Deutscher Mittelstand:Was macht eigentlich ... Helmut Spanner?

Deutscher Mittelstand: Spanner stellt in Serie Blockheizkraftwerke her,

Spanner stellt in Serie Blockheizkraftwerke her,

(Foto: oh)

Der Mittelstand gilt als Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Aber womit verdienen die Familienunternehmer ihr Geld? Wir stellen einige von ihnen vor. Ein Gespräch mit Helmut Spanner und seinem Geschäftspartner Thomas Bleul über die Autoindustrie und erneuerbare Energien.

Von Elisabeth Dostert

Was machen Sie eigentlich?

Helmut Spanner: Die Otto Spanner GmbH stellt Blechteile für die Automobilindustrie her, Spanner Re² baut Blockheizkraftwerke und Ursatronics produziert elektronische Bauteile.

Warum sind Sie in das Geschäft mit erneuerbaren Energien eingestiegen?

Spanner: Um die Jahrtausendwende haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir die doch sehr riskante Abhängigkeit von der Autoindustrie vermindern können. Außer ein paar Teilen für landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge haben wir ja bis dahin nichts anderes gemacht.

Nicht wegen des Erneuerbare-Energie-Gesetz und den verlockenden Subventionen?

Spanner: Wir wollten uns breiter aufstellen und eine neue Strategie entwickeln, dazu gehörten erneuerbare Energien aber auch der Kauf von Ursatronics 2007.

Die Firma

Spanner Gruppe

  • Sitz: Bayerbach
  • Gegründet: 1951 von Otto Spanner
  • Umsatz: gut 80 Millionen Euro
  • Beschäftigte: 400
  • Gesellschafter: Familie Spanner
  • Geschäftsführer: Helmut Spanner, 46
  • Zur Gruppe gehört unter anderem die Spanner Re² GmbH, an der die Otto Spanner GmbH 80 Prozent hält Thomas Bleul, 44, 20 Prozent

Was ist so riskant an der Autoindustrie?

Thomas Bleul: Wir waren bei BMW damals sehr gut in einer Nische platziert. Wir produzierten ja nur Teile für Auslaufmodelle, wo die Stückzahl so klein ist, dass sich eine eigene Produktion für BMW nicht mehr rechnet. Eine Weile haben wir auch versucht, im normalen Geschäft der Tier-1-Zulieferer Fuß zu fassen, also in der Riege jener Unternehmen, die direkt an die Autohersteller liefern. Das ist ein sehr hartes Geschäft, das eigentlich keinen Spaß macht. Die Zulieferer werden gnadenlos auf Kosten und Qualität geprügelt und die Margen sind klein. Der Wettbewerb ist enorm. Wenn weltweit 30 Zulieferer das gleiche Produkt anbieten, ist es an der Zeit, sich etwas Neues zu suchen.

Wie ist denn der Anteil von BMW an Ihrem Automobil-Geschäft?

Spanner: Etwas 70 Prozent

Und der Rest?

Spanner: Querbeet, Webasto beispielsweise. Wir machen aber auch Edelstahlteile für den Ofenhersteller Rational.

Haben Sie es auch bei anderen Automobilherstellern versucht?

Spanner: Nicht wirklich. Dazu sind wir zu klein und der Einstieg ist teuer, da muss man eine halbe Million Euro in die Hand nehmen, um sich sozusagen einzukaufen. Die ersten Aufträge sind immer ein Minus-Geschäft. Das ist nicht Teil unserer Philosophie.

Wie kamen Sie dann auf die Erneuerbaren?

Spanner: Wir haben sehr lange darüber nachgedacht, worin sind wir wirklich gut. Wir können fräsen, schneiden, pressen, schweißen. Thomas war auf Messen unterwegs und hat sich Anlagen für Geothermie, Photovoltaik und Biogas angesehen. Wir waren offen für alles, haben alles durchgerechnet. Die Verbrennung von Biomasse zur Wärmeerzeugung erschien uns als der beste Weg, Kohlendioxid einzusparen. Wir haben dann Heizungen für andere Anbieter wie Biotech, Wolf und Buderus produziert. In der Spitze, 2006, haben wir 2800 Kessel im Jahr gebaut. Pellets zu verbrennen war hipp. Und dann brach der Markt ein, weil Pellets knapp und teuer wurden. Häuser blieben kalt.

Wie kamen Sie eigentlich zu Spanner?

Bleul: Ich kannte Helmut locker aus dem Maschinenbau-Studium in Landshut. Ich war dann Einkäufer für den französischen Autozulieferer Faurecia, erst in Norddeutschland, dann in den USA. Ich war nur eine der vielen Nummern da drin, ich fühlte mich jedenfalls als Nummer. 2003 kam ich aus den USA zurück, ohne Job, aber voller Ideen.

Waren Sie bei Faurecia rausgeflogen?

Bleul: Ich bin gegangen, ich kam mit dem amerikanischen Chef nicht klar. Dem gingen Berichte über alles. In Deutschland mussten wir unsere Projekte im Griff haben und erst dann das Reporting.

Was wollten Sie in Deutschland machen?

Bleul: Ich dachte, man muss Ingenieurdienstleitungen aus Indien für deutsche und amerikanische Unternehmen zugänglich machen. Ich habe dann mit einem Ingenieur-Büro und einem Partner aus Indien eine Firma gegründet, die auf Arbeiten mit der Software Catia spezialisiert war. Die Firmen schicken die Daten nach Indien und dort werden dann die Konstruktionspläne erstellt. In Indien verdient ein Ingenieur 500 Euro im Monat und jedes Jahr verlassen einige Hundert die Universitäten. Ich glaubte, das wird der Renner. Schon bei Faurecia haben wir nur noch über Low-Cost- Countries gesprochen. Wir reisten in die hintersten Winkeln Chinas und der Ukraine, um billige Angebote zu finden. Je mehr ich gesehen habe, umso größer ist mein Respekt vor Deutschland geworden.

Was wurde aus Ihrer Firma?

Bleul: Es war dann doch kein Selbstläufer. Die Zeichnungen waren fehlerhaft.

Und dann kam Herr Spanner 2003, ein Mittelständler?

Bleul: Ja, früher hielt ich Spanner für so eine mittelständische Stanzbude, Stanzteile waren bei Faurecia billige Massenartikel, Commodity. Aber die Einschätzung hat sich gewaltig geändert. Wir haben dann sogar noch Werkzeuge aus Indien bezogen, die kamen bunt angemalt hier an. Da steht dann der bayerische Werkzeugmacher und sagt, für das Geld hätten wir so das auch hingebracht. Ich sehe heute die Globalisierung ganz entspannt. Ich versuche, den Leuten Selbstvertrauen zu geben. Das ist kein Zufall, dass hier die Hidden Champions entstehen.

Auch Inder und Chinesen lernen dazu!

Spanner: Unsere Firma gibt es seit 1951. Man hat uns schon öfters erzählt, dass sich die Produktion in Deutschland auf Dauer nicht halten kann - nach der Wiedervereinigung, nach der Osterweiterung. Stand heute können wir mit rumänischen und polnischen Unternehmen konkurrieren. Die besseren Fachkräfte gibt es immer noch hier. Was machen denn die Firmen? Die rüsten ein Werk in Rumänien mit Technologie aus und lassen dort monotone Arbeiten verrichten. Und irgendwann ziehen sie weiter ins nächste Billiglohnland und hinterlassen ein Werk ohne Know-how.

Sie haben auch ein Werk in der Slowakei.

Spanner: Aber wir bilden aus.

Bleul: Um die Jahrtausendwende brauchte man sich doch bei den Autokonzernen gar nicht mehr um Aufträge bewerben, wenn man keinen Standort in einem Niedriglohnland vorwies. Heute ist das etwas anders.

Aber das Werk in der Slowakei haben Sie immer noch?

Spanner: Weil das Know-how entstanden ist und die Menschen dort Geld verdienen wollen. Wenn es gut läuft, arbeiten die viel, und wenn es schlechter läuft, gehen sie nach Hause und werkeln an ihrem Haus. Die fühlen sich zu Spanner zugehörig. Die kommen auch hierher zum Sommerfest.

Bleul: In Niederbayern liegt die Arbeitslosenquote bei etwa drei Prozent. Wenn ich hier Personal suche, kriege ich Leiharbeiter, die einmal geschweißt haben. Wir kriegen keine Fachkräfte.

2006 war es mit den Pellet-Heizungen vorbei. Und dann?

Spanner: Dann wollten wir die ganze Geschichte mit Holzvergasern wiederholen. Wir wollten erneut für andere Anbieter produzieren. Wir sind wieder auf Messen unterwegs und haben schnell gemerkt, dass die Systeme, die wir da sahen, nicht richtig funktionierten. Irgendwann sind wir dann auf einen Landwirt vom Bodensee gestoßen, Bernd Joos, dessen Anlage lief. Der Holzvergaser stand in einem Schuppen ohne festen Boden. Die Baupläne hat Joos für 50 Euro an Heimwerker verkauft.

Wie lange mussten Sie auf Herrn Joos einreden, damit er Ihnen seine Pläne verkauft?

Spanner: Gar nicht. Er darf sie weiter an andere verkaufen. Wir haben lange gebraucht, um ihn dazu zu bewegen, eine Zeit lang hier in Neufahrn zu arbeiten, um den Prototypen aufzubauen.

Wie lange musste er hier wohnen?

Spanner: Der ist Landwirt. Der fährt morgens weg vom Stall und ist abends zum Melken wieder zuhause. Der hat zehn Kühe oder zwanzig. So einen Erfinder muss man zum richtigen Zeitpunkt erwischen. Sonst sagt der, deine Nase gefällt mir nicht, verzieh dich. Joos hatte auch schlechte Erfahrungen mit Wettbewerbern von uns. Die wollten schnell und billig das Know-how abgreifen.

Was für eine Vereinfachung haben Sie geschlossen?

Spanner: Er kriegt eine Lizenzgebühr pro verkaufte Einheit.

Joos dürfte seine Pläne auch an Ihre Konkurrenten verkaufen?

Spanner: Dürfte er, aber die hätten nichts davon. Technisch haben wir die Holzkraftanlagen ja weiterentwickelt. Und der Vergaser ist auch nur ein Teil davon.

Bleul: Ich habe einem österreichischen Kesselbauer vor drei Jahren mal eine Anlage von uns verkauft. Der wollte die eigentlich nur, um sie zu kopieren. Aber er hat es bis heute nicht geschafft.

Wie viele Ihrer Blockkraftanlagen haben Sie seit 2006 verkauft?

Bleul: Rund 350.

Lohnen sich die Dinger auch noch mit dem neuen EEG?

Bleul: Sie sind nicht mehr so attraktiv wie früher. Der August lief noch gut, weil viele Anlagen noch an Netz mussten. Jetzt müssen wir zeigen, dass wir die Technik auch so verkaufen können. Wir internationalisieren stark. Wir haben eine Anlage jetzt an Indianer in Kanada geliefert, die leben weit ab von der Zivilisation und erzeugen bislang mit Dieselaggregaten Strom und Wärme. Für die ist eine Holzkraftanlage ideal. Wald haben die genug. Es gibt auch in Deutschland genug Holz.

Oder Sie müssen sich doch wieder etwas Neues ausdenken?

Spanner: Wir haben aus unserer großen Strategieentwicklung noch ein paar Ideen übrig.

Welche denn?

Spanner: Unsere Mitarbeiter und wir haben noch jede Menge Ideen.

Was fürchten Sie am meisten?

Spanner: Krieg. Sonst gar nichts. Als Unternehmen sind wir gewohnt auf Veränderungen zu reagieren.

Spanner Gruppe

Helmut Spanner, 46, (rechts) ist Chef der Spanner-Gruppe. An Tochterunternehmen wie der Spanner Re² GmbH beteiligt er gerne die Geschäftsführer. Thomas Bleul, 44, hält 20 Prozent an dem Hersteller von Blockheizkraftwerken.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: