsten Personal Computern (PC) seiner Zeit. Die Firma lief prächtig - bis sie Mitte der neunziger Jahre in die finanzielle Schieflage geriet.

Steve Jobs war es, der Apple wieder in Fahrt brachte. Mitte der achtziger Jahre war er durch eine Palastrevolte aus seinem Unternehmen geflogen. Ende 1996 kam er zurück zu Apple, weil seine damalige Firma übernommen wurde.

Mut für neues Design

Jobs fungierte zunächst als Interims-Chef von Apple - als "iCEO", wie er sich nannte. Er ordnete Vertrieb und Fertigung und bewies Mut für neues Design: In einer Zeit, als graue Einheitscomputer das Bild in den Läden bestimmten, verkaufte Apple bunte Macintosh-Computer. Und Jobs war es, der 2001 zur Überraschung aller den ersten iPod vorstellte.

Inzwischen verdient Apple so viel mit den iPod-Spielern und der im Internet verkauften Musik wie mit seinen Mac-Rechnern. Von Januar bis März lag der Umsatz bei 5,3 Milliarden Dollar, der Gewinn bei 770 Millionen Dollar.

Mit dem ersten Handy aus der eigenen Produktion namens iPhone will Jobs nun an den Erfolg der Musikspieler anschließen. "Der beste iPod, den wir je hatten", sagt Jobs zu dem Gerät, mit dem sich auch Musik hören lässt. Das iPhone soll zum dritten Standbein des Konzerns werden.

Kein billiges Vergnügen

Dabei ist das Apple-Handy kein billiges Vergnügen. Günstigenfalls kostet es samt Tarif 1938,76 Dollar - auf Sicht von zwei Jahren, denn so lange müssen sich die Kunden an den Mobilfunkanbieter AT&T binden. Keine andere nordamerikanische Telefongesellschaft bietet das Gerät an.

In der teuersten Tarifvariante bei AT&T werden sagenhafte 99,99 Dollar pro Monat fällig plus 499 Dollar für das iPhone mit einem Speicher von vier Gigabyte, 599 Dollar für das Gerät mit acht Gigabyte, was dann Platz für mehr als fünf Tage digitaler Musik bedeutet. Alles in allem gerechnet kann der Besitz des begehrtesten Mobiltelefons derzeit zusammen also fast 3000 Dollar kosten.

Für den hohen Preis hat AT&T ein Sorglospaket geschnürt. So können die Kunden bereits beim kleinsten Tarifpaket so viele E-Mails schicken oder Internetseiten anschauen, wie sie wollen. Zudem sind monatlich 200 Textnachrichten inklusive sowie 450 Minuten für mobile Gespräche.

Bei den teureren Tarifen sind Telefonate in der Nacht und am Wochenende dann sogar ohne weitere Kosten - sofern das Netz von AT&T verfügbar ist. Obschon die Telefongesellschaft eine der ältesten der Welt ist, hat ihr Mobilfunknetz nämlich gerade an der Westküste der USA noch erhebliche Lücken.

Die Widrigkeiten werden die Apple-Fans nicht schrecken. Analysten rechnen damit, dass Jobs das Ziel von zehn Millionen verkauften Handys im nächsten Jahr problemlos erreicht, was ein Marktanteil von einem Prozent bedeuten würde.

Platzhirsche gelassen

Gelassen zeigen sich deshalb die Platzhirsche wie Nokia, Samsung oder Sony-Ericsson. Zehn Millionen Handys verkauft Marktführer Nokia in zehn Tagen. Dennoch haben fast alle reagiert und selbst im Vorfeld des iPhone-Starts eigene Telefone vorgestellt, die mit einem berührungsempfindlichen Bildschirm ausgestattet sind, Musik spielen und Filme zeigen sowie einfach zu bedienen sind.

Probleme wird das iPhone in erster Linie den kleineren Nischenanbietern bereiten. So werden Blackberry-Anbieter RIM oder Palm darunter leiden, dass das Telefon von Apple auch E-Mails empfangen kann - und zwar gratis. Palm hat schon angekündigt, dass seine Geräte künftig schicker werden und einen neuen Verwaltungsratschef berufen: Jon Rubinstein. Der leitete früher bei Apple das Geschäft mit den iPods.

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