Deutsche Wirtschaft:Starke Wirtschaft 2015 - doch wie läuft es dieses Jahr?

Bruttoinlandsprodukt

Die deutsche Wirtschaft floriert, das schlägt sich auch im BIP nieder. Ein Monteur arbeitet an Teilen einer Windkraftanlage (Archiv)

(Foto: dpa)
  • Deutschlands Wirtschaft verbucht ein BIP-Wachstum von 1,7 Prozent im Jahr 2015.
  • Ökonomen erwarten für 2016 ein ähnliches Plus - unter anderem, weil sie mit einem weiter hohen Konsum der Deutschen rechnen.

Analyse von Alexander Hagelüken

Das Geschäft in deutschen Fabriken, Werkhallen oder Büros läuft prächtig. Die deutsche Wirtschaft wuchs 2015 um 1,7 Prozent und damit stark wie seit 2011 nicht mehr. Vor allem die Kauflaune der Verbraucher sorgte für den Anstieg. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zeigt an, wie gut oder schlecht sich die Wirtschaft eines Landes entwickelt. Eingerechnet wird alles, was in einem bestimmten Zeitraum im Inland hergestellt wird, auch der Wert von Dienstleistungen fließt mit ein.

Hauptfaktor für den Anstieg des BIP war der Konsum. Nur noch 2,8 Millionen Menschen ohne Job zählte die Bundesagentur für Arbeit für das vergangene Jahr, so wenig waren es zuletzt 1992. Durch die steigende Beschäftigung haben viele Menschen mehr Geld. Auch die Tariflöhne sind vergleichsweise stark gestiegen. Hinzu kommt, dass die Preise in Deutschland nur gering gestiegen sind, 2015 um 0,3 Prozent. Das fördert den Konsum der privaten Haushalte. Die Ausgaben des Staates wuchsen sogar noch stärker.

Nur einen geringen Beitrag lieferte dagegen die traditionelle deutsche Exportstärke. Zwar stiegen die Ausfuhren um 5,4 Prozent, weil etwa deutsche Waren durch den niedrigeren Euro außerhalb Europas besonders günstig sind. Hintergrund: Das Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) drückt den Euro-Kurs gegenüber anderen Währungen. Doch weil die Importe noch stärker zulegten, lieferte der Außenbeitrag nur 0,2 Prozentpunkte zum BIP-Wachstum dazu.

Wie geht es 2016 weiter?

Die Frage ist, wie sich die Konjunktur in der Bundesrepublik 2016 entwickelt. Der Börsenabsturz in China hat die Sorgen erneuert, dass der jahrelange Boom der Schwellenländer endgültig vorbei ist. China wächst deutlich langsamer, stark vom Rohstoffexport abhängige Nationen wie Russland und Brasilien erlebten gar eine Rezession.

Das bedroht die deutsche Volkswirtschaft in besonderem Maße, da sie traditionell auf Ausfuhren baut. "Die Exporte werden voraussichtlich mit vergleichsweise geringen Raten steigen", erwarten die Forscher des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI). "Dies liegt im Wesentlichen an der nur verhalten zunehmenden Nachfrage aus den Schwellenländern".

Positiv wirkten dagegen der schwache Euro, der Exporte erleichtert, die stabile Konjunktur in den USA und die Erholung in der lange krisengeschüttelten Euro-Zone. Allerdings könne dies die Dämpfung durch die Schwellenländer nicht ausgleichen, erwartet man beim RWI. Der Aufschwung werde daher nur wenig Fahrt aufnehmen.

Hoffnung auf den deutschen Konsum

Trotzdem rechnen viele Ökonomen damit, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr ähnlich wächst wie 2015. Das RWI rechnet wie die Bundesbank mit 1,8 Prozent, das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) mit 1,6 Prozent. Die Commerzbank ist mit 1,3 Prozent deutlich skeptischer.

Hauptgrund für die positive Tendenz der meisten Vorhersagen ist die Binnennachfrage, die sich stärker entwickelt. "Der private Konsum dürfte deshalb weiterhin deutlich zur Expansion des Bruttoinlandsprodukts beitragen", sagen die IWH-Forscher voraus. Das liege an den guten Einkommensaussichten der Verbraucher. Sie profitieren einerseits von der Rekordbeschäftigung von mehr als 43 Millionen Jobs, andererseits vom Rückgang der Energiepreise, der von ihren Löhnen real mehr übrig lässt. Außerdem fördern die deutlich höheren Ausgaben für Flüchtlinge die Konjunktur.

Die IWH-Forscher glauben, dass die positiven Effekte eines niedrigeren Euro und günstiger Energiepreise im Laufe des Jahres wohl auslaufen dürften und die Konjunktur dann dämpfen. Zahlreiche Ökonomen erwarten einen Anstieg der Inflation von 0,3 Prozent 2015 auf gut ein Prozent für 2016.

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