FDP und Union haben ein umfangreiches Programm zur Unterstützung der privaten Krankenversicherung (PKV) vereinbart und damit scharfen Protest hervorgerufen. Die gesetzlichen Krankenkassen warfen der Koalition vor, ein Wohlfühl-Programm für die angeschlagenen privaten Versicherer aufzulegen. SPD, Grüne und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verurteilten das Vorhaben als Zumutung für die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherungen.
Auch der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) hat bereits Bedenken gegen das Vorhaben geäußert. Scharfe Kritik kam auch von der Pharmaindustrie, die durch die Regelungen einen Einbruch bei ihren Umsätzen befürchtet.
Wechsel soll erleichtert werden
Die Koalition will die Geschäftsbedingungen für die PKV sowohl im Rahmen der Gesundheitsreform als auch im geplanten Pharma-Spargesetz deutlich verbessern. Am Wochenende verständigten sich die Gesundheitsexperten darauf, die private Krankenversicherung in die staatlich verordneten Preisnachlässe für den Medikamentenmarkt einzubeziehen. Das entspricht einer Forderung der PKV, der sich die Fraktionen von Union und FDP angeschlossen hatten. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hatte zunächst rechtliche Bedenken dagegen geltend gemacht, schloss sich dann aber dem Vorhaben an.
Neben der Pharma-Regelung plant die Koalition auch, Gutverdienern den Wechsel in die PKV zu erleichtern. Den gesetzlichen Krankenkassen soll zudem verboten werden, auf eigene Faust Zusatzpolicen anzubieten, etwa für eine Auslandsreise-Versicherung Die Prämien der privaten Versicherer steigen seit Jahren deutlich stärker als die Beiträge für die gesetzlichen Kassen. Experten vermuten dahinter sogar eine tiefgreifende Krise der PKV.
"Weil der privaten Krankenversicherung die Kosten davon laufen, soll nun offensichtlich zu ihrem Schutz ein staatliches Förderprogramm auferlegt werden", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Spitzenverbandes des gesetzlichen Krankenkassen, Johann-Magnus von Stackelberg, Obwohl sich die PKV als Nischenanbieter für Gutverdiener und Beamte den Herausforderungen eines Solidarsystem nicht stellen müsse, habe sie anscheinend so große Probleme, dass sie auf die Hilfe des Gesetzgebers angewiesen sei.
Lauterbach kritisiert "Klientelpolitik"
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach von einer Klientelpolitik zu Lasten der Beitragszahler in der gesetzlichen Krankenversicherung. Weil nun viele Gutverdienende in die PKV wechselten, werde der Beitrag für die GKV steigen. Sarkastisch fügte er hinzu: "Ich fordere eine Ablösung von Minister Rösler durch den PKV-Verbandsdirektor. Wenn die PKV schon die Gesetze schreibt, sollte sie auch den Minister stellen." Die Grünen-Politikerin Biggi Bender sagte: "Für die PKV lacht die Sonne. Den Schaden haben die GKV-Versicherten."
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sprach von einem Konjunkturprogramm für die profitorientierten PKV-Konzerne. Damit werde die chronisch kranke PKV zu Lasten der Krankenkassen künstlich aufgepäppelt. "Wir fordern, dass die Rosinenpickerei der PKV-Unternehmen nicht noch ausgeweitet wird." Die PKV müsse endlich einen Solidarbeitrag für die GKV leisten, wenn sie bei den Arzneimittelbeträgen profitiere. Der Verband forschender Arzneimittelhersteller verwies auf verfassungsrechtliche Probleme. Es sei Sache der PKV, ihre Finanzen in Ordnung zu haben, nicht die Sache des Gesetzgebers, so Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer.