Süddeutsche Zeitung

Devisen und Rohstoffe:Zinsspekulationen treiben Euro an

Die Aussicht auf eine kräftigere Leitzinserhöhung der Europäischen Zentralbank sorgt für Kursgewinne beim Euro. Am Anleihenmarkt werden Staatspapiere verkauft.

Die Aussicht auf einen größeren Zinsschritt der Europäischen Zentralbank bei der für Donnerstag erwarteten Zinssitzung hat den Euro am Dienstag angetrieben. Neben einer Erhöhung des Leitzinses um einen Viertelprozentpunkt soll auch eine mögliche Anhebung um einen halben Punkt zur Sprache kommen, wie die Nachrichtenagentur Reuters von mit der Sache vertrauten Insidern erfuhr. Der Euro kletterte daraufhin um mehr als ein Prozent bis auf 1,0268 Dollar, nachdem er in der vergangenen Woche erstmals seit 2002 unter die Parität zum Dollar gefallen war. Auch am Anleihemarkt brachten sich Anleger im Vorfeld der EZB-Sitzung entsprechend in Stellung und warfen Staatsanleihen aus ihren Depots. Die Rendite zweijähriger deutscher Anleihen, die auf kurzfristige Zinserwartungen reagiert, kletterte um etwa zehn Basispunkte auf 0,642 Prozent. Im gesamten Euro-Raum zogen die Renditen zehnjähriger Benchmark-Anleihen an. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte eigentlich nur eine Anhebung um einen Viertelprozentpunkt in Aussicht gestellt und erst für September eine womöglich kräftigere Erhöhung. Nach mehr als einem Jahrzehnt einer ultralockeren Geldpolitik wollen die Währungshüter damit erstmals wieder ihre Zinszügel straffen. Der rasante Anstieg der Energiepreise hat die Inflation im Euro-Raum auf ein neues Rekordniveau getrieben und setzt die EZB damit unter Zugzwang. Die US-Notenbank Fed hat bereits viel früher auf den anhaltenden Inflationsschub mit höheren Zinsen reagiert.

Die Aussicht auf eine baldige Wiederaufnahme russischer Lieferungen über die wichtige Pipeline "Nord Stream 1" sorgte für fallende Gaspreise. Der europäische Future fiel um 3,1 Prozent. Insidern zufolge soll nach dem Ende der Wartungsarbeiten am Donnerstag wieder russisches Gas durch "Nord Stream 1" nach Deutschland fließen, wenn auch mit reduzierter Kapazität.

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Quelle:
SZ vom 20.07.2022 / amon, Reuters, dpa
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