Deutschlands Bürger:Ganz schön alt und ganz schön schlau

Abitur? Gerne! Heiraten? Lieber abwarten! Kinder bekommen? Bloß nicht! Seit 60 Jahren untersuchen die Statistiker das Leben der Deutschen und stellen fest: In den vergangenen sechs Jahrzehnten hat sich die Gesellschaft radikal gewandelt. Doch es gibt auch verblüffende Konstanten.

Immer mehr Rentner, dafür immer weniger Neugeborene und jede Menge Singles: Die deutsche Bevölkerung hat in den vergangenen sechs Jahrzehnten einen fundamentalen Wandel durchlebt.

Deutsche Bevölkerung ist die älteste der Welt

In den vergangenen 60 Jahren ist die Lebenserwartung der Deutschen drastisch gestiegen.

(Foto: dpa)

Die deutsche Bevölkerung zähle mittlerweile zu den ältesten der Welt, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Roderich Egeler. Jeder fünfte Bundesbürger war im vergangenen Jahr im Seniorenalter. Allein in Japan leben heute noch mehr Senioren, betonte Egler bei der Präsentation des Statistischen Jahrbuchs 2011 - dort beträgt der Anteil 22,7 Prozent

Neben der spürbaren Bevölkerungsalterung zeichnet sich die heutige Bundesrepublik durch mehr Internationalität, einen höheren Bildungsstatus und eine starke Technikbegeisterung aus.

Geburtenzahl glatt halbiert

Seit dem Erscheinen des ersten Jahrbuchs vor sechs Jahrzehnten habe die Gesellschaft "grundlegende Veränderungen hinter sich" gebracht, sagte Egeler. "Die Menschen leben immer länger." Heute seien 17 Millionen Menschen mindestens 65 Jahre alt. 1950 waren es noch sieben Millionen. Dagegen wurden 2009 so wenige Kiinder geboren wie noch nie zuvor, nämlich 665.000. Dies sei eine Halbierung innerhalb der vergangenen sechs Jahrzehnte. Auch ein leichter Zuwachs 2010 habe daran nichts geändert.

Damit liegt Deutschland im internationalen Vergleich weit zurück. In Indien kommen heute im Schnitt 23 Neugeborene auf 1000 Einwohner, in Deutschland lediglich acht (1950: 16). Deren Lebenserwartung ist allerdings deutlich gestiegen: Bei den Jungen lag sie 1949/51 bei 64,6 Jahren und im Jahr 2007/09 bei 77,3 Jahren, bei den Mädchen stieg sie im gleichen Zeitraum von 68,5 auf 82,5 Jahre.

Zugleich ist das Leben in Deutschland vielfältiger geworden. Jeder fünfte Bundesbürger stammte laut Statistik im vergangenen Jahr aus einem anderen Land oder hatte eine Mutter oder Vater mit Migrationshintergrund.

"Anfang der fünfziger Jahre sprach noch niemand von Migrationshintergrund", sagte Egeler. Zuwanderung habe es trotzdem gegeben, etwa in Form von Heimatvertriebenen. Damals hatten rund 500.000 Bürger einen ausländischen Pass. Mittlerweile sind es sieben Millionen.

Frauen überholen die Männer

Vor den Traualtar wagen sich die Bundesbürger immer seltener. 1950 wurden noch elf Ehen je 1.000 Einwohner geschlossen, 2009 waren es nur noch rund fünf Ehen. Viele zögern die Heirat hinaus. War die Braut vor 60 Jahren im Schnitt 25 Jahre alt, so hatte sie 2009 bereits 30 Jahre hinter sich.

Im Aufwind befindet sich Deutschland mit Blick auf die Bildung. Frauen haben die traditionellen Geschlechterrollen gebrochen und bei den Schulabschlüssen die Männer überholt. "Frauen machen heute deutlich häufiger Abitur als Männer", sagte Egeler. Von den 20- bis 24-Jährigen hätten im vergangenen Jahr 47 Prozent der Frauen den höchsten deutschen Schulabschluss gehabt (Männer: 38 Prozent). Vor einigen Jahrzehnten sah das noch anders aus: Unter den heutigen Senioren haben nur acht Prozent der Frauen und dagegen 20 Prozent der Männer Abitur.

In einem Punkt hat sich allerdings wenig verändert. So gehe der Traum von den eigenen vier Wänden damals wie heute ähnlich oft in Erfüllung, sagte Egeler. Die Eigentümerquote sei zwischen 1950 und 2006 lediglich von 39 auf 45 Prozent gestiegen.

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