Die Angreifer:Mikro-Macher

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Andreas Sprock hat den Online-Dienstleister Millipay mit zwei Mitstreitern gegründet. (Foto: oh)

Der Online-Dienstleister Millipay wickelt im Internet Kleinstbeträge ab und setzt sich so von der Konkurrenz ab. Dabei ist das Unternehmen letztlich sowohl Bezahldienst als auch Bezahlschranke, da nur derjenige Zugriff auf Inhalte hat, der bezahlt hat.

Von Felicitas Wilke, München

Hier ein Video gucken, dort mal einen Song anhören, auf einer anderen Website einen Artikel lesen - und alles mit einem Dienst bezahlen: Nach diesem Prinzip funktioniert Millipay, ein Online-Bezahlsystem für Kleinbeträge. "Mit uns kann man auf allen teilnehmenden Kanälen bezahlen, ohne sich immer wieder neu registrieren zu müssen", sagt Andreas Sprock, einer von drei Unternehmern, die das Start-up im Jahr 2011 in Zürich gegründet haben.

Bis vor einiger Zeit waren viele aufwendig produzierte Inhalte im Internet, ob Videos, Blogeinträge oder Spiele, kostenlos verfügbar. Inzwischen müssen Kunden vermehrt Geld für die Nutzung bezahlen, wie für andere Güter eben auch. Doch einen wichtigen Unterschied gibt es: Während die Schuhe beim Onlinehändler gut und gerne 50 Euro kosten können, liegen Beträge für einzelne Songs oder Artikel oft unter einem Euro. Und Transaktionen im kleinstmöglichen Bereich, sie heißen Micropayment, sind mit besonderen Herausforderungen verbunden. "Bei Einzeltransaktionen im Centbereich stehen Anbieter oft vor dem Problem, dass die Abwicklungskosten einen großen Anteil am Bezahlwert ausmachen oder diesen sogar übersteigen", sagt Oliver Hommel, Zahlungsverkehrs-Experte bei der Unternehmensberatung Accenture.

Bei diesem Problem setzt Millipay an. Einer von Sprocks Geschäftspartnern hat ein Patent auf ein kryptografisches Verfahren angemeldet, das Sprock zufolge mehr als dreitausend Mal effizienter als andere Verfahren ist und somit schon bei kleinen Beträgen für alle Seiten funktioniert. "Wir rechnen im Bereich von Tausendstel Cent bis maximal 20 Euro ab", erläutert der Gründer. Dass Millipay auch kleinste Beträge abwickelt, ist einer der wesentlichen Unterschiede zu bekannten Bezahldiensten wie Paypal, mit dem Kunden bei Millionen Onlinehändlern einkaufen können. Außerdem grenzt sich das Start-up aus der Schweiz dadurch ab, dass es sowohl Bezahldienst als auch Bezahlschranke ist. Das heißt, das Unternehmen wickelt nicht nur die Geldbeträge ab, sondern kontrolliert auch, wer auf die Inhalte zugreifen darf - nämlich nur, wer dafür bezahlt hat. Berater Hommel glaubt, dass "immer kleinere Einheiten an Gütern und Dienstleistungen" online verkauft werden, nicht nur was Lieder, Videos oder Artikel angeht, sondern beispielsweise auch im Software-Bereich. "Momentan bezahlt man noch dafür, eine App als komplettes Softwarepaket herunterzuladen", sagt Hommel. In Zukunft könnte es nach seiner Ansicht mehr Angebote geben, bei denen nur die einzelne Nutzung dieses Dienstes berechnet wird.

Millipay nutzt für seinen Dienst das Prepaid-Prinzip. Zunächst muss sich der Kunde beim Portal mit E-Mail-Adresse und Handynummer registrieren. Daraufhin erhält er ein Millipay-Konto, auf das er Geldbeträge in Höhe von zwei, zehn, 20 oder 50 Euro laden kann. Lädt der Kunde nur zwei Euro auf, werden zusätzlich 30 Cent an Gebühren fällig. Ist das Konto einmal aufgeladen, kann der Kunde per Knopfdruck Inhalte aus dem Internet kaufen, die einzelnen Beträge bucht das Start-up dann vom Kundenkonto ab.

"Für die Kunden ist es eine Nutzungshürde, die schwer zu überspringen ist, wenn man Geld für etwas ausgeben muss, noch bevor man weiß, wie intensiv man die verschiedenen Angebote wirklich nutzen wird", findet Hommel. Gründer Sprock argumentiert, dass ein junges Start-up nicht das Risiko eingehen könne, den Kunden zuerst gewähren zu lassen und erst nach der Nutzung die Kosten abzurechnen. "Wir kommen den Kunden insofern entgegen, als dass man das Konto auch mit dem kleinen Betrag von zwei Euro aufladen kann", sagt er. Sprock kann sich jedoch vorstellen, dass sein Unternehmen in Zukunft mithilfe von Partnern auch andere Methoden als Prepaid anbietet.

Zu den Unternehmen, die Millipay nutzen, gehören unter anderem die Videoplattform dctp und einige deutsche Regionalzeitungen. Etwa 4000 Endkunden greifen Sprock zufolge derzeit auf den Bezahldienst zurück. Die Nutzer können zwar einfach per Klick auf alle Plattformen zugreifen, die mit Millipay kooperieren. Bei anderen Portalen benötigen sie aber neue Zugangsdaten. "Momentan verteilt sich der Markt für Micropayments noch über zu viele verschiedene Anbieter, von denen kaum einer eine flächendeckende Akzeptanz erreicht", erklärt Berater Hommel. Wenn Kunden am Ende bei vielen Firmen ein Konto unterhalten müssten, sei das "wenig erstrebenswert". Im Bezahlbereich kann man Hommel zufolge bereits absehen, dass sich der Markt bereinigt und einige Anbieter von der Bildfläche verschwinden werden. Würde Paypal im Bereich der Kleinstbeträge einen "vernünftigen Ansatz" finden, könnten sich seiner Ansicht nach möglicherweise mehr Kunden für Micropayment begeistern.

Andreas Sprock plant, in Zukunft mit anderen Diensten Partnerschaften einzugehen, um mehr Kunden bedienen zu können. Und sollte der Bezahldienst Paypal oder ein anderer großer Wettbewerber an der Türe klopfen, dann will er mit seinen Geschäftspartnern "jedes Angebot prüfen".

© SZ vom 10.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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