Deutscher Fußballbund:Des Schiris neue Kleider

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Wenn der Schiedsrichter zum Werbeträger wird. Oder: Wie die Bundesliga ohne die Kirch-Millionen auskommen will.

Von Markus Balser

(SZ vom 1.8.2003) — Noch gilt er als letzte werbefreie Bastion der Fußball-Bundesliga. Seit 40 Jahren sorgt der Schiedsrichter in deutschen Stadien reklamefrei für Ordnung. Doch nun soll die blanke Brust die Rote Karte bekommen.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) verhandelt dieser Tage mit einem Partner über eine neue Werbeform. Werden die letzten Details geklärt, könnten die Referees den Namen eines Hauptsponsors schon an einem der nächsten Spieltage auf ihrem Trikot tragen. Voraussichtlicher Preis: mehrere Millionen Euro.

Not macht erfinderisch

Not macht erfinderisch: Die Deutsche Fußball Liga (DFL) sucht verzweifelt nach neuen Einnahmequellen. Denn ausgerechnet zur Jubiläumssaison, die an diesem Wochenende beginnt, steckt der Profifußball in einer schweren Krise. Die Erlöse aus den TV-Verträgen fließen nicht mehr wie gewohnt.

Statt der einst mit der inzwischen insolventen Kirch-Media vereinbarten 360 Millionen Euro bekommen die Vereine für die neue Saison nur noch 290 Millionen Euro. Gleichzeitig laufen die Kosten aus dem Ruder. Seit 1999 hat sich die Bilanzsumme der Clubs im Durchschnitt von 21 auf 43,5 Millionen Euro mehr als verdoppelt.

Die Gesamtverschuldung der deutschen Profivereine schoss mit 600 Millionen Euro auf einen neuen Höchststand- fast 80 Prozent mehr als 1999.Zwar hat die Bundesliga mit inzwischen die Umsatz-Schallmauer von einer Milliarde Euro durchbrochen.

Probleme der kleinen und mittleren Clubs

Die hohen Kosten des Spielbetriebs fressen die Einnahmen jedoch wieder auf. Im Durchschnitt erzielen die Vereine nur einen mageren Gewinn von 1,7 Millionen Euro, zehn von 18 Vereinen weisen sogar einen Verlust aus. Probleme bekommen vor allem die kleinen und mittleren Clubs.

Während Schalke 04 oder Bayern München weiter auf hohe Einnahmen aus Merchandisingverträgen und Eintrittkarten hoffen können, wird die Situation für die kleinen wie den SC Freiburg kritisch. Um die Schere zwischen arm und reich nicht weiter auseinander klaffen zu lassen, will die DFL, der Zusammenschluss aller Bundesliga-Vereine, nun radikal gegensteuern.

Angeführt von Wolfgang Holzhäuser, dem Geschäftsführer des Bundesligisten Bayer Leverkusen, arbeiten die Mitglieder des Arbeitskreises "Finanzen" an einschneidenden Reformen. Fast 50 Prozent der Ausgaben fließen in die Lizenzspielerbereich der Vereine — zu viel glaubt die DFL.

"Die Personalausgaben der Clubs sind einfach zu hoch", warnt ihr Geschäftsführer Christian Müller. Statt weiter horrende Gehälter und Transfersummen zuzulassen, würde die DFL Personalausgaben gerne durch einen festen Anteil am Vereinsbudget deckeln.

Dem Arbeitskreis schwebt zudem eine Steuer für Vereine mit besonders kostspieligem Personal vor. Sie könnte als Ausgleichszahlung an finanzschwach Clubs fließen, um die sportliche Vormachtstellung der reichen Vereine einzudämmen.

Um drei bis vier Spieler haben fast alle Vereine ihren Kader bereits zur Saison 2003/2004 zurechtgestutzt. Mit mehr als 30 Spielern waren viele Mannschaften einfach zu groß. Die Siegprämien fließen spärlicher als in den vergangenen Jahren, vor allem Durchschnittsfußballer müssen sich nach Auskunft der Spielergewerkschaft VdV auf deutliche Gehaltseinbußen einstellen.

In einem ist auch die 40. Bundesligasaison rekordverdächtig. Mehr als 200 Profis haben keinen Verein gefunden. "So viele Arbeitslose", klagt die VdV, "gab es noch nie".

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