Deutscher Mittelstand:Was macht eigentlich ... Willi Bruckbauer?

Deutscher Mittelstand: Der Dunst wird nach unten abgezogen. Und damit die Gerüche.

Der Dunst wird nach unten abgezogen. Und damit die Gerüche.

(Foto: Bora Lüftungstechnik)

Der Mittelstand gilt als Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Aber womit verdienen die Familienunternehmer ihr Geld? Wir stellen einige von ihnen vor. Ein Gespräch mit dem Schreiner Willi Bruckbauer über Störfaktoren in der Küche und seine Dunstabzugsysteme.

Von Elisabeth Dostert

Was machen Sie eigentlich?

Wir produzieren Kochfelder und Systeme, die den Dunst ausschließlich nach unten absaugen.

Was heißt nach unten?

Bei der klassischen Haube wird der Dunst nach oben abgezogen, bei uns wird der Dunst da abgesaugt, wo er entsteht, direkt auf dem Kochfeld oder am Rand.

Da sind Sie nicht der einzige Anbieter, solche Systeme bieten doch auch größere Konkurrenten?

Das stimmt. Die Idee stammt nicht von uns. Aber unser System funktioniert besser als Dunstabzugshauben.

Was glauben Sie denn besser zu machen?

Unser System ist leiser, leicht zu reinigen und funktioniert effektiver als jede Dunstabzugshaube.

Wie funktioniert es denn?

Reine Physik. Unsere Systeme erzeugen eine Querströmung, die stärker ist als die Geschwindigkeit, mit der der Dunst aus Töpfen und Pfannen nach oben steigt.

Die Firma

Bora Lüftungstechnik GmbH

  • Gegründet 2007 durch Willi Bruckbauer, 48
  • Sitz: Raubling
  • Umsatz: zweistelliger Millionenbetrag
  • Beschäftigte: rund 70

Der Markt für Küchengeräte war 2007, als Sie Ihre Firma gegründet haben, schon ganz gut besetzt von potenten Konkurrenten?

Das habe ich auch schnell festgestellt. Es bestand eigentlich kein Bedarf.

War das eher Naivität oder Mut?

Mut ist auch das falsche Wort. Ich war eben überzeugt von meinem System. Ich muss vielleicht vorne anfangen.

Wo ist vorne?

Ich stamme aus einer Schreinerdynastie, sechs, sieben Generationen alt. Mein Vater hat noch heute eine Schreinerei. Für mich war es logisch, dass ich nach der Realschule auch Schreiner lerne. Ich habe auch ein paar Jahre als Schreiner gearbeitet und den Meister gemacht.

Warum sind Sie nicht in die Schreinerei Ihres Vaters eingestiegen?

Wir hatten die üblichen, unterschiedlichen Ansichten über die Ausrichtung des Geschäfts. Deshalb habe ich mich selbstständig gemacht und eine Firma für die Planung und Produktion von Küchen gegründet. Da habe ich dann festgestellt, dass die Dunstabzugshaube eigentlich immer ein Fremdkörper in der Küche ist. Deshalb habe ich schon immer Systeme verwendet, die den Dunst nach unten absaugen.

Von anderen?

Ja. Aber ich war nie mit deren Funktionsweise und dem Design ganz zufrieden. Da fing ich an, Ideen für eigene Systeme zu entwickeln. Wir haben dann Anfang 2007 die ersten Prototypen gebaut und uns das System patentieren lassen. Ein paar Monate später habe ich die Bora Lüftungstechnik gegründet, um die Systeme selbst zu entwickeln, selbst produzieren zu lassen und zu vertreiben.

Als Schreiner arbeiten Sie überhaupt nicht mehr?

Leider nein, das lässt sich nicht vereinbaren. Aber die Grundkenntnisse aus der Schreinerei waren wichtig. Da habe ich gelernt dass ich für jedes Problem ein Lösungsinteresse und einen Lösungsansatz brauche.

"Wir haben und brauchen keinen Investor"

Nur beim Schreinern geht es um Holz und in der Lüftungstechnik um Elektrotechnik und Metallverarbeitung!

Das macht nichts. Es geht immer darum: Ich will technisch etwas - und wie erreiche ich das?

Selber produzieren wollten Sie nicht?

Wir produzieren gar nichts selbst.

Wer erledigt die Produktion für Sie?

Ausschließlich deutsche und österreichische Unternehmen.

Mal der, mal jener?

Nein. Die Kochfelder lassen wir ausschließlich von einer Firma in Österreich produzieren.

Wie viele Kochfelder lassen Sie dort produzieren?

Etwas mehr als 10 000.

Wie heißt Ihr Lieferant?

Egal, die Lieferanten produzieren auch für fast alle namhaften Hersteller, aber eher die Randsortimente, kleine Stückzahlen.

Haben Sie keine Sorge, dass die Ihr System kopieren?

Ich habe da wenig Sorge, ich habe allerdings auch keine Alternative dazu. Die hieße Türkei oder gleich Fernost, das lehne ich ab.

Warum?

Ich finde es schön, wenn die Kinder da, wo sie aufgewachsen sind, in die Lehre gehen können. Ein Bekannter, bekennender Fan eines großen Discounters, jammerte mal, dass sein Sohn keine Lehrstelle bekommt. Da habe ich zu ihm gesagt: Geh doch vor zum Discounter und frag da nach einer Lehrstelle. Das hat er bis heute nicht verstanden.

Ich auch nicht. Was meinen Sie?

Ich finde es schön, wenn die Wertschöpfung in der Region stattfindet. Wenn ich heute zu einem Discounter gehe und einen Toaster kaufe oder einen Fernseher aus Fernost, muss ich mich nicht wundern, dass hier die Arbeitsplätze verloren gehen. Ich freue mich, wenn ich die 200 Leute sehe, die in Tirol für uns Kochfelder herstellen.

Die Produktion ist aber teurer, auch in Österreich.

Das Doppelte, aber die Qualität ist auch sehr hoch.

Was kostet denn so ein Dunstabzugssystem?

Die Basisvariante, bei dem das System mittig im Kochfeld sitzt, fängt bei knapp 3000 Euro an.

Hat keiner der Konzerne versucht, Sie platt zu machen?

Das ist sehr deutlich gesprochen. Ich will es anders formulieren. Seit wir auf dem Markt sind Ende 2007 gibt es circa 40 Unternehmen bzw. Produkte, die etwas Eigenes entwickelt haben oder Systeme zukaufen, die nach unten absaugen. Die haben schon reagiert.

Da reagieren doch Konzerne mit der Kapitalkraft von Konzernen und Sie sind ein Winzling mit der Kapitalkraft eines Winzlings?

Richtig. Wir sind klein, jedoch gesund, haben aber nicht die Kapitalkraft eines großen Unternehmens, wir sind aber sehr innovativ und reaktionsschnell. Wir entwickeln uns aus eigener Kraft und dem eigenen Cashflow. Wir haben und brauchen keinen Investor, darauf bin ich schon sehr stolz.

Aber Sie brauchen vielleicht eine Bank! Als Sie 2007 voller Euphorie für Ihre Idee zur Bank gingen, hat die Sie nicht darauf hingewiesen, dass es da schon größere Anbieter gibt, Firmen wie Bosch Siemens Haushaltsgeräte, Elektrolux oder Gorenje? Wie oft haben Sie die Frage gehört: Was wollen Sie eigentlich?

Als ich damals zur Bank ging, war ich ja schon ein paar Jahre selbstständig gewesen. Ich habe meinem Banker dann erzählt, dass ich was Neues anfangen will und ihn gefragt wie viel Geld ich für die Investition bekomme. Da hat der Banker gefragt, wie viel ich denn brauche. Ein paar Hunderttausend Euro, habe ich geantwortet. Da hat gesagt: kein Problem. Als ich dann den Kredit abrufen wollte, hat der Banker gesagt, die GmbH bekommt gar nichts. Wenn, dann bekommt die Person Willi Bruckbauer etwas und die haftet dann auch mit allem, was sie hat, dafür persönlich. Das habe ich gemacht, es blieb mir auch nichts anderes übrig.

Haben Sie Familie?

Ja, drei Töchter und seit 20 Jahren die gleiche Frau, das spart auch sehr viel Geld. (lacht)

Da kann doch die Ankündigung, dass Sie für einen Kredit von mehreren Hunderttausend Euro persönlich haften wollen, keine Begeisterungsstürme ausgelöst haben!

Meine Frau arbeitet zwar in der Firma, aber die Finanzen hinterfragt sie nie. Natürlich haben wir darüber gesprochen. Aber die Selbständigkeit birgt immer Risiken. Ich war so überzeugt von meiner Idee, dass ich ein Scheitern für ausgeschlossen hielt.

Ist der Kredit getilgt?

Ja.

Macht Bora Gewinn?

Ja, fast von Anfang an.

Große Konzerne haben manchmal die Angewohnheit, sich neue Ideen eine Weile anzusehen, abzuwarten, ob sie laufen, und dann ein Übernahmeangebot zu machen. Hatten Sie Angebote?

Ja. Ich habe sie mir nie im Detail angeschaut. Ich habe drei Töchter. Die beiden Älteren haben Interesse an der Firma. Die Kleine ist noch zu jung. Ich möchte ihnen den Weg in die Firma offen halten. Wenn sie wollen, dürfen sie, aber sie müssen nicht.

Was fürchten Sie am meisten?

Am Anfang war ich mir nie ganz sicher, ob ich nicht irgendwo ein Patent verletzte. Die Angst ist weg.

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