Süddeutsche Zeitung

Deutsche Wirtschaft:Unaufhaltsam im Aufschwung

Die Auguren der deutschen Wirtschaft sehen die Konjunktur weiter im Aufschwung. Der wird allerdings langsamer und ist auf Unterstützung aus der Politik angewiesen.

Das Jahr des Sparpakets, der ausgebliebenen Steuersenkungen und Euro-Krise geht zu Ende und die führenden Wirtschaftswissenschaftler stellen ihre Prognosen für 2011: Es geht weiter aufwärts, so der Tenor, wenn auch langsamer.

"Die Zeichen stehen weiter auf Aufschwung", sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Dennis Snower. Zwar werde das Tempo im neuen Jahr nicht mehr so hoch sein wie 2010. "Aber ein Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts von zwei Prozent ist drin, wenn die Weltwirtschaft weiterhin mitmacht." Snower warnte jedoch auch vor Risiken: "Die Schuldenkrise in Europa ist nicht vorbei, und es gibt für die akuten Probleme keinen Konsens zwischen den Regierungen", so der Volkswirt.

Bereits am Freitag hatte sich der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, ähnlich geäußert. "Der Aufschwung geht kräftig weiter, wenn auch nicht mehr ganz so stürmisch wie dieses Jahr", sagte Sinn der Bild-Zeitung. Mit einem Wachstum von 2,4 Prozent könne Deutschland im Jahr 2011 "die Konjunkturlokomotive Europas" sein, sagte der Wirtschaftsforscher. Das Wachstum werde in erster Linie durch Unternehmensinvestitionen getragen.

Deutschlands oberster Wirtschaftsweiser Wolfgang Franz relativierte diese Wachstumsprognosen. Zwar sieht auch er die Konjunkturentwicklung 2,2 Prozentpunkte im Plus. Darin sei aber "ein statistischer Überhang in Höhe von 1,5 Prozent enthalten", so dass die eigentliche Konjunkturdynamik nur rund 0,7 Prozent betrage. Der Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sagte: "Die Bäume werden also konjunkturell gesehen im Jahr 2011 nicht in den Himmel wachsen."

Hoffen auf steigende Löhne

Nach Ansicht der Wirtschaftsexperten kommt der Aufschwung im kommenden Jahr auch auf dem Arbeitsmarkt an: "Der deutsche Arbeitsmarkt hat sich in der Krise als erstaunlich robust erwiesen", sagte IfW-Chef Snower, mahnte allerdings die Bundesregierung, bei Arbeitsmarktreformen am Ball zu bleiben. "Die Arbeitslosigkeit wird auch 2011 zurückgehen und voraussichtlich die Marke von drei Millionen unterschreiten." Sinn sprach von 2,9 Millionen ohne Job und machte Arbeitnehmern Hoffnung: "Die Löhne werden nach langen Jahren der Flaute nun wieder etwas stärker steigen, die Menschen werden mehr im Geldbeutel haben."

Spiegelbildlich zur sinkenden Arbeitslosigkeit werde sich die Anzahl der Erwerbstätigen um etwa 300.000 auf einen Jahresdurchschnitt in Höhe von 40,8 Millionen erhöhen. Franz forderte verstärkte Konsolidierungsbemühungen der öffentlichen Haushalte. "Hier ist die Bundesregierung prinzipiell auf dem richtigen Weg," sagte Franz, "jedoch liegt noch sehr viel Detailarbeit vor ihr."

Spielraum für Steuersenkungen sieht der Ökonom nicht, der Konsolidierungskurs habe "absoluten Vorrang". Allerdings plädierte Franz für aufkommensneutrale Steuerreformen. Zum einen stehe eine Gemeindefinanzreform an, bei der die Gewerbesteuer entfallen und stattdessen ein kommunaler Zuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuer erfolgen sollte. Der Chef der Wirtschaftsweisen regte zudem an, den ermäßigten Umsatzsteuersatz abzuschaffen und die Abgabe bei 16,5 Prozent zu vereinheitlichen.

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